„Einfrieren“?
Moment mal
„Einfrieren“ wäre Selbstaufgabe
Von Burkhard Budde
Leserbrief (veröffentlicht am 18. April 2024) zum Kommentar „Selenskyjs Hilferuf“ von Reinhard Veser (F.A.Z. 12. April 2024)
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Von Burkhard Budde
Leserbrief (veröffentlicht am 18. April 2024) zum Kommentar „Selenskyjs Hilferuf“ von Reinhard Veser (F.A.Z. 12. April 2024)
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Von Burkhard Budde
Auf ein Wort
Demokratie lebt von Demokraten – Danke!
Im Fluss des Lebens sollte das Rauschen eines Wortes nicht überhört werden. Es ist zwar kein Zauberwort, wohl aber ein Schlüsselwort, um eine positive Dynamik zu entfachen: Die fünf Buchstaben des Wortes „Danke“ können Wertschätzung zum Ausdruck bringen, aber auch Herzen, Köpfe und Hände öffnen und bewegen, wenn dieses Schlüsselwort nicht berechnend oder heuchlerisch, sondern ehrlich und aufrichtig gemeint ist.
Es gibt viele Gründe, aufrichtig dankbar zu sein; zum Beispiel:
Dass es Menschen gibt, die sich ehrenamtlich oder hauptamtlich engagieren, sich begeistert einbringen, um andere zu begeistern, Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen. Und nicht ständig miesepetrig auf die Uhr schielen, mit neidischem Blick vergleichen und andere ausbremsen oder das Haar in der Suppe suchen.
Dank für überzeugenden Einsatz ist sowohl im Blick auf die Zivilgesellschaft als auch auf die Demokratie notwendig.
Unsere Demokratie lebt von überzeugten Demokraten. Nicht von Zuschauern, die meinen, dass sie die besseren Flussschwimmer sind, aber nur am Ufer hocken bleiben. Nicht von Mitschwimmern, die sich selbst nicht anstrengen, aber im Wasser von anderen getragen werden wollen. Nicht von Schwimmmeistern, die in ihr eigenes Spiegelbild auf der Oberfläche des Flusswassers vernarrt sind. Oder von Moralaposteln, die meinen über dem Fluss zu schweben und sich erst gar nicht ins erfrischende Wasser der Wahrheitssuche begeben, weil sie ja ohnehin wissen, welches Wasser sauber und welches verschmutzt ist.
Dem kritischen Bürger sei vielmehr gedankt, weil er die Werte der Demokratie wie Freiheit und Vielfalt, Eigenverantwortung und Solidarität, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung im Rahmen des Rechtsstaates verteidigt und vor allem mitten im Fluss (vor-)lebt. Und weil er eine parlamentarische Demokratie von einer Gewalt- und Willkürherrschaft unterscheiden kann.
Neben dem Dank für das Engagement in der Zivilgesellschaft gehört auch der Dank für den Einsatz in einer demokratischen Partei. Demokratische Parteien sind keine eiskalten Machtmaschinen jenseits von Gut und Böse. Sie bieten vielmehr auf der Grundlage ihres jeweiligen Selbstverständnisses beständige Kommunikationsräume, in denen Mitglieder versuchen, unterschiedliche Werte, Interessen und Meinungen zum Ausgleich zu bringen, um der Öffentlichkeit ein Politikangebot zur Gestaltung des Gemeinwesens zu machen. Demokratische Parteien schlagen Brücken zwischen Staat und Gesellschaft und „wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ (Grundgesetz Artikel 21 Absatz 1) So können sie im Wettbewerb mit anderen Parteien dauerhaft und kontinuierlich Motor des gesellschaftlichen und politischen Fortschritts innerhalb und außerhalb von Parlamenten und Regierungen sein.
Es gibt darüber hinaus Gründe, dem Fluss selber bzw. seiner Quelle dankbar zu sein, im Fluss seine „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ (Präambel des Grundgesetzes) ernst zu nehmen. Die Urquelle allen Lebens kann verborgen, versteckt, vergessen sein – oder einfach ignoriert werden. Aber ohne diese Quelle des Lebens gäbe es keinen Lebensfluss. Und vor allem ist der Glaube an Gott wie ein Leuchtturm in stürmischen Zeiten: Als Gottes Geschöpf muss ich nicht selbst zum allmächtigen Gott werden; als sein Ebenbild nicht würdelos; als sein Beauftragter nicht perfekt; als Glaubender kann ich vielmehr mit Gottes schöpferischem Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit rechnen. Ich bleibe stets Mensch mit Rückgrat, der auch gegen den Strom der Zeit schwimmen und seinen Kopf über die Wasseroberfläche halten kann, weil er selbstständig denkt und – getragen vom Waser des Lebens – in dankbarer Haltung seine Verantwortung wahrnimmt.
Burkhard Budde
Der Artikel basiert auf einem „geistlichen Wort“, dass der Autor zu Beginn des Landesparteitages Braunschweig in Goslar am 13. April 2024 gehalten hat.
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Von Burkhard Budde
Wahlspruch „Nec aspera terrent“ („Auch Schwierigkeiten schrecken uns nicht“)
Auf ein Wort
Sehnsucht nach Frieden
Die Sehnsucht nach Frieden in Freiheit und Sicherheit bleibt groß und mächtig.
Ein Privatmensch, der indirekt bedroht oder direkt angegriffen wird, hat das Recht, auf sein gutes Recht, sich zu wehren, zu verzichten. Auch verbietet ihm keiner, sich fluchtartig in sein privates Schneckenhaus zurückzuziehen. Oder einfach den Kopf in den Sand zu stecken und zu behaupten, alles sei doch nicht so schlimm. Oder scheinheilig Märchen zu erzählen, Geschichtsklitterungen zu betreiben, sich ängstlich oder verblendet in die Knie zwingen zu lassen oder seine Hände in Unschuld zu waschen.
Aber auch kritische Anfragen muss sich ein Pazifist gefallen lassen: Gibt es wirklich einen inneren Seelenfrieden ohne einen äußeren Frieden? Ist ein innerer Frieden nicht ein Scheinfriede, wenn ein äußerer Frieden ungerecht ist, nur durch Angst und Schrecken erzwungen wird? Bedeutet ein äußerer Diktatfrieden nicht innere Friedhofsruhe, sogar neues Unrecht und neues Leid?
Ein demokratischer Staat jedenfalls würde sich selbst aufgeben, wenn er sich als Pazifist oder als Privatier verstehen würde. Er muss realistisch die Spannung und das Wechselspiel zwischen innerem und äußerem Frieden wahrnehmen und die Brüchigkeit des Friedens ernstnehmen – übrigens damit auch Pazifisten ihre Überzeugungen in der Öffentlichkeit vertreten können. Zu den wesentlichen Aufgaben des freiheitsliebenden und wehrhaften Staates, der der individuellen Menschenwürde und den allgemeinen Menschenrechten verpflichtet ist, gehört die Aufgabe, das Leben aller Bürger durch die Sicherung und Verteidigung des inneren und äußeren Friedens zu ermöglichen.
Ein demokratischer Rechtsstaat mit einer legitimierten Führung, die ihre politische Gestaltungs- und Ordnungsmacht in Verantwortung auf Zeit vom Volk bzw. Parlament übertragen bekommen hat, kann sich nicht als Friedfertiger mit vielleicht persönlichem, aber ohne politisches Rückgrat verstehen, sondern nur als Friedensstifter mit der Beauftragung, einen gerechten Frieden in Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Er kann die Augen vor brutalen und menschenverachtenden Verbrechern – auch vor Autokraten oder Diktatoren im scheinbar demokratischen Gewand – nicht verschließen, die es übrigens in der Hand haben, ihre tödlichen und zerstörerischen Waffen sowie ihre vergiftende und spalterische Propaganda sofort schweigen zu lassen.
Ein verantwortungsvoller Staat würde unschuldig schuldig, wenn er auf terroristische Angriffs- und Vernichtungskriege nur ängstlich oder wie gelähmt zuschaute und zuließe, dass ungebändigte Gier immer gieriger und ungehemmter würde.
Dem Frieden in Freiheit dienen weder Engelszungen noch Teufelsanbeterei. Wohl aber besteht die zugleich politische und militärische sowie kulturelle und historische Verantwortung darin, in aktiver und vorausschauender Solidarität sowie mit allen notwendigen Mitteln das Böse glaubwürdig abzuschrecken, wirksam zu bändigen und eindeutig in seine Schranken zu verweisen. Die Sehnsucht, im Rahmen einer freien Welt selbstbestimmt und eigenverantwortlich leben zu können, darf nicht geopfert werden. Und die Tür zur souveränen Freiheit in Würde und zum Glück muss für alle Menschen, Völker und Länder geöffnet bleiben.
Burkhard Budde
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Von Burkhard Budde
Auf ein Wort
Das große Fressen
Die Raupen auf den Blättern der Bäume schienen nur an das Fressen zu denken.
Die eine Raupe konnte ihren Hals nicht voll genug bekommen. Gierig fraß sie alles, was ihr als scheinbarer Leckerbissen vor ihre Augen kam. Sie sah immer seltener die Gefahren, aus der Höhe in die Tiefe zu fallen oder von Fressfeinden vernascht zu werden.
Eine andere Raupe war da schon vorsichtiger. Sie konnte mit ihren stacheligen Haaren auch stechen. Aber wenn es um das große Fressen im Wettlauf um die größten und schmackhaftesten Nahrungsquellen ging, vergaß auch sie jegliche Vorsicht und wurde mutig übermutig.
Eine Raupe, die prächtig gefärbt und hübsch gestreift war, versteckte geschickt ihre Gier oder fraß Kreide, um durch ihre Nettigkeit Vorteile zu ergattern und ihren ständigen Heißhunger stillen zu können. Auch verstand sie es, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen und die Harmlose zu spielen, um nicht am Ende die Dumme zu sein und ins Leere schauen zu müssen.
Eine Raupe drang sogar in eine Rose ein, die unter einem Baum wuchs, vereinte sich mit ihr, um sie zu zerstören. Ob ihr Handeln an ihrer Gefräßigkeit lag? Oder weil sie den betörenden Duft nicht mehr riechen und die dauerhafte Schönheit der Blumenkönigin nicht länger ertragen konnte?
Aber es gab auch Raupen, die zwar beim Fressen kräftig zulangten, um zu überleben, jedoch gleichzeitig Schlupflöcher des Anstands und der Fairness suchten. Ihr Ziel war es, sich erfolgreich in einen Kokon aus selbst gesponnener Seide zu verpuppen.
Auch kleine, unscheinbare und angepasste Raupen mussten auf den Blättern ihrer Lebensgrundlage ständig auf der Hut sein, als Fressende nicht spektakulär gefressen zu werden. Übertriebene Sorgen und Ängste konnten den Blick in die Vielfalt und Vielzahl der Blätter und Möglichkeiten verbauen.
Irgendwie waren alle Raupen – ob als faszinierende Augenweide, körperliches Wrack oder einfach nur Überlebenskünstler – potenzielle Opfer ihres gefräßigen Lebens.
Nur wenige Raupen dachten vom Ende her: „Besteht unser Leben nur aus Fressen oder Gefressen werden? Sind wir Gefangene unserer Gier oder unserer Ängste, das Leben zu verpassen?“
Es gab Raupen, die innehielten und neugierig nachdachten: Ob sie weiterleben? Als ein anderes Tier, eine Pflanze, in einer anderen Raupe? In einem Raupenparadies oder in einem Raupenschlafsaal?
Sollte ihr Leben in den ewigen Kreislauf der Natur mit Werden und Vergehen zurückkehren? Oder würde ihr Leben im Nichts spurenloser Anonymität und des absoluten Vergessens verschwinden?
Während diese Raupen hin- und herüberlegten, ohne das Fressen zu unterbrechen, flatterte ein hübscher Schmetterling mit „Augen“ an ihnen vorbei, überquerte den benachbarten Sumpf mit einer ernsten Leichtigkeit und besuchte einladende Sonnenblumen. Und manche Raupen sehnten sich danach, so wie ein glücklicher Schmetterling zu werden. Oder in einen solchen oder ähnlichen Schmetterling eines Tages verwandelt zu werden.
Burkhard Budde
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Von Burkhard Budde
Leeres Grab provoziert
Das leere Grab bleibt für kritische Ohren eine Provokation.
Ist der Leichnam Jesu gestohlen worden?
Wurde Jesus wiederbelebt?
Hat es die Auferstehung Jesu tatsächlich gegeben?
Oder ist sie nur eine fromme Wunschvorstellung?
Die Jünger jedenfalls hielten die Berichte der Frauen, die nach der Kreuzigung Jesu am ersten Tag der Woche früh am Grab waren, um Jesus Leichnam zu salben, aber ein leeres Grab vorfanden, für „leeres Gerede“ und glaubten den Frauen zunächst nicht.
Überhaupt unterscheiden sich die biblischen Quellen an einzelnen Stellen: Zum Beispiel sitzt nach Markus ein Engel im Grab; nach Matthäus sitzt er vor dem Grab. Nach Lukas stehen zwei Engel im Grab; nach Johannes sitzen sie im Grab. Die zentrale Botschaft der Engel ist jedoch nach Markus, Matthäus und Lukas übereinstimmend: „Jesus ist auferstanden!“
Nur die Reaktion auf diese Nachricht zeigt wieder gewisse Unterschiede: Nach Markus z. B. fliehen die Frauen vom Grab „mit Entsetzen“ und verraten niemandem etwas; nach Matthäus gehen sie „mit großer Freude und Furcht“ und berichten den Jüngern von der Engelbotschaft.
Später erkennen die zwei „Emmaus-Jünger“ den auferstandenen Jesus, wie er das Brot bricht (Lukas 24,13-35). Und vor allen Jüngern soll sich Jesus insbesondere durch seine Nägelmale ausgewiesen haben (Lukas 24,40); schließlich auch dem „ungläubigen Thomas“ durch Berührung (Johannes 20,24 – 29). Der Apostel Paulus, der in seinem Brief an die Gemeinde zu Korinth das wohl älteste Auferstehungszeugnis überliefert (1.Kor.15,1-8), aber das leere Grab nicht erwähnt, nennt viele Zeugen, denen der Auferstandene zu unterschiedlichen Zeiten begegnet ist, auch sich selbst.
Gerade die Vielfalt und Spannungen der biblischen Berichte sowie ihre theologischen Akzentuierungen können die Augen für die grundlegende Aussage aller Zeugnisse öffnen: Der souveräne Schöpfer allen Lebens, der sich unserer Vorstellung über ihn entzieht – und deshalb auch kein Zeuge des Auferstandenen den Vorgang der Auferstehung beschreiben kann – , hat allein in der Geschichte Jesu gehandelt.
Dass ein einzelner Mensch auferstanden ist, war schon zurzeit Jesu ein ganz neues Ärgernis, unerhört. Deshalb hätte es auch ohne die Selbstoffenbarung Jesu keinen Osterglauben der Jünger gegeben. Jesus selbst hat seinen Freunden Gemeinschaft geschenkt, so dass neues Vertrauen „wie Schuppen von den Augen“ fiel, Vergebung erfahren wurde sowie Zuversicht, Widerstandskraft sowie Mut zum Zeugnis neuen Lebens.
Auch heute wird der Osterglaube nicht durch „leere Gräber“ mit Mehrdeutigkeiten oder durch „naive Beweise“ geweckt, auch nicht durch Denkfaulheit oder Gleichgültigkeit, wohl aber durch die geistliche Begegnung mit der froh- und neumachenden Verkündigung, die ein faszinierendes Echo erzeugen kann: Der persönliche Glaube, dass Gott selbst den sterblichen Leib Jesu radikal verwandelt hat, nicht seinen Körper einfach wiederbelebte, ihn auch nicht einfach vergeistigte. Dass Gott die alte Schöpfung neu schaffen kann – wie das Weizenkorn in die Erde muss und stirbt, damit neues Leben entsteht, aber seine Identität nicht verliert. Und damit auch dem kritisch Hörenden unserer Tage trotz aller Provokationen neues Leben – auch im Tod – verspricht.
Burkhard Budde