Fanatiker

Fanatiker

Moment mal

Fanatiker

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Unbelehrbare Fanatiker 

Wer kennt sie nicht?! 

Zum Beispiel fanatische Fußballfans: Sie verstehen jede Kritik an ihrer geliebten Mannschaft als Majestätsbeleidigung. Und ein Sieg um (fast) jeden Preis erscheint ihnen wichtiger als die Fußballregel, dass der Bessere im fairen Spiel siegen möge. 

Oder fanatische Eltern: Alles dreht sich nur um ihr Kind, an dem sie einen „Affen gefressen“ haben. Vor lauter Liebe vergessen sie, ihrem Kind notwendige Grenzen aufzuzeigen, es an sinnvolle Regeln zu gewöhnen und ihm eingeschränkte Verantwortlichkeit zu geben. Und wegen übertriebener Ängste, das Kind zu verlieren, können die Eltern auch dann nicht loslassen, wenn das „Schmuckstück“ ein mündiger Erwachsener geworden ist. 

Oder fanatische Gläubige: Sie kämpfen mit missionarischem Eifer gegen Andersgläubige, weil sie sich als auserwählte Instrumente ihres Gottes verstehen, sein Wort wörtlich auslegen, ihm situations- und zeitlos folgen und keinen Zweifel an der Richtigkeit ihres Tuns und Lassens haben. Sie leben in dem erhabenen Bewusstsein, dass ihre Autoritäten unfehlbar und unantastbar sind. Und sie die „besseren Menschen“ sind. 

Oder fanatische Ungläubige: Sie sind leidenschaftlich ergriffen von ihrer absolut gesetzten Wahrheit, dass nur das Sichtbare, Messbare, Überprüfbare, Wiederholbare, Widerspruchsfreie zählt und dass nur Zahlen und Statistiken, Wissen und Gutachten eine Bedeutung haben. Sie leugnen unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zu der einen Wirklichkeit, die ständig im Fluss ist. Und verkennen, dass angenommene Wahrheiten relativ und vorübergehend sind und deshalb immer wieder neue Gewissheiten gefunden werden können. 

Oder fanatische Weltverbesserer: Sie fühlen sich wie eine abgehobene Elite, die versucht, den normalen Menschen zu normieren, ihm schulmeisterlich vorzuschreiben, was richtiges oder falsches Denken, Reden, Schreiben und Verhalten ist. Im alleinigen Besitz der Wahrheit sind solche Fanatiker nicht selten  gleichzeitig Richter über Andersdenkende und Retter der ganzen Welt. Ihre Teil-Wahrnehmung der Wirklichkeit, die sie kompromisslos vertreten, ist für sie die ganze Wirklichkeit. 

Der Grat zwischen leidenschaftlichem Engagement, das wichtig für das Zusammensein ist, und verbohrtem Fanatismus, der den Zusammenhalt gefährdet, ist schmal. Aber Fanatismus zerstört das Zusammenbleiben und ist deshalb keine Bereicherung der Vielfalt, sondern Gift für das Zusammenleben. 

Fanaticus“ – lat. „göttlich inspiriert“ – in welcher Gestalt auch immer mischt blind und wütend einen Cocktail, der für Freiheit und Vielfalt ungenießbar ist. Und wer sich selbst vergöttlicht und andere verteufelt, hört auf keine Argumente. 

Fanaticus kann sich nur ändern, wenn er selbst in den Spiegel schaut. Bis dahin braucht er keine moralischen Appelle oder Bußpredigten, auch keinen Applaus von Allesverstehern, sicherlich mehr kritische Bildung, vor allem jedoch stets den Raum des Rechtes und der Gesetze, um die vielen Opfer des Fanatismus zu schützen. 

Burkhard Budde

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Mantel der Liebe

Mantel der Liebe

Moment mal

Mehr als Stoff

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Mehr als ein Stück Stoff

Ein Mantel ist mehr als ein Stück Stoff.

Stolz präsentiert ein Mann seinen neuen Mantel: Er sieht schick aus, schön und stilvoll, passt vor allem zu ihm und ist bequem. Das „gute Stück“ stärkt zudem sein Selbstwertgefühl. Er fühlt sich einfach „wohl“, geborgen und sicher.

Im Leben gibt es unterschiedliche Mäntel. Je nach Situation und Aufgabe bedeutet das An- und Ablegen eines Mantels zugleich einen Rollenwechsel sowie neue Herausforderungen und Perspektiven:

Ein Bademantel wird getragen, um sich als Badegast vor Wind und Kälte zu schützen, vielleicht auch vor allzu neugierigen Augen.

Ein Königsmantel repräsentiert nicht nur Autorität und Tradition, sondern gleichzeitig Macht und Herrschaft.

Eine Robe, die einheitliche Amtstracht von Juristen, signalisiert neben Status und Würde auch die Gleichheit aller vor dem Gesetz sowie die besondere Verantwortung, wenn im Namen des Volkes ein Urteil gesprochen wird. 

Priestergewand und Talar sind Zeichen dafür, dass Person und Amt besonders im gottesdienstlichen Kontext zusammengehören, dass der Träger von seinem kirchlichen Auftrag getragen wird, jedoch auch seine Beauftragung nicht als persönliche Spielwiese missverstehen oder gar missbrauchen darf.

Der Mantel des Heiligen Martins, der geteilt worden ist, damit ein Bettler nicht erfrieren musste, erinnert an die Nächstenliebe, die die Not eines Menschen wahrnimmt sowie mit Herz und Kopf bekämpft.

Der Mantel der Maria, der im Glauben Himmel und Erde verbindet, schenkt dem Gläubigen im Gebet Schutz, Zuversicht und Mut.

Und als Jesus auf einem jungen Esel in Jerusalem einzog, waren nicht nur die ausgestreuten Palmzweige, sondern auch die ausgebreiteten Mäntel des Volkes ein Willkommensgruß für den gewaltlosen Friedenskönig.

Aber zurück zur Gegenwart. Manchmal gibt es abgenutzte und ausgefranste Stellen an einem Mantel, Löcher in den Taschen oder Knöpfe, die sich lösen. Und wenn der erste Knopf ins falsche Loch geraten ist, können – welche Tragik! – alle folgenden Knöpfe „korrekt“ geknüpft sein; dennoch stimmt die Reihenfolge nicht. Dann hilft nur ein umfassender Neuanfang.

Sinnbildlich heißt das: Manchmal ist das Denken oberflächlich und flüchtig, diffus und kleinkariert, fehler- und lückenhaft, langweilig und bitter, böse und gehässig.

Dann nutzt auf Dauer kein Deckmantel, der das Denken – und das Verhalten! – geschickt zu bemänteln versucht.

Auch kein Büßergewand, das mit gesenktem Haupt moralisches Theater spielt. Auch kein Mantel des Schweigens, um Täter zu decken und Opfer zu ignorieren.

Dann hilft nur ein neues Leben mit echten Neuanfängen. Eben ein Mantelwechsel, den alten Mantel der Bosheit, Falschheit und Gewalt zu entsorgen und den neuen Mantel des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe anzuziehen. Und in diesem „Weltenmantel“  – angesichts des Himmelzeltes als Zeichen der bedingungslosen Liebe Gottes – kann jeder Mensch in liebender Vernunft und letzter Verantwortung vor „Gott des Himmels und der Erden“ leben.

Sowie im Ehrenkleid als Geliebter Gottes selbstkritisch, selbstständig und selbstverantwortlich werden.

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel am 4.6.2023

Pfingsten

Pfingsten

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Faziniernde Liebe

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

„Faszinierende Liebe“ 

Sie hat viele wundervolle Gesichter: Die faszinierende Liebe, die sich nicht ängstlich versteckt, sondern sich offen bekennt. Dann spricht das pochende Herz mit leuchtenden Augen: Zum Beispiel von einer geliebten und liebsten Frau, einem geliebten und beliebtesten Sänger, einem geliebten und treuesten Hund. Oder von einer geliebten Heimat, in der ein Mensch Mitglied seines geliebten Fußballvereins ist, seiner „wahren Liebe“.

Aber nur selten ist die Rede von einer geliebten Kirche. Warum eigentlich? Ist der Funke der Liebe nie wirklich übergesprungen? Ist das Feuer der Liebe durch Kränkungen endgültig erloschen? Weil eine enttäuschte Liebe durch vorgetäuschte Liebe nicht mehr heilbar ist? Weil das Kribbeln im Bauch als Schwärmerei entlarvt worden und zu Staub und Asche geworden ist, zur kalten Gleichgültigkeit, zur vergifteten Wahrheit mit bitteren Folgen?

Aber es gibt überraschende Ausnahmen. Vor Jahren traf ich einen Mann, der mir begeistert seine geliebte Kirche zeigte: Hier – vor dem Altar – sei er getauft und konfirmiert sowie getraut worden. Diese Kirche besuche er regelmäßig zu Gottesdiensten und Konzerten – wie bereits seine Eltern und Vorfahren.

Die geliebte Kirche ist nicht nur ein persönlicher Erinnerungsort, sondern auch ein Erbauungsort von Emotio und Ratio. Dann wird die Seele gestreichelt und beruhigt, ermutigt und wieder aufgebaut; der Geist bewegt, um nach- und weiterzudenken oder auch umzudenken. Und Seele und Geist gehen mit dem Körper eine untrennbare Einheit ein.

Ein Kirchenbesucher beispielsweise, der zufällig, allerdings auch vorbehaltlos in einem Gottesdienst saß, berichtete anschließend, dass es bei ihm während der Predigt „Klick“ gemacht habe. Er sei zu einer neuen Sichtweise seiner Probleme gekommen, weil er sich von einem biblischen Wort angesprochen gefühlt habe.

Bei ihm war die Kirche mit ihrer Einladung zum Gott- und Christusvertrauen zu einem Quellort geworden. Solche oder ähnliche Oasenerfahrungen sind in Wüstenzeiten von Krisen, aber auch angesichts von Bosheiten und Feindschaften, von Uneinsichtigkeiten und Herzlosigkeiten besonders wichtig. Wer dann aus der Quelle der biblischen Botschaft schöpft, dem wachsen neue Kräfte zu: Kniefälle vor Gott werden wichtiger als Kniefälle vor Menschen, weil Gott seine geliebten Geschöpfe wieder aufrichtet, ihnen ihr Gesicht und ihr Rückgrat zurückgibt. Der biblische Kompass der letzten Verantwortung vor Gott verhindert dann die Herrschaft einer moralischen Keule, macht frei von Erpressung und unabhängig von Verführung, stärkt Souveränität und Mut. Und die Gewissheit der letzten Geborgenheit in Gott, die keine Zauberei ist, wird zur liebenden sowie persönlich erfahrbaren Zusage.

Wenn die Kirche nur Echoraum weltlicher Ideen ist, wird ihr Echo auf ihre eigene Botschaft überhört. Wenn sie nur eine Nischenwelt von Weltflüchtigen ist, die eine konstruktive Auseinandersetzung im Lichte des Evangeliums scheut, kann sie ihre Botschaft nicht in Wort und Tat glaubwürdig vertreten.

Wenn sie aber für Lebensdurstige bekennender Zufluchts- und Quellort der bedingungslosen und grenzenlosen Liebe Gottes bleibt, dann bekommt sie ein unverwechselbares und unvertretbares Gesicht. Und kann bei einer gleichzeitigen Rundumerneuerung ihrer Strukturen, Hierarchien und Angebote zur geliebten Kirche der unsichtbaren Kirche Jesu Christi werden.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel in der Kolumne „Auf ein Wort“ am 28.5.2023

Himmelfahrt

Himmelfahrt

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Himmelfahrtstag

Von Burkhard Budde

Zum Himmelfahrtstag:

Grenzenlose Möglichkeiten Gottes

Das Fest Christi Himmelfahrt, das am 40. Tag nach Ostern gefeiert wird, erinnert an den endgültigen Abschied und die unwiderrufliche Trennung des gekreuzigten, gestorbenen und auferstandenen Jesus von der Erde in den Himmel, in den unsichtbaren und unerreichbaren Teil der göttlichen Schöpfung.

Zur Geschichte:

Jesus wird nach dem Bericht der Apostelgeschichte des Lukas vor den Augen der Jünger von einer Wolke zusehends aufgehoben und „in den Himmel aufgenommen“ – wie zwei Männer in weißen Kleidern den Jüngern anschließend erläutern (vgl. Apg 1, 9-11).

Die „Entrückung Jesu“ – „Und da er sie segnete, schied er von ihnen.“ (Lk 24, 51) – geschah nach dem Bericht der Apostelgeschichte nachdem Jesus 40 Tage seinen Jüngern erschienen war und ihnen Weisung durch den Heiligen Geist gegeben hatte. „Und er redete mit ihnen vom Reich Gottes.“ (Apg 1, 3b) Die Jünger, Augenzeugen des irdischen Wirkens Jesu, sollten zugleich Zeugen der Auferstehung Jesu sein – in der Öffentlichkeit und „bis an das Ende der Welt“ (Apg 1, 8b). Und der Heilige Geist war als Lebenskraft sozusagen der Motor ihres Zeugendienstes.

Die „Erhöhung Jesu“ – „Und der Herr, nachdem er mit ihnen geredet hatte, ward er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur rechten Gottes.“ (Mk 16, 19) – geschah, um am unsichtbaren und sichtbaren Wirken Gottes im Himmel und auf Erden durch den Heiligen Geist teilzuhaben.

Der Evangelist Lukas berichtet, dass die Himmelfahrt Christi am Auferstehungstag in der Nähe Bethaniens sozusagen als Abschluss des Lebens Jesu stattgefunden habe; in seiner Apostelgeschichte ist von der Himmelfahrt erst nach 40 Tagen am Ölberg die Rede, sozusagen als Anfang der Zeit der Kirche, um sie mit der Zeit Jesu zusammenzuführen.

Zunächst feierten die Christen am Pfingstfest die Himmelfahrt Christi mit; seit 370 wurde es ein eigenständiges Fest 40 Tage nach Ostern.

Zur Bedeutung:

Der sichtbare Himmel – englisch „sky“ – kann vom unsichtbaren Himmel – englisch „heaven“ – unterschieden werden. Gleichwohl gibt es einen allumschließenden Zusammenhang: Der naturwissenschaftliche Himmel um einen Menschen herum kann die Augen für die schöpferische Hand Gottes öffnen; der religiöse Himmel in einem Menschen kann eine Triebfeder für die Suche nach den Gesetzen der Natur sein. Kein Himmel hat eine Rückseite oder ist ein Gegenstand, um den man herumgehen kann. Jeder Himmel ist nah und zugleich fern. Der Himmel als Horizont der Erde und die Erde als Abglanz des Himmels sind nicht voneinander zu trennen.

Jesus Christus hat die Tür zum unsichtbaren Reich Gottes im sichtbaren Horizont der Welt geöffnet. Der Geist Christi wohnt nicht nur am unsichtbaren Sitz Gottes oder der Engel, auch nicht nur am Aufenthaltsort der seligen Toten oder am Ort der ewigen Glückseligkeit und des göttlichen Lichtes, sondern er wirkt erfahrbar in der sichtbaren Welt durch das Wort Gottes, die göttlichen Sakramente und seine Zeugen.

Himmelfahrt bedeutet „Jesus ist im Himmel – bei Gott“. Das Fest Christi Himmelfahrt lädt ein, an die unendlichen und grenzenlosen Möglichkeiten Gottes jenseits der endlichen und begrenzten Möglichkeiten der Menschen zu glauben. Und das Wirken des Geistes Christi schon hier auf der Erde zu entdecken. Um sich vom Geist der Liebe von himmlischen Kräften der Vernunft bewegen zu lassen.

Burkhard Budde

Medienfreiheit

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Medienfreiheit

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Der Schatz der Medien und Demokratie 

Es gibt einen außergewöhnlichen Schatz: Die liberale Demokratie mit ihrer Verfassung, die sich besonders durch die individuellen Grundrechte auszeichnet, lebt nicht nur von einem Parlament und einer Regierung, die sich beide durch Wahlen legitimieren, sondern auch von einer unabhängigen Justiz und freien Medien. Vor allem jedoch gehören zu diesem Schatz Bürger (generisches Maskulinum, alle Identitäten sind gemeint!), die sich mit ihrer Demokratie identifizieren und sich für das Gemeinwesen engagieren.

Die bekannten Medien – Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften und Anzeigeblätter sowie die öffentlich-rechtlichen Anstalten (ÖRR) – bleiben auch in der Zeit der Digitalisierung, der sozialen Medien und eines veränderten medialen Nutzungsverhalten ein Lebenselixier im Schatz der Demokratie. Bürger – ein heterogenes Publikum! – können aus der Vielfalt und der Vielzahl journalistischer Quellen schöpfen, sich informieren und sich so leichter eine eigene Meinung bilden.

Allerdings gibt es besondere Erwartungen im Blick auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die sich durch Zwangsgebühren aller – und nicht wie private Medienhäuser marktorientiert – finanzieren. „Die „Oberlehrer der Nation“ wollen mich erziehen“, schimpfte ein Bürger und verwies auf die Dominanz der Gendersprache in den politischen Nachrichtensendungen und die der Minderheitenthemen in Krimis und Spielfilmen. Ein anderer Bürger kritisierte die einseitige Zusammensetzung der politischen Talk-Shows sowie das Totschweigen unbequemer Wahrheiten, aber auch die vielen gleichen Angebote in immer größer werdender Anzahl von ZDF und ARD. Zugespitzt fragte er: „Muss der ÖRR ein nerviger Trendsetter sein, immer nur nach Quoten und dem angeblichen Mainstream schielen? Warum gibt es keine Konzentration auf die Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung?“

Begründetes Vertrauen jedoch kann in der Arbeit des ÖRR als täglicher Begleiter aller Bürger nur wachsen, wenn der Nutzer keinen belehrenden oder einseitigen Journalismus erlebt, keinen Dreschflegel einer Weltanschauung, keine Keule der Moral, wohl aber einen verlässlichen Qualitätsjournalismus. Aber wie entdecke ich die „Qualität“?

Die Achillesferse eines Journalismus mit Qualitätsanspruch sind die Menschen, die das Programm machen und verantworten. Die eine Berichterstattung von einem Kommentar unterscheiden können und die sowohl mit dem Florett des pflichtgemäßen Ermessens als auch mit dem Kompass eines journalistischen Ethos ihren Dienst im Rahmen von Recht und Gesetz tun. Beispielsweise im Blick auf die Berichterstattung:

Die unabhängig berichten – jenseits der angeblich herrschenden oder eigenen Meinung oder der von Minderheiten.

Sich fair verhalten – ohne Ansehen der Person oder Gruppe und auch die andere Seite zu Worte kommen lassen.

Wahrheitsgetreu recherchieren – die tatsächlich wahrgenommene Lebenswirklichkeit und nicht die gewünschte oder eigene Welt wiedergeben.

Ausgewogen arbeiten – differenziert und kritisch, nicht pauschal oder einseitig, erklärend und aufklärend, nicht verklärend oder missionierend.

Und die ÖRR-Mächtigen sollten Eintrittskarten für die Redaktionsstuben nicht nach der Gesinnung oder der Gruppenzugehörigkeit vergeben, sondern nach fachlicher Kompetenz und nach der Gesamtpersönlichkeit, um den offenen Schatz der lebendigen Demokratie zu sichern und mit Qualitätsbeiträgen zu mehren.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel in der Kulumne

„Auf ein Wort“ am 21. 5.2023

Muttertag

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Muttertag – Grund zur Dankbarkeit

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Muttertag – Grund zur Dankbarkeit 

Etwa 500 Nelken soll Anna Jarvis, eine unverheiratete und kinderlose Lehrerin aus West Virginia, nach einem Gottesdienst verteilt haben. Mit der Lieblingsblume ihrer verstorbenen Mutter wollte sie an die Lebensleistung ihrer Mutter, aber auch an die „Werke aller Mütter“ erinnern. Mit dieser Aktion aus dem Jahr 1908 begann die Geschichte des Muttertages, der jährlich am 2. Maisonntag gefeiert wird.

Der Gedenktag an die eigene Mutter ist für viele Menschen immer noch wichtig – weniger als ein Geschenktag, mehr als ein Tag des Dankens. Die Gründe sind vielfältig, individuell unterschiedlich und ganz persönlich:

Für manche war oder ist die Mutter Mittelpunkt und Rückgrat der Familie. Andere beschreiben ihre Mutter als Vorbild und Taktgeberin der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Wieder andere erinnern sich ganz konkret an ihre Fürsorge und Zuwendung. „Meine Mutter war zugleich eine meiner besten Freundinnen“, erzählt eine Tochter über ihre verstorbene Mutter.

Aber auch gemischte Gefühle können auftauchen. So berichtet ein Sohn über seine Mutter: „Es gibt im Leben meiner Mutter Sonnenseiten, aber auch Schatten“.

Am Muttertag wird es wohl stets einen subjektiv ausgewählten Erinnerungs- und Deutungsmix geben. Man belastet sich auch nur selbst, wenn man einen Menschen  – unabhängig von seiner Rolle als Mutter, Vater oder Kind  – auf ein Merkmal oder eine Erinnerung reduziert. Denn ein Mensch ist zu komplex, zu widersprüchlich, zu undurchsichtig, zu unberechenbar, als ihn einfach und für immer in ein „gutes“ oder „schlechtes“ Schubfach einzusortieren. Weder eine Romantisierung („die beste Mutter auf der ganzen Welt!“) noch eine Dämonisierung („ein undankbares und böses Kind!“) werden der Wirklichkeit eines Menschen gerecht, die noch verzwickter und überraschender ist als jede Vorstellung über oder jede Erinnerung an ihn. Denn immer gibt es bei der Suche nach einer gerechten Beurteilung nur persönliche Teilwahrheiten oder auch eigene Interessen, häufig Wahrnehmungskonflikte und Erinnerungslücken im Blick auf eine konkrete Situation mit ihren besonderen Bedingungen.

Nichtsdestotrotz bietet der Muttertag jenseits kalter Gleichgültigkeit und heißer Schwärmerei die Gelegenheit, der Mutter für das eigene Leben aufrichtig zu danken – ohne Theaterspiel, ohne Träumerei und ohne Berechnung. Die Bejahung der eigenen Geburt ist leider keine Selbstverständlichkeit. Sie ist deshalb der eigentliche Grund der Dankbarkeit.

Am Muttertag kann darüber hinaus deutlich werden: Jeder Mensch braucht einen Menschen, der wie eine „gute Mutter“ ist – mit einer wertschätzenden und positiven Grundhaltung, einem empathischen und selbstkritischen Verhalten, einem konstruktiven und produktiven Aushalten unterschiedlicher Bedürfnisse, Interessen, Vorstellungen und Deutungen.

Manchmal reicht eine Rose aus, die blüht und duftet, aber auch Dornen haben kann, um der geliebten und liebenden Mutter eine Freude zu bereiten. Oder ein Anruf. Und dem Dankbaren, der gerecht und weit genug zu denken versucht, wird durch die Erinnerung an die gemeinsame Vergangenheit ein gemeinsames Glückserlebnis geschenkt.

Burkhard Budde