Moment mal
Schatzkammer Demokratie
Von Burkhard Budde
Auf ein Wort
Schatzkammer Demokratie
Für viele Menschen ist die Demokratie wie eine Schatzkammer. Die Möglichkeit, sich im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in öffentliche Angelegenheiten einzubringen und einzumischen, mit zu sprechen, mit zu wirken, mit zu bestimmen und mit zu verantworten ziehen viele Bürger anderen Herrschaftsformen vor. Freie Bürger schätzen die Vorteile einer freien und selbstbestimmten Beteiligungsherrschaft mit demokratischen Rechten und Pflichten:
Zum Beispiel gegenüber einer Alleinherrschaft, einer Diktatur, einer Tyrannei, eines Unrechts- und Willkürstaates, selbst wenn diese Herrschaft im Gewand einer Schein- oder Schaufensterdemokratie daher kommt. Denn Untertanen haben in undemokratischen Staaten nichts zu lachen; sie müssen kuschen und nach der Pfeife der jeweiligen „Obrigkeit“ tanzen. Es gibt keine (wirklich) freien Medien, keine (wirklich) unabhängige Justiz, vor allem keine echten Wahlen und keine echte Opposition. Die selbsternannte und unnahbare Elite versucht, mit totalitären Zumutungen, mit Angst und Schrecken sowie mit Zuckerbrot und Peitsche ihre Bevölkerung zu regieren.
Oder gegenüber einer Gruppenherrschaft, einer Oligarchie, einer Herrschaft von wenigen, auch der Herrschaft einer Minderheit, die vielleicht vom Wettbewerb unterschiedlicher Personen und Ideen redet, aber ihr Erziehungsprogramm mit Denk-, Sprech-, Redeverboten sowie mit Regulierungs- und Kontrollwahn ohne Rücksicht auf die Mehrheit um- und durchzusetzen versucht. Ihre Vorherrschaft bedeutet nur einen Gewinn für die Gruppe der Gleichgesinnten oder Gleichgemachten und bringt viele Nachteile für ein selbstbewusstes Individuum. Und ein Egoismus mit Ellenbogen von Interessengruppen schadet der Entwicklung der gesamten Gesellschaft. Ideologische Verblendungen und blendende Inszenierungen verhindern den Austausch von Argumenten und Kompromissen sowie den Fortschritt, weil selbsternannte Fanatiker nicht aus ihrem selbstgeschaffenen Gefängnis eines Freund-Feind-Denkens ausbrechen.
Demgegenüber kämpfen freie und aufgeklärte sowie selbstdenkende und mündige Bürger für ihre Schatzkammer der Demokratie. Sie hat als Konsequenz aus den menschenverachtenden Erfahrungen der NS-Diktatur ein robustes Fundament, das im Grundgesetz zum Ausdruck kommt, das weder wertneutral noch weltanschaulich neutral ist, sondern in ihrer eigenen Werthaltung wie der Achtung der Würde, der Freiheits- und Menschenrechte, auch mit dem christlichen Menschenbild und der liberalen Handlungsfreiheit ethisch Farbe bekennt und politisch Partei ergreift. Insbesondere weil alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, die dem Menschen dienen soll, dessen unantastbare Würde vor aller staatlichen Gewalt steht und die die Staatsgewalt zu achten und zu schützen hat. Diese Schatzkammer kennt Sicherheitsschlösser wie den föderalen Bundesstaat statt einem gleichgeschalteten Zentralstaat oder den Rechtsstaat mit seiner Gewaltenteilung und seinem Gewaltmonopol statt einem Polizei-, Partei-, Richter-, Nachtwächterstaat oder einer Selbstjustiz.
Diese Schatzkammer mögen und lieben viele Menschen: Sie befreit von Knechtschaft und Vormundschaft zur individuellen Freiheit in Verantwortung. Sie ermöglicht Freiheit, Vielfalt, Sicherheit und Wohlstand, Macht auf Zeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Mehrheitsentscheidungen, den Schutz von Minderheiten, Bindung an das Recht sowie Chancen-, Leistungs-, Bedarfs- und Generationengerechtigkeit. Sie schafft geordnete Spielräume, um mit anerkannten, bekannten und fairen Spielregeln sowie mit Hilfe demokratischer Institutionen das Gemeinwohl zu suchen und zu finden.
Die Schatzkammer ist nicht perfekt, sondern unvollkommen und durch destruktive Kräfte von innen und außen gefährdet. Deshalb braucht sie weniger Konsumenten und mehr mutige Mitstreiter, die sich für eine lernende und wehrhafte Demokratie einsetzen.
Die als Schatzkammer keine goldenen und unbeschwerten Zeiten, wohl aber eine Zukunft in Freiheit und Verantwortung verspricht.
Burkhard Budde