
Neue Ufer
Moment mal
Neue Ufer
Von Burkhard Budde

Moment mal
Auf zu neuen Ufern
Welche Kräfte beflügeln einen Menschen, wenn er zu neuen Ufern aufbricht?
Auf dem Weg durch ein neues Jahr wünschen sich viele Menschen keine Wüstenzeiten, in denen sich Mut- und Erfolglosigkeit, Ängste, Trauer und Erschöpfung ausbreiten. Auf der Wunschliste stehen vielmehr erfrischende Neuanfänge, ermutigende Energien, bewegende Lebensfreuden sowie sinnstiftende Hoffnungen; auf der Negativliste u.a. „heiße Luft“ der Blender und Verführer, „eisige Kälte“ der Gefühls- und Herzlosen, „olle Kamellen“ der Streit- und Zanksüchtigen, „undurchsichtiger Nebel“ der Heuchler und Pharisäer, „ärgerlicher Staub“ der Einfältigen und Sturköpfe, vor allem wohl der „stürmische Wind“ der Krisen und Katastrophen.
Doch ein neues Jahr wird nicht alles neu machen. Weiterhin wird es „Goldene Käfige“ des Wissens geben, in denen Erkenntnisse und Perspektiven eingesperrt bleiben; „langweilige Geisterhäuser“ des Unwissens, in denen Schein- und Halbwissen herrschen; „stressige Tollhäuser“ der Besserwisserei, in denen Selbstgerechtigkeit und ideologischer Eifer andere zu bevormunden versuchen; „abgeschirmte Schneckenhäuser“ der Selbstgewissheiten, in denen es keine inhaltlichen Auseinandersetzungen und Kompromisse gibt; „schöne Luftschlösser“ der Phantasien, in denen Enttäuschungen und Fehlentscheidungen vorprogrammiert sind.
Aber das neue Jahr kann auch zu einem Lebenshaus mit Türen werden, die sowohl geöffnet als auch geschlossen werden können, um sich entweder auf Neues einzulassen oder schöpferische Ruhe zu haben.
Stets bleibt auf dem Weg durch das neue Jahr die alte biblische Zusage „Ich werde sein, der ich sein werde.“ (2.Mos 3,14) Oder anders übersetzt: „Ich werde mich zeigen, indem ich für dich da bin.“ Die Rede ist von dem freien und unverfügbaren Schöpfer allen Lebens, der zugleich unverfügbar und nicht instrumentalisierbar ist. Nur auf dem Weg kann ein Mensch diesem unsichtbaren, aber im zuversichtlichen Glauben erfahrbaren Begleiter begegnen. Und seit Christus ist Gott selbst dieser Weg, der (Ur-)Grund aller, der neues Leben möglich macht und bewegt, die letzte Verantwortungsinstanz aller sowie der letzte (Sinn-)Horizont aller, der Frieden im Unfrieden stiftet sowie schöpferische und frohmachende Kräfte mobilisiert, um zu neuen Ufern in unverlierbarer Würde, eigenverantwortlicher und liebender Freiheit aufzubrechen.
Burkhard Budde
Veröffentlicht auch im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 7.1.2023
in der Kolumne „Moment mal“