Gute Gemeinschaft

Gute Gemeinschaft

Auf einWort

Suche gute Gemeinschaft

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche gute Gemeinschaft 

Es gibt manchmal gute Gründe, einer Gemeinschaft den Rücken zu kehren. Wenn zum Beispiel die „Chemie“ überhaupt nicht (mehr) stimmt und Änderungen nicht zu erwarten sind, Vertrauen zerstört wurde und Sinnhaftigkeit verloren gegangen ist und es tiefe Verletzungen gegeben hat, die auch die Zeit nicht einfach heilt. Und wenn Skandale und Missstände ein Ventil darstellen, endlich Dampf abzulassen und aus einer Gemeinschaft „auszutreten“.

Aber es gibt auch gute Gründe, zum Beispiel in einer christlichen Gemeinschaft „trotz allem“ zu bleiben oder in eine Kirche wieder einzutreten. Dazu zählen zum Beispiel die bereichernde Erfahrung einer geistig-geistlichen Heimat mit Gottesdiensten und Konzerten, die kirchliche Begleitung in besonderen Lebenssituationen durch Feiern wie Taufe, Trauung, Konfirmation, Beerdigung, die Halt und Orientierung, aber auch Mut und Trost geben können. Und vielen sind darüber hinaus die christliche Tradition- und Wertevermittlung an die nächste Generation wichtig sowie diakonische und caritative Aktivitäten und Einrichtungen.

Bei der Suche nach einer guten, stets gemischten Gemeinschaft der Gläubigen sollte auf keinen Fall der kritische Geist, der die Geister scheidet und unterscheidet, an der Garderobe einer Kirche abgelegt werden. Schon die Bibel empfiehlt „Prüfet alles und behaltet das Gute.“ (1.Thess. 5,21)

Die verfasste Kirche kann mit einem alten Heilbad verglichen werden, das ständig umgebaut und erweitert, verändert und erneuert worden ist und wird oder werden sollte. Nur sollten die Verantwortlichen dieser zu erneuernden Bäder, die keine Freizeit- oder Spaßbäder sind, nicht ihren eigentlichen, unverwechselbaren und unvertretbaren Auftrag vergessen, das „Wasser des Lebens“ – das Evangelium von Jesus Christus – in Wort und Tat zu verkündigen.

Reformer und ständige Reformen bleiben wichtig. Es reicht aber nicht, wenn Erneuerer am Beckenrand stehen bleiben, vor allem mit sich selbst und den Strukturen beschäftigt sind oder über die geschrumpfte Zahl der Besucher jammern, ohne zu merken, wie das Wasser im Becken – die geistige Substanz – immer weniger wird und sie selbst und andere eines Tages  zu „verdursten“ drohen, wenn sie das „Gute“ aus dem Auge verlieren.

Das „Gute“ besteht nicht im eiskalten Wasser, das ins Becken gegossen wird, im unfairen, gehässigen, heuchlerischem Umgang untereinander; nicht im kochenden Wasser, das als heiße Luft verdampft, in politischer Besserwisserei oder im parteipolitischen Nachplappern; auch nicht im lauwarmen Wasser, das keine wirkliche Erfrischung bringt, in langweiligen Belanglosigkeiten oder Allerweltsweisheiten; in Wechselbädern, bei denen Besucher fragen „Wo ist denn nun das Wasser des Lebens?“

Das „Gute“, der Maßstab christlicher und kirchlicher Existenz, ist und bleibt der froh- und neumachende Glaube an das Evangelium von Jesus Christus, das in kirchlichen Heilbädern als Geschenk Gottes entdeckt werden kann.

Ein Tropfen von diesem lebendigen Wasser kann den Durst nach Sinn und Liebe, nach Versöhnung und Frieden stillen, so dass aus Besuchern Begeisterte werden, die ihre Verantwortung vor Gott und dem Nächsten, vor der Vergangenheit, der Mitwelt und Nachwelt mutig im Geiste Jesu Christi wahrnehmen – auch für ein „besseres“ Miteinander in allen anderen Bädern dieser Welt.

Burkhard Budde

Gute Mutter

Gute Mutter

Auf ein Wort

Suche gute Mutter

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche gute Mutter 

Eine „gute Mutter“ suchen? „Nicht nötig“, sagt ein selbstbewusster Mann, „ich habe bereits eine gute Mutter und wünsche ihr, dass sie in Würde alt wird.“ Und dann berichtet er, wie „Mama“ ihn in seiner Kindheit und Jugendzeit über Höhen hinweg und durch Täler hindurch begleitet habe. Die „beste Mama der Welt“, fügt er noch etwas schwärmerisch hinzu, habe nichts falsch gemacht; ihm vielmehr geholfen, immer selbstständiger, unabhängiger sowie erfolgreicher zu werden. Als er das Elternhaus wegen seines Berufes und der Familiengründung verließ, sei ihm mit auf den Weg gegeben worden: „Die Tür zu mir und deinem Vater bleibt immer offen, selbst wenn du einmal Mist bauen solltest.“

Andere Menschen, die von ihrer Mutter enttäuscht oder frustriert worden sind, reagieren auf die Frage nach einer „guten Mutter“ gleichgültiger, kritischer oder auch aggressiver: Sie bezeichnen ihre Mutter in der Rückschau offen oder hinter vorgehaltener Hand als „kontrollierende Glucke“, die ihnen keine Freiräume ließ, als „bevormundende Supernanny“, die aus ihnen ein „Superkid“ produzieren wollte, als „stolze Löwin“, die auch berechtigte Kritik an ihrem Sprössling nie erlaubte, als „distanzierte Rabenmutter“, die keine menschliche Zuneigung zeigte und nur an sich dachte, als „ungerechte Kuh“, die Lieblinge hatte und die anderen Kinder schlechter behandelte, als „graue Maus“, die nur nach der Pfeife des „cholerischen Erzeugers“ tanzte.

Am Muttertag, der jährlich am 2. Maisonntag gefeiert wird, und an die „Werke aller Mütter“ erinnern soll – so die Gründerin des ersten Muttertages, die unverheiratete und kinderlose Lehrerin Anna Jarvis aus West Virginia 1908, die zunächst an die Lebensleistung ihrer verstorbenen Mutter gedacht hatte -, müssen keine superguten oder superschlechten Noten verteilt werden. Jenseits heißer Schwärmerei und eiskalter Ignoranz sowie leerem Gerede und vorgespielter Gefühle, aber auch jenseits echter Gründe gibt es jedoch einen guten „Ur-Grund“ zur Dankbarkeit: die Bejahung der eigenen Geburt durch die Mutter. Und hoffentlich auch die Bejahung des Vaters.

Natürlich, die Mutter ist häufig in der Wahrnehmung vieler Kinder Mittelpunkt und Rückgrat der Familie sowie Vorbild und Taktgeberein der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Aber gemischte Gefühle sind erlaubt, da Erinnerung und Deutung stets einen subjektiv ausgewählten Mix darstellen; die Suche nach einer „gerechten Beurteilung“ einer „guten Mutter“ nur Teilwahrheiten hervorbringen und durch eigene Interessen, Wahrnehmungskonflikte und Erinnerungslücken geprägt sein können.

Aber die „gute Mutter“ kann nichtsdestotrotz für wenigstens einen Menschen stehen, den jeder Mensch braucht, der sich wie eine „gute Mutter“, aber auch wie ein „guter Vater“, „guter Freund“, „guter Partner“ usw. verhält: der trotz allem menschlich ist und bleibt; der einen einzelnen Menschen annimmt wie er ist, damit er sich ändern kann; der Hilfe zur Selbsthilfe und Selbstkorrektur anbietet, der gegenseitige Achtung und gemeinsame Neuanfänge ermöglicht.

Manchmal reicht eine Rose aus, die blüht und duftet, aber auch Dornen haben kann. Oder ein Anruf, ein Brief, ein kleiner Fingerzeig, um positives Denken und Freude zu wecken. Vor allem um Dankbarkeit zu zeigen, ohne sich selbst eine Zacke aus der Krone zu brechen. Weil Dankbarkeit sinnstiftende und neumachende Kreise zieht – in einem Menschen selbst, aber auch in anderen Menschen mit und ohne Kinder.                                                        

Burkhard Budde

Dank an Joachim Gauck

Dank an Joachim Gauck

Dank an Joachim Gauck

EAK ehrt den Bundespräsidenten a.D.

Von Burkhard Budde

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck (l.) und  Staatsminister a. D. Thomas Rachel

H- und Dank an Joachim Gauck

Bundespräsident a.D. wurde in Hannover geehrt

Echter Dank ist in der Politik Mangelware; vor allem wenn Neid und Eifersüchteleien, Ängste und Konkurrenzdenken sowie Gleichgültigkeit und Überheblichkeit herrschen. Ungeheuchelter und nicht instrumentalisierter Dank ist jedoch auch in der Politik keine schillernde Seifenblase, sondern ein kraftvoller Treibstoff, der das Vertrauen und den Zusammenhalt, das Miteinander und Füreinander stärkt.

Begründeten und aufrichtigen Dank gab es für Altbundespräsidenten Joachim Gauck, der am 30 April 2025 die „Hermann-Ehlers-Medaille“ des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK) erhielt. EAK-Vorsitzender und Staatssekretär a.D. Thomas Rachel MdB würdigte den „Bürgerpräsidenten mit klaren und mutigen Worten“ auf der 55. EAK-Bundestagung in Hannover im Rahmen eines Festaktes: „Sie haben als Christ in Kirche, Gesellschaft und Politik mit deutlichem Lebenszeugnis gewirkt und in Verantwortung vor Gott und dem Menschen Brücken gebaut.“ Seine früheren Erfahrungen in der DDR mit staatlicher Willkür, totalitärer Gängelung, Angst und Druck und Ohnmacht hätten den Pastor aus Rostock geprägt. Als Bundespräsident – als „erster Bürger des Landes“ – sei Gauck „einer von uns“ gewesen und habe auch Einzelschicksale im Auge gehabt. Mit einer „Kultur der Zuversicht“ würde Gauck auch weiterhin ein „Leben in Freiheit und Würde“ stärken.

In seiner Dankesrede ermutigte der „menschenzugewandte und wortgewandte Theologe“ (Thomas Rachel) zum „verwegenen Hoffen“, zur Nüchternheit, zur Verantwortung und zum „kräftigen Mut“.

Die Frucht des Glaubens sei die Hoffnung, selbst in einer Minderheitensituation. Vom Hoffen könnten Kräfte ausgehen, die niemand unterschätzen sollte – Kräfte, die man im Voraus nicht kenne, die jedoch Politik- und Handlungsfelder eröffneten.

Zur Nüchternheit gehöre es, die Träume vom Frieden mit Analysefähigkeit zu verbinden und demokratische Werte wie Freiheit robust zu verteidigen und „nicht auf Hoffnung zu warten“. Sicherheit gebe es nicht mit weniger Polizei und mehr Pfarrern und Therapeuten. Die Gegenwart des Bösen dürfe nicht verborgen bleiben; die Wirklichkeit gelte es, wahr- und ernstzunehmen.

Dem Gedankten war zudem die Verantwortung als „Freiheit des Erwachsenen“ wichtig. Nicht nur die Freiheit von Unterdrückung, sondern auch die Freiheit für etwas und zu etwas, die Mühe und Anforderung bedeute, aber die Tür zum nachhaltigen Glück öffne.

Der CDU empfahl der Bundespräsident a.D., nicht die „konservativen“ Menschen zu vergessen, die Bewahrenswertes bewahren sowie Schützenswertes geschützt wissen wollten, ohne die eigene Würde zu verlieren. Und den Regierenden gab er „entschlossenes Regieren“, erkennbare Handlungs- und Analysefähigkeit mit auf den Weg, um sich nicht von Problemen überrollen zu lassen.

Vor allem plädierte Joachim Gauß zum „kräftigen Mut“ angesichts einer „Kultur des Frustes“, weil es ein „Potential des Gelingens“ in einem freien Land mit freien Bürgern gebe: „Ich war glücklich, als ich das erkannte.“ Und dankbar.

Burkhard Budde

Der neugewählte Bundesvorstand des EAK.

Thomas Rachel MdB wurde erneut zum Bundesvorsitzenden gewählt. Der Dürener Bundestagsabgeordnete und Sprecher für Kirchen und Religionsgemeinschaften der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Als stellvertretende EAK-Bundesvorsitzende wurden die ehemalige Thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, David Müller (Baden-Württemberg), Dr. Burkhard Budde (Niedersachsen), Henning Aretz, sowie die Bayerische Landtagsabgeordnete und EAK-Landesvorsitzende, Barbara Becker MdL, gewählt.
Als Beisitzer wurden gewählt: Sandra Gockel MdL (Sachsen), Hanna-Lena Perneck (Niedersachsen), Dr. Michael Franz (Saarland), Hans-Jürgen Hopf (Bayern), Christoph Waffenschmidt (Berlin-Brandenburg), Prof. Dr. Wolfgang Merbach (Sachsen-Anhalt), Katja Knoche (NRW), Dr. Maximilian Willner (Hamburg), Sigrid Grönert MdBB (Bremen), Staatssekretärin Sabine Kurtz MdL (Baden-Württemberg), Anette Röttger MdL (Schleswig-Holstein), Friedemann Schwarzmeier (Rheinland-Pfalz), Johannes Selle (Thüringen), Tobias Utter MdL (Hessen), Helga Schuhmann-Weßollek (NRW) und Frieder Weinhold (Mecklenburg-Vorpommern).

 

Zu Beginn der EAK-Veranstaltung gab es eine Andacht, die Pastor Dirk Heuer (l.) und Pastor Dr. Burkhard Budde hielten

Delegierte des EAK Niedersachsen.

Begegnung mit dem Joachim Gauck.

Suche guten Freund

Suche guten Freund

Auf ein Wort

Suche guten Freund

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche guten Freund 

Gute Freunde sind kostbar und rar. Sie sind nicht wie Löwenzahn, der fast überall wachsen kann, sondern wie seltene Orchideen – voller Schönheit und inniger Verbundenheit. Wer gute Freunde sucht, sollte jedoch genau hinsehen, geduldig und kritisch bleiben, um nicht getäuscht oder enttäuscht zu werden:

Denn falsche Freunde verstecken ihren Neid und ihre Missgunst hinter einer lächelnden Fassade der Heuchelei. Falsche Freunde können einen „Freund“ in seiner Gegenwart loben, ihn aber zugleich hinter seinem Rücken abwerten, um sich selbst aufzuwerten. Sie machen sich in Windeseile vom Acker, wenn es für sie brenzlig wird und vergessen alle freundschaftlichen Lippenbekenntnisse. Wird ihr „Freund“ nicht länger gebraucht, wird er wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen.

Wer „falsche Fünfziger“ erst einmal durchschaut hat, sollte sie deshalb möglichst meiden – wie einen unberechenbaren Sumpf, in dem der Geblendete und Betrogene leicht versinken kann. Oder – so schlug ein Satiriker vor – ihnen die Zähne zeigen, indem sie angelächelt werden.

Es gibt leider auch Scheinfreunde, die ähnlich wie falsche Freunde schöne Masken tragen und an der Oberfläche freundlichen Gehabes bleiben, in Wahrheit aber kein Interesse an der Person des „Freundes“ mit seinen Gefühlen und Gedanken sowie an seiner Lebenslage haben. Sie sind auch nur „Freunde“ auf dem Papier, versprechen vollmundig viel und halten kleinlaut wenig. Und in schlechten Zeiten kennen sie ihre „Freunde“ nur aus der Ferne.

Dennoch sollte ein Mensch mit Form und Format, Durchblick und Rückgrat diesen „Freunden“ nichts Schlechtes wünschen, da sie sich durch ihr Verhalten langsam selbst vergiften und eines Tages isoliert dastehen. Dass sah Gottfried Silbermann (1683 bis 1753) anders, der insbesondere in Dresden und Freiberg als Orgelbauer wirkte, und von dem der Satz überliefert ist: „Wer jemand lobt in praesentia, Ihn aber tadelt in absentia, Den hole die pestilenzia.“

Doch viel wichtiger als ein Klagelied über ein schlechtes Theaterspiel von respektlosen Rollen- und unglaubwürdigen Etikettenspielern anzustimmen sowie ihnen mit der Keule der Angst zu drohen und Unglück zu wünschen, erscheint die Suche nach einem guten Freund, der auch die Mutter, der Vater, das Kind oder der Ehepartner sein oder werden kann. Allerdings ist es nicht möglich, einen guten Freund per Knopfdruck oder mit Zwang zu entdecken.

Anders als eine flüchtige Bekanntschaft, eine berufliche Kollegialität oder eine zweckgebundene Kameradschaft sind gute Freunde wie echte Orchideen mit coolem Herzschlag zu pflegen: Durch ein Wir-Gefühl, das sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten gemeinsame gelebte Werte und Überzeugungen kennt, vor allem durch gegenseitige Annahme und Partnerschaft auf Augenhöhe wächst. Durch ein Kopf-Gefühl, das Verschwiegenheit, Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Offenheit, Lernbereitschaft und Hilfsbereitschaft erlebt. Durch ein Bauch-Gefühl, das Freude am gemeinsamen Feiern hat und der Freundschaft eine beflügelnde Leichtigkeit gibt.

Gute Freunde purzeln zwar nicht vom Himmel, aber sie können wie Orchideen ein einzigartiges Geschenk des Himmels sein – in Dankbarkeit und als Ermutigung. Und an der Schnittstelle zwischen Himmel und Erde kann sich Gott wie ein guter Freund offenbaren.

Burkhard Budde

Gute Beziehung

Gute Beziehung

Auf ein Wort

Suche gute Beziehung

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

                                      Suche gute Beziehung                                

Ein Mensch, der eine aufgeklärte Haltung hat, sucht eine „gute Beziehung“ zur Wirklichkeit. Schnell entdeckt er, das „wirklich“ nicht nur das ist, was in einem Protokoll bzw. in einer Dokumentation festgehalten ist oder in einer Analyse bzw. in einem Gutachten steht. Und das „unwirklich“ nicht das sein muss, was in diesen Quellen nicht vorkommt. Bei ihm wachsen Einsichten: Die Wirklichkeit spielt sich nicht nur im Labor ab, in dem u.a. gemessen und geprüft, getestet und gewartet wird. Die Wirklichkeit ist vielmehr ein komplexer, häufig unvorhersehbarer Prozess. Kleine Veränderungen können große Folgen haben. Und Glück und Pech sowie der freie Wille, auch das Widersinnige zu tun, sollten bei der Wahrnehmung der dynamischen Wirklichkeit nicht unterschätzt werden.

Es gibt die Vernunft-Wirklichkeit, die hilft, Schwärmerei und Willkür zu verhindern sowie neue Kenntnisse und Erkenntnisse zu ermöglichen.

Doch eine Gefühls-Wirklichkeit – z. B. persönliche Wahrnehmung, Bauchgefühl und Eingebung – muss sich nicht verstecken, wenn sie keine Täuschung, Lüge oder Heuchelei darstellt. Sie bewegt vielmehr die ganze Wirklichkeit – wie eine gute Filmmusik die Handlung – und kann

Glück und Liebe, Sinn und eine tiefere Wahrheit schenken. Diese Wirklichkeit wird jedoch – wie die „wahre Liebe“ – erst im Vollzug – bei allen Risiken des Scheiterns – erlebbar, wenn sich das Ich und das Du zum Wir vereinen, ohne die jeweilige Verantwortung der Personen außer Kraft zu setzen.

Und welche Wirklichkeit begegnet dem suchenden Menschen zu Ostern, dem ältesten christlichen Fest? Um einen Zugang zur christlichen Wirklichkeit zu bekommen, helfen keine frommen Sätze, die blind für wahr gehalten werden müssen, auch keine erbaulichen Wunschprojektionen, die etwas zum seelischen Kuscheln sind. Und eine lückenlose Beweiskette für die Auferweckung Jesu als alleinige Tat Gottes, bei der kein biblischer Bote anwesend war, gibt es nicht.

Wohl aber sind Hinweise überliefert, dass der Auferstandene – wie der Apostel Paulus in einem seiner Briefe schreibt – Zeugen erschienen ist – wie dem Petrus, dem ganzen Jüngerkreis, 500 Brüdern, Jakobus, allen Aposteln und Paulus selbst, die offensichtlich alle bezeugen konnten: „Der Herr ist wirklich auferstanden“. (Lukas 24, 34)

Doch noch wichtiger als die überlieferten Selbstoffenbarungen des Auferstandenen, die eine bekennende Bewegung glaubwürdiger Zeugen hervorrief, ist die gegenwärtige Beziehungswirklichkeit, die der aufgeklärte Mensch von heute als „sein“ Ereignis in seinem Inneren erlebt: Dass die österliche Botschaft vom göttlichen Sieg über den Tod ihn anspricht; dass ihm die Gewissheit – nicht die rationale Sicherheit – geschenkt wird, dass es „wirklich“ neues Leben im Tod gibt; dass Gott am Beispiel Jesu wie ein Sämann handelt, der ein Weizenkorn in die Erde legen und sterben lässt, damit neues Leben, ein Halm mit Ähren und viel Frucht entsteht, ohne seine Identität zu verlieren. Die Suche nach einer guten Beziehung zu Gott als dem Geheimnis des Lebens beginnt, wenn Gleichgültigkeit, Unglaube und Torheit überwunden werden. Und die Beziehungspflege durch Gebet, Rituale und Gottesdienst begründetes Vertrauen und feste Zuversicht, Demut vor Gott und Mut zum gelebten Bekenntnis stärken. Gott selbst verspricht in jeder Lebenslage ein froh- und neumachendes Leben, eine gute Beziehung zu seinem geliebten Geschöpf.

Burkhard Budde