Würde der Rose

Würde der Rose

Auf ein Wort

Würde der Rose

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Die Würde der Rose 

Kann aus Liebe Hass werden? Ihre faszinierende Schönheit öffnete die Augen – wie von Zauberhand. Ihre bunten Farben sendeten geheimnisvolle Botschaften – wie durch die Blume. Ihr verführerischer Duft zog die Sinne magisch an – in einer betörenden Aura. Allein ihre Existenz sorgte für ein Lächeln im Gesicht anderer. Und sie konnte viele Mitgeschöpfe glücklich machen.

Aber als frohmachende Glücksbringerin wurde sie auch beneidet, nicht selten belächelt, links liegen gelassen, ihre schüchterne Leidenschaft immer häufiger gekränkt und verletzt, entwertet und entwürdigt.

Und sie wurde missverstanden. „Bist du nicht schwach und unbedarft?!“ provozierte ein Mitgeschöpf. „Du nützt nur der puren Schwärmerei, einem unheimlichen Spuk des Schaurigen, das sich als das Schöne verkleidet hat.“ Sie flüchte in schaurig schöne Traumwelten, die zu wiederkehrenden Albträumen mit Bedrohungen und Ängsten würden.

Allein diese Unterstellungen versetzten der herzensguten Königin Stiche ins Herz. Langsam wuchs in ihr, der sie andere glücklich machen wollte, die Angst, selbst nicht gemocht, geliebt und anerkannt zu werden, ihren Lebenssinn und ihre Lebensfreude zu verlieren. „Ich bin Opfer einer Verschwörung. Ich bin Sündenbock für das Versagen anderer. Man gönnt mir nicht mein Glück. Ich soll zerstört werden. “ dachte sie und die heimliche Gier nach Rache beherrschte immer mehr ihre Gedanken- und Gefühlswelt.

Ihre Stacheln, die eigentlich zur Wehrbereitschaft und zum Festhalten gedacht waren, fanden eine zynische Bestimmung. Sie wurden zum lähmenden Gift und zu Instrumenten ihres beginnenden Rache- und Vernichtungsfeldzuges. Der Garten, in dem sie lebte, wurde zum Sumpf – mal kochend heiß, mal eisig kalt, mal lauwarm, immer gefährlicher, voller Neid und Gier, Feindseligkeit und Hass, vollkommen blind für die Schönheiten, für das Gute und für die Wahrheiten, aber auch für Zwischentöne und Grauzonen, für Entwicklungen und Chancen. Es ging nur noch darum, andere Mitgeschöpfe hemmungslos zu zerstören:

Die Lilie, die an die Vergänglichkeit allen Lebens erinnerte.

Die Nelke, die eigentlich gerne mit der nun grausam gewordenen Königin befreundet gewesen wäre.

Die Narzisse, die sowohl eitel als auch ritterlich sein konnte.

Die Dahlie, die einfach nur dankbar für ihr Leben war.

Der Kaktus, der mit langem Atem auch Blüten produzieren konnte.

Aus der Königin der Botschaft der Liebe war ein boshafter Racheengel geworden, der sich hinter der Maske hehrer Ziele tarnte. Aber auf Mitgefühl und Vernunft, Herzens- und Charakterbildung pfiff.

Eines Tages trat ein kleines Pflänzchen in ihr Leben und bat sie, in einen Spiegel zu schauen. Aber der Racheengel wollte ihr das Fürchten lehren, schrie sie an und wütete und hetzte gegen sie. Und zerbrach den Spiegel. Das Pflänzchen jedoch gab nicht auf. „Du muss nicht schreien. Ich verstehe schon. Du hast Angst vor dir selbst. Du kannst auch anders, mehrere Sprachen sprechen, ohne viele Worte zu machen. Du bist doch eine Rose!“ sagte das wehrhafte und mutige Pflänzchen neuen Vertrauens und neuer Verantwortung.

Burkhard Budde

Staatsbürgerpreis

Staatsbürgerpreis

Staatsbürgerpreis

Prof. Hans-Werner Sinn geehrt

Von Burkhard Budde

Prof. Sinn (M.) mit Dr. Stelter (l.) und Markus Guhl

Ehrung für Prof. Hans-Werner Sinn

Ehemaliger Chef des Ifo Instituts in Bad Harzburg geehrt 

Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, ehemaliger Chef des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München, wurde in Bad Harzburg wegen seines Einsatzes für die Demokratie mit dem Deutschen Staatsbürgerpreis geehrt. Die Staatsbürgerliche Stiftung Bad Harzburg, die als unabhängige und überparteiliche Stiftung 1988 gegründet wurde, dankte dem Wirtschaftswissenschaftler für seine Verdienste im Rahmen eines Festaktes im Bündheimer Schloss am 15. März 2025. 

Der Laudator Dr. Daniel Stelter, Gründer des Ökonomie-Podcasts beyond the obvious, bedauerte, dass zu wenige Fachleute wie Sinn mit Prinzipien und klaren Worten, auch wenn sie unbequem seien, in den öffentlichen Ring steigen, um die Qualität des Diskurses zu heben und bessere Entscheidungen zu finden.

Kein Politiker könne die Gesetze der Ökonomie ignorieren, ohne dass es später kostspieliger werde. Gut gemeinte Politik zum Beispiel im Blick auf das Klima und die Energiewende könne das Gegenteil von dem bewirken, was gewünscht sei. Hans-Werner Sinn habe häufig nicht nur gewarnt, sondern auch Wege aufgezeigt, wie es besser gehe. Leider habe die Politik zu selten auf Sinn gehört. „Die Gesellschaft muss mutig genug sein, um auf kluge Köpfe zu hören“, forderte der Laudator. 

Der Geehrte, der am 11. März in der Öffentlichkeit kritisierte, dass der alte Bundestag Milliarden-Schulden zustimmen soll, sprach auch in Bad Harzburg in seiner Dankesrede Klartext: Bei „Schuldenorgien“ gingen die Zinsen hoch, der Wohlstand sinke „unweigerlich“ und das Euroschuldensystem sei gefährdet. Bei der militärischen Aufrüstung durch Verschuldung gebe es keine andere Wahl. Aber das Füllhorn für Infrastruktur durch Verschuldung, „für den Beifall“ oder „für manche schöne Dinge“ sei wegen der zu erwartende Inflation ein „hoch gefährlicher Weg.“ Und vor allem schreibe sich kein Land auf der Welt die Deindustrialisierung auf die Fahnen wie Deutschland durch sein Energieeffizienzgesetz.

Angesichts der neuen politischen Lage durch Putin und Trump forderte Sinn eine gemeinsame europäische Armee als Atomstreitmacht mit einem einheitlichen Oberkommando. Ein politischer Bundesstaat mit einem gemeinsamen Parlament, die die Regierung einsetzt, sei jedoch die Voraussetzung für eine militärische Union und eine glaubwürdige atomare Abschreckung. Wenn Trump die NATO verlasse, gebe es kein Beistandsversprechen der USA mehr. Die NATO-Doktrin sei ohnehin eine „gemeinsame Lebenslüge“ gewesen. Trump sei gekommen, „um uns wach zu machen und hat alle Illusionen zerstört.“ Wir sind aus seiner Sicht bloße „Vasallen“, die fallen gelassen werden, wenn es brenzlig werde. 

In seinem Grußwort hatte Markus Guhl, Präsident der Staatsbürgerlichen Stiftung, die Bundespolitik nach der Bundestagswahl scharf kritisiert: „Gilt das Wort noch vor und nach der Wahl jenseits von Kompromissbereitschaft?!“ Er forderte die Freiheit des mündigen Bürgers sowie einen öffentlichen Diskurs, in dem die Meinung des anderen ausgehalten werde, auch wenn man sie nicht teile. 

Der Bürgermeister aus Bad Harzburg Ralf Abrahms sprach in seinem Grußwort davon, dass seit 10 Jahren in Bad Harburg „nicht ein neuer Euro Schulden gemacht worden ist und es einen Doppelhaushalt gibt, der einstimmig beschlossen wurde.“ 

Die Moderation der gelungen Veranstaltung lag in den Händen der Vizepräsidentin Martina Mensing-Mechelburg, die sich mit allen Gästen über die Pianistin Hinako Inoue freute, die die etwa 160 Teilnehmer der Preisverleihung mit ihrer Musik begeisterte.

Scheingötter

Scheingötter

Auf ein Wort

Scheingötter

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Scheingötter 

Götter tauchen auf – Menschen als wilde Raubtiere.

Die graue Maus flüchtet sofort in ihr Loch, das scheue Reh in sein Dickicht, das erschreckte Huhn kopflos in seinen Stall. Der genügsame Esel, eigentlich sehr intelligent und neugierig, erstarrt; der Vogel Strauß, der schnellste Vogel der Welt, macht sich in Windeseile vom Acker; Meister Lampe ändert blitzschnell seine Laufrichtung und schlägt einen Haken. Und das Chamäleon wechselt schleunigst seine Hautfarbe in neue schillernde Farben.

Beim Fußballgott ist das ganz anders. Der verzaubert seine Fans, die begeistert und fasziniert von seiner Eleganz und Leichtigkeit sind, seiner Kompetenz und seinem Geschick, seiner Einsatzfreude und seinem Kampfgeist, seiner Kreativität und seiner Cleverness.

Aber sollen die Fans oder die Anhänger eines Vereins deshalb den „Fußballgott“ anbeten, ihm ihre Seele schenken? Dann doch lieber „nur“ seine Leistung herzlich anerkennen, ohne sich den Kopf verdrehen zu lassen. Und nicht die Augen verschließen vor unfairem Verhalten sowie der Gier nach Erfolg und Geld um jeden Preis. Und lieber die Augen öffnen für wahre Vorbilder wie „Uns Uwe“, dem Star des Volkes, dem seine Heimat wichtiger war als enthemmte Kommerzialisierung.

Doch wie umgehen mit Halbgöttern, die Biedermeier ihrer Selbstgefälligkeiten sind, Gefangene ihrer Eitelkeiten, Tyrannen ihrer Machtgelüste? Die wie Tanzbären nur um sich selbst kreisen, keine weiteren Bären um sich dulden, vor Selbstberauschtheit strotzen, die Realität ignorieren oder nur das sehen, was sie sehen wollen, die immer hungriger und gieriger, unberechenbarer und willkürlicher werden? Sich ducken, verkriechen, tot stellen oder schreien, um Gnade winseln, vor dem Bären auf die Knie fallen, seine Pfoten küssen, ihm zujubeln und huldigen? Oder wie der Siebenschläfer seinen Schwanz abwerfen? Oder als angegriffener Igel seine Stacheln ablegen, um nur nicht zu provozieren, um des Friedens willen kapitulieren und einem Schein- und Diktatfrieden zustimmen?

Alle Götter sind nicht unverwundbar – selbst der tragische Held Achilles nicht. An seiner Ferse blieb die Haut trocken, weil seine Mutter ihn daran festgehalten hatte, als sie ihn in einen Fluss, der Unter- und Oberwelt trennte, tauchte, um ihn unsterblich zu machen.

Die Achilles-Ferse eines jeden Halbgottes – ob in Weiß, Schwarz, Rot, Blau, Hybrid, mit einer Krone, einem Hut, einer Mütze, einem Helm oder im Adams-Eva-Kostüm – ist die Geschaffenheit und Endlichkeit, die Unvollkommenheit und Schuldhaftigkeit. Jedes Leben ist eigentlich ein Kartenhaus, das jederzeit in sich zusammenbrechen kann.

Alle selbst- oder fremdernannten Halbgötter müssen eines Tages ihre Taten und Nichttaten vor ihrem eigentlichen Schöpfer verantworten – selbst wenn sie im Augenblick des Machtrausches glauben, sie hätten sich ihr Leben selbst gegeben, sie wären uneingeschränkte Herren über Leben und Tod anderer Menschen, sie wären alleiniger und allmächtiger Chef ihres Lebens, oberster Richter und zugleich oberster Regelgeber. Kein Mit- und Nachläufer, kein Vasall und kein Claqueure kann ihnen den Himmel auf Erden schenken oder das ewige Leben versprechen, wohl aber eines Tages bei Misserfolgen das diesseitige Leben zur Hölle machen.

Umso wichtiger ist es, brutale Raubtiere wirksam zu bändigen und so vorsichtig und klug wie die Schlangen zu sein sowie zuversichtlich und aufrichtig wie die Tauben, um ein Leben in Freiheit und Sicherheit, in Würde und Glück zu ermöglichen.

Burkhard Budde

Höflichkeit

Höflichkeit

Auf ein Wort

Höflichkeit

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Gehässigkeit statt Höflichkeit? 

Verkümmert die Höflichkeit? Sind einzelne Politiker – bitte nicht verallgemeinern und alle unter Generalverdacht stellen! – wie freigelassene Raubtiere, die gierig und rücksichtslos ihre Opfer suchen, um ihren Hunger nach Ruhm, Reichtum und Macht zu stillen? Und haben sie vergessen, dass ihr Ansehen, Überfluss und Wille, sich gegen Widerstände durchzusetzen wie Schnee an der Sonne vergänglich sind und deshalb ein Verfallsdatum haben. Dass ihre fanatischen Follower und berechnenden Lakaien heute noch klatschen, aber schon morgen ihr Idol oder ihren Halbgott wie eine heiße Kartoffel fallen lassen und auspfeifen können, wenn die Seifenblasen der Wichtigtuerei und der leeren Versprechungen bei der Berührung mit der Wirklichkeit geplatzt sind und sie enttäuscht selbst keine Vorteile mehr für sich sehen.

Es gibt aber nicht nur politische Rüpel und ideologische Flegel, sondern auch unhöfliche und selbstbezogene Menschen im Beruf und in der Gesellschaft. Davon können Mitmenschen berichten, die sich gedemütigt fühlen, weil sie von „eitlen Pfauen“ wie Luft oder wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Oder die sich verletzt fühlen, weil sie wegen ihrer anderen Lebensweise, ihres Geschlechtes, ihrer Religion oder ihrer Gesinnung von gehässigen „Polterern“ verbal angegriffen und zum Schweigen gebracht werden.

Die Liste der unhöflichen und verletzenden Gewohnheiten sowie menschenverachtenden Geschmacklosigkeiten ist lang. Sie sind jedoch nicht nur auf „großer Bühne“ zu erleben, sondern auch im Kleinen: Zwei befreundete – und verliebte? – Menschen, die im Café an einem Tisch sitzen, spielen mit ihrem Smartphone und gönnen sich kaum ein Wort. In einer Gaststätte schlürft und schmatzt ein Gast, lobt mit vollem Mund die Speise und reinigt stolz mit einem Zahnstocher seine Zähne, während der Kellner mit offenem Mund Kaugummi kauend den Nachtisch bringt. Einer bohrt unbekümmert in seiner Nase. Ein anderer erwidert keinen Gruß. Wieder einer beschwert sich im rüden Ton über eine Warteschlage. „Danke“ und „Bitte“ scheinen immer häufiger Fremdwörter zu werden usw. usw.

Doch es gibt auch eine angeknipste und künstliche Höflichkeit: Da wird nach oben gebuckelt und nach unten getreten. Da wird freundlich gelächelt und unter dem Tisch getreten. Da wird die Person in ihrer Gegenwart über den grünen Klee gelobt und in ihrer Abwesenheit schlechtgemacht.

Höflichkeit sollte jedoch mehr sein als ein schöner Zierrat, mehr als ein verlogenes Gesellschaftsspiel, mehr als ein eitler Etikettenschwindel einer Ellenbogengesellschaft. Warum? Weil wahre Höflichkeit ein Schlüssel zu einem gelingenden Leben ist, der das Zusammenleben erleichtert und zu einem besseren Klima mit besseren Ergebnissen beiträgt, wenn Sach- und Beziehungsebene unterschieden werden. Man kann auch zu einem Andersdenkenden ehrlich höflich, im Ton freundlich, in der Sache jedoch klar sein.

Wer aufrichtig höflich ist, kann sich auf dem Parkett des Lebens freier und sicherer bewegen. Gepaart mit Anstand, Freundlichkeit und einer Prise Humor – kann er zu einer lebendigen Visitenkarten werden, zu einem erlebbaren Zeichen starker Souveränität und innerer Freiheit, so dass die Tür zu einer Vertrauens- und Verantwortungskultur geöffnet bleibt.

Burkhard Budde

Tarnmasken

Tarnmasken

Auf ein Wort

Leben ohne Tarnmasken

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Leben ohne Tarnmasken 

Zwei brave Bürger liebten die Maskenzeit. Sie suchten regelmäßig Orte und Zeiten des ritualisierten Frohsinns auf. Sie freuten sich, endlich nicht kuschen zu müssen, sondern kuscheln zu können; in neue Rollen oder in eine Lieblingsrolle zu schlüpfen, damit die Phantasie beflügelt und das Selbstbewusstsein gestärkt wird; mit Gleichgesinnten organisiert oder spontan zu feiern und zu tanzen – das gehörte neben ihrem eintönigen Alltag dazu wie der Genuss zu einem Menü.

Mit der kleinsten Maske der Welt, einer rot leuchtenden und kugelroten Pappnase, machten sie sich auf den Weg, um in die atemberaubende und farbenfrohe Sonderwelt einzutauchen.

Doch zunächst mussten sie ihre alte Welt hinter sich lassen: Die Spaßverderber, die mit bösen Blicken auf sie herabschauten oder sie mit arroganter Gleichgültigkeit ignorierten. Die Teufelchen, die gerne die Macht der Gewohnheit mit Hochmut und Übermut mächtig durcheinanderwirbelten. Die Engelchen, die unbekümmert, unkritisch und unerfahren den Ernst der Lage angesichts von heimlichen Schlägen weit unter der Gürtellinie viel zu spät erkannten. Auch die Teufel, die Unschuldsengel spielten und sagten, dass sie von nichts gewusst hätten. Oder die Engel, die als Teufel verkleidet waren, um mächtig zu wirken, aber nur ohnmächtig waren.

Endlich kamen die braven Bürger mit ihrer Maske in der bunten Gegenwelt an. Und konnten über das Spiel mit aufdringlicher Nähe und befreiender Distanz, mit bitterem Ernst und lockerer Lebensfreude herzhaft lachen – sich vor Lachen auf ihre Schenkel schlagen, manchmal hämisch, manchmal auf Knopfdruck, manchmal auch an der falschen Stelle und zum falschen Zeitpunkt: Über den quirligen Witzbold, der ihnen das Wort im Munde verdrehte; den dummen August, der wie ein ahnungslosen Kind auftauchte; den Weißclown, der wie eine normierte Marionette erschien; den Hofnarren, der mit unangenehmen Wahrheiten provozierte. Aber auch über den brüllenden Löwen, der als Bettvorleger endete; das scheue Reh, das Hals über Kopf vor gehauchten Küssen flüchtete; die lahme Ente, die sich nicht mehr so recht freuen konnte und eine tragische Figur abgab.

Nach diesem Ausflug in die lustige und bizarre Nebenwelt setzten die braven Bürger wieder ihre Alltagsmaske auf, um nicht aufzufallen, vor allem damit ihre Gefühle und Gedanken versteckt blieben und ihnen niemand den Marsch blasen konnte. Nur heimlich hielten sie ihre Nasen in den Wind, um nach ihrer eigenen Besonderheit und Erhabenheit zu schnüffeln. Vor allem trieb sie die Angst um, dass jemand ihnen die Maske vom Gesicht herunterreißen und sie ihre Maske hinter den Masken loswerden könnten.

Erst als sie ungeschminkt in den Spiegel schauten, entdeckten sie ihr wahres Gesicht – ihre angeborene und unverlierbare Würde. Und sie beschlossen, ihre Bravheit nicht mit Unwürdigkeit zu verwechseln, nicht mit blindem Gehorsam oder ängstlicher Sturheit. Sondern sich mit begründetem Vertrauen für ein erneuertes neues Leben mit begründetem Vertrauen, in souveräner Freiheit und wehrhafter Sicherheit einzusetzen. Ohne zeitliche oder örtliche Beschränkung. Ohne billige Tarnmasken, die aus Träumen Albträume machen.

Aber vielleicht muss man manchmal auch eine menschliche Maske tragen, um das eigene oder fremde Gesicht ertragen zu können – mit einem liebenden Blick.                                         

Burkhard Budde