Rundfunkreform

Rundfunkreform

F.A.Z. Leserbrief

„alles oder nichts“?

Von Burkhard Budde

Rundfunkreform nicht möglich?

Es gibt einen Reformplan des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) der Experten aus den Staatskanzleien der Länder:

Reduzierung der Radiokanäle von 69 auf 53;

Halbierung der 10 TV-Spartenkanäle;

Zusammengehen von 3sat und Arte;

Deckelung der Sportrechtekosten;

Eindämmen der Textflut der Öffentlich-Rechtlichen im Internet;

gemeinsame Onlineplattformen;

eine bessere strukturierte ARD;

nicht ganz so übertriebene hohen Gehälter

so berichtet Michael Hanfeld in der F.A.Z. vom 14. 10. 2024.

Kann der Reformplan von einem Mediensenator aus Hamburg gestoppt werden?

Dazu der Leserbrief in der F.A.Z. vom 21. 10. 2024

Jugend

Jugend

Auf ein Wort

Hoffnungsträger

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Zukünftige Verantwortungsträger

Ist der Glaube an das Gute im Menschen stärker als die Erfahrung des Bösen? Können gute Nachrichten schlechte lindern, vielleicht sogar überwinden helfen? Eine erfreuliche Nachricht jedenfalls rauschte jüngst durch den bundesweiten Medienwald, der sonst vor allem bei Massenmedien nach dem Motto „Bad news are good news” gestaltet wird. Und mit seinen täglichen Berichten über Abgründe und Sümpfe des Lebens, über Krisen und Kriege, Manipulation und Propaganda Beobachter in Atem versetzt und zur Realitätsflucht zu (ver-) führen versucht:

Unter Jugendlichen gibt es viele zuversichtliche Hoffnungsträger, die sowohl als Nachwuchs als auch Erneuerer der Gesellschaft im Sinne der Generationengerechtigkeit gebraucht werden – als zukünftige Verantwortungsträger. Die Mehrheit der Befragten Zwölf- bis Fünfundzwanzigjährigen, so die repräsentative Shell-Jugendstudie, hat einen optimistischen Blick in die Zukunft, ohne dass  ihre Sorgen und Ängste insbesondere vor einem Krieg in Europa, vor Armut, vor Klimawandel , aber auch vor Ausländerfeindlichkeit und vor einer „wachsenden Feindseligkeit zwischen Menschen“ verdrängt werden. Sie stimmen der Staatsform der Demokratie zu, vertrauen staatlichen Institutionen wie Polizei, Bundesverfassungsgericht und Bundeswehr; weniger Vertrauen schenken sie jedoch Parteien und Kirchen, was angesichts des nervigen Parteiengezänks und der sexualisierten Gewalt in der Kirche viele nicht verwundern dürfte.

Julia Schaaf aus Berlin interpretiert die Studie in der F.A.Z. vom 16. Oktober: „Mädchen sind eher woker, Jungs eher rechts.“ Viele Jugendliche scheinen nichts von einem giftigen Spaltpilz der Extreme zu halten, die eine neue Religion und eine neue ideologische Zensur  im politischen Gepäck haben und Maß und Mitte aus dem Auge verlieren.  Die Berichte der Nachrichtensendungen der öffentlich- rechtlichen Medien (ÖRR) über die Studie jedenfalls konnten sich wohl nicht durchringen mitzuteilen, dass 42 Prozent der Jugendlichen das unsägliche Zwangsgendern ablehnen. Ob das daran liegen kann, dass Teile des ÖRR selbst Förderer der neuen Sondersprache aus dem akademischen Elfenbeinturm sind, sogar häufig Spracherzieher sein wollen?

Erfreuliche Ergebnisse der Studie sind zudem, dass „Toleranz“ weiterhin zum Wertgerüst der jungen Generation gehört, auch Familie, Freunde und stabile Beziehungen sowie Respekt vor Gesetz und Ordnung und das Bekenntnis zu Fleiß und Ehrgeiz, zur Work-Life-Balance bei gleichzeitiger Wertschätzung der „Leistung“.

Natürlich gibt es noch viel Lern- und Entwicklungsbedarf – natürlich auch im Blick auf alle Generationen -, zum Beispiel bei den Themen „starke Hand“ und „Gleichberechtigung“, wenn sehr viele aus der jungen Generation alte Rollenbilder favorisieren – weil Bildung (noch) fehlt oder die Eltern (noch) eine partnerschaftliche Haltung vermissen lassen?!

Die Älteren, die durch ihre Erfahrungen die Weiten und Tiefen des Lebens besser kennen, brauchen die Jüngeren, die mit neuem Schwung und neuen Ideen die  Lebensräume neu gestalten wollen. Und beide brauchen jenseits von Jugendwahn und Altersglorifizierung gelebte Werte wie Vorurteilslosigkeit, Hilfsbereitschaft, Lernbereitschaft – ein Leben lang! -und Solidarität, den Glauben an eine gemeinsame Zukunft, um als gleichwertige und gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe und mit Rückgrat  sowie unterschiedlichen Stärken und Schwächen verantwortungsvolle Wege in die Zukunft zu finden.

Burkhard Budde

Glück beim Lesen

Glück beim Lesen

Auf ein Wort

Macht Lesen glücklich?

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Macht das Lesen glücklich?

Bücher müssen keine Ladenhüter oder Staubfänger in Regalen sein. Selbst angesichts einer digitalen Welt hat ein guter Roman eine nachhaltige Zukunft; manchmal wird er sogar zur Grundlage z.B. von Filmen, Theaterstücken oder Kunstwerken.

Aber was ist ein „guter Roman“, eine „gute Literatur“? Die Erwartungen und Maßstäbe  sind unterschiedlich, individuell, situativ und zudem wandelbar. „Für mich ist ein guter Roman eine reizvolle Mischung von Unterhaltung und Entspannung, Spannung und Entdeckung“, sagt eine Person, die jenseits ihres hektischen und gestressten Alltags Muße und Ablenkung sucht. Eine andere Person mutet sich gerne mehr „schwere Kost“ zu, liest manche Sätze und Kapitel eines Buches zweimal. Oder macht sich in Lesepausen eigene Gedanken über die provozierenden direkten oder indirekten Ratschläge, die ihr manchmal wie ein Poltern gegen ihre Seelentür vorkommen.

Der eine Leser ist begeistert von „seinem“ begeisternden Roman, der mit Freude weiterempfohlen wird; der andere legt den gleichen Roman frustriert aus der Hand, weil ihm die Durststrecke des Verstehens sowie der Deutung zu lange dauert und zu anstrengend ist. Wieder andere suchen neugierig die Botschaft des Autors oder den Autor selbst in seinem Werk. Manche finden, dass Realität und Fiktion nicht mehr voneinander zu trennen sind und akzeptieren und erleben beim Lesen, dass der gewebte Flickenteppich von Gedanken, Gefühlen und Handlung einen versteckten roten Faden hat und der eigenen Phantasie viel Deutungsspielräume lässt.

Viele gute Romane sind wohl wie kritische Spiegel, in denen sich ein Leser selbst oder eine verlorene bzw. heimlich gewünschte Realität wiederzuerkennen glaubt. Oder indem er eine (alte) Wahrheit (neu) entdeckt, die vor allem seinen Hunger nach einem bewussteren, freieren und gerechteren Leben stillt.

Viele gute Romane können zudem wie eine unversiegbare Quelle sein, aus der Motivation und Inspiration, Lebenskunst und Lebenslust, Lebenskraft und Lebenshalt, Kopf- und Herzensbildung geschöpft werden können.

Ein gut recherchierter und gestalteter Roman, der in die Tiefe und Weite des Lebens führt, hat für den Leser bleibende Bedeutung, da er wie zwei kommunizierende Röhren wirkt: Buch und Leser gehen einen Dialog ein; das Geschehen des Buches spricht zum Leser und der Leser wird Teil des literarischen Geschehens. Die tiefen Gräben der Gleichgültigkeit, der Ahnungslosigkeit und Bedeutungslosigkeit werden überwunden, indem Brücken von zwei Seiten geschlagen werden, von der Welt des Lesers in die Welt des Buches und zurück.

Von Frank Kafka (1883 – 1924) habe ich gelernt, dass ein Buch „die Axt“ sein „muss für das gefrorene Meer in uns“. Vielleicht gibt es heute mehr „Äxte“ als man denkt, die nur in die Hand genommen und gelesen werden müssen, damit der Leser selbst auftaut, sich bewegen kann, um in der realen Welt mit dem Florett der aufgeklärten Vernunft Mensch bleiben zu können sowie sich für eine gerechtere Welt einzusetzen.

Und um vielleicht auch im Buch der Bücher, der Bibel, Spirituelles, Geistig-Geistliches, zu entdecken, das ein sinnstiftendes und glücklicheres Leben ermöglicht.

Burkhard Budde

Burkhard Budde

Haifische

Haifische

Auf ein Wort

Haifische im Aquarium

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Haifische im Aquarium 

Im Aquarium des Lebens schwammen ganz unterschiedliche Fische – hin und her, kreuz und quer, stets auf der Suche nach Nahrung und einem sicheren Ort. Viele von ihnen ließen sich auch einfach treiben, weil es bequem war; viele wurden von ihrer Angst getrieben, etwas zu verpassen oder sie vertrieben andere, weil sie Oberwasser behalten wollten.

Unter den zahlreichen Fischen gab es Haifische, die sich wie Bosse fühlten und keine anderen Bosse neben sich duldeten. Wieder andere Haifische schwammen wie harmlose Diener durch das Aquarium; in Wahrheit waren sie jedoch wie eiskalte Räuber, die nur an die Befriedigung ihres großen Macht- und Geltungshungers dachten.

Andere Fische, die die Macht-, Intrigen- und Maskenspiele durchschauten, verhielten sich wie Zuschauer, die sich aus sicherer Entfernung an diesen Kämpfen ergötzen konnten, aber ihr Maul nicht zu voll nahmen, um nicht selbst Opfer zu werden.

Auch gab es Goldfische, die sich als Wasserträger der Haifische verstanden; sie gehorsam verehrten und ihnen wohlfeil huldigten, aber insgeheim auf ihre persönliche Chance auf mehr und andere Nahrung warteten. Und Goldfische, die wie naive Träumer Realitäten nicht kennen und anerkennen wollten; deshalb am Ende immer die Dummen oder Vergessenen waren. Oder im Maul eines Haifisches landeten.

Dazu zählten auch all die Geschöpfe im Aquarium, die zwar wie Zierfische mit ihren Farben und Formen, mit Originalität und Vielfalt beeindruckten, aber auch als agile und anpassungsfähige Überlebenskünstler stets vor der Gnadenlosigkeit und Heuchelei auf der Hut sein mussten: wenn gebissen und zugebissen wurde oder wenn sich ein Fisch in sein Feindbild und seinen Hass verbissen hatte.

Die meisten Fische im Aquarium sehnten sich nach Frieden und Sicherheit, nach einem freien und selbstbestimmten Leben sowie nach Geborgenheit; sie wollten geachtet und nicht missachtet werden sowie fressen und nicht gefressen werden. Sie verachteten Gier und Größenwahn, Neid- und Selbstsucht, Angst- und Herrschsucht, weil dadurch das Wasser, von dem sie alle lebten, vergiftete wurde.

Viele Fische, die nicht hochmütig oder übermütig waren, dachten demütig an die Fische, die noch nicht geboren waren. Und hofften, dass sich Haifische, die den Goldfisch in ihrem Haifischinneren entdeckten, zum Positiven änderten, indem sie das Leben und die Freiheit anderer Fische achteten. Und dass Goldfische ihre Gefühle, das haifischhaft Böse, Rachsucht und Zerstörungswut, kontrollieren lernten. Und dass immer mehr Fische wehrhaft und mutig für ein gewaltfreies und friedliches Miteinander in Selbstbestimmung und Würde im Aquarium kämpften.

Und manchen Fischen fiel es wie Schuppen von den Augen: Kein Fisch war alleine überlebensfähig. Keiner war vollkommen. Keiner lebte ewig. Und eigentlich konnte auch keiner genau sagen, wie das Aquarium entstanden ist, wie weit es sich erstreckt, ob es jenseits des Aquariums noch weitere oder ganz andere im unendlichen Meer des Lebens gibt, ob dieses Universum sich ewig ausdehnt oder eines Tages zum Ursprung zurückkehrt, und was es zusammenhält. Und ob nicht doch der Wille des Schöpfers des ganzen Universums überlebenswichtig ist, in Vernunft und Liebe Verantwortung für das Geschaffene und Zukünftige zu tragen?!

Burkhard Budde        

Verkehrte Welt

Verkehrte Welt

Auf ein Wort

Auf den Kopf gestellt

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Auf den Kopf gestellt 

Eine alte Provokation kann zu einer aktuellen Ermutigung in Krisen werden. Ein Kunstwerk aus dem 12. Jahrhundert stellt die normale Realität auf den Kopf: Ein Mächtiger wird vom Ohnmächtigen besiegt. Ein Stärkerer liegt hilflos und kraftlos am Boden,  wo sonst der  Schwächere erwartet wird. Ausgerechnet ein Jäger ist zum Gejagten geworden, gefesselt, bewegungslos, hilflos. Das Werk zweier Hasen, die sonst Opfer der Jagd sind.

Diese Jagdszene ist am Kaiserdom zu Königslutter am Elm in der Mitte der Hauptapsis zu sehen. Die ehemalige Benediktinerklosterkirche – errichtet ab 1135 von Kaiser Lothar III aus Süpplingenburg, auch Grablege des Kaisers, vollendet von seinem Enkelkind Heinrich dem Löwen – hat aus damaliger Sicht  eine besondere symbolische Bedeutung: Ein Jäger stand für das „Böse“, ein Hase für das „Gute“. Auf jeden Fall öffnet das berühmte Jagdfries dem aufmerksamen Betrachter unserer Tage einen Raum vielfältiger Deutungen.

Das zerstörerische „Böse“ – zum Beispiel eine schlimme Krankheit, ein schmerzhafter Konflikt, ein brutaler Krieg – müssen nicht das letzte Wort behalten. Das Blatt kann sich wenden und unerwartet zum „Guten“ verändern.

Ein Aggressor zum Beispiel sollte seine Grenzen nicht überschreiten, indem er kein Erbarmen und keine Gnade, kein Recht und keine Souveränität, sondern nur seine Allmacht und Übermacht, imperiale Träume und Herrschsucht kennt. Ein Angegriffener, der zur Beute des Angreifers werden soll, kann nicht nur überleben, sondern den Aggressor auch in seine Schranken verweisen und sogar besiegen.

Allerdings zeigt das Jagdfries, worauf es ankommen kann:

Die Hasen sind bei allen Ängsten, die verständlich sind und auch Widerstandskraft motivieren können, keine „Angsthasen“, die einfach den Kopf einziehen, sich vom Acker machen und in die Büsche schlagen. Oder einen Kniefall vor dem Jäger machen, kapitulieren und einem Diktatfrieden zustimmen.

Auch scheinen sie keine „Mutbolzen“ zu sein, die sich selbst überschätzen und stolz vor Übermut den Angreifer unterschätzen. Und als „Illusionisten“ würden sie sich selbst nur täuschen, Enttäuschungen vorprogrammieren, indem sie auf süßes Gerede oder vergiftete Geschenke des Jägers hereinfielen. Oder als „Blauäugige“ gingen sie auf den Leim von Untergangspropheten, deren Schwarzmalerei und Propaganda.

Erfolgreicher, so eine mögliche Deutung des Jagdfrieses, ist wohl, dass sich „Hasen“, Angegriffene, zusammentun, zusammenhalten und zusammenbleiben, um sich  wehren und die tödliche Gefahr abwenden zu können. Dass die Hasen mit ihren Möglichkeiten und Mitteln – mit ihren Pfoten, Zähnen, eigenen und fremden „Stricken“ – den „Jäger“, den Angreifer, zu Fall bringen, um mit einem gebändigten und zurückgedrängten Jäger auf Augenhöhe und in Sicherheit und Selbstbestimmung  weiterzuleben.

Der Wille und die Tatkraft freiheits- und friedensliebender Hasen braucht jedoch auch die Hilfe anderer Hasen, die sich nicht gegenseitig ausspielen lassen. Sowie die Unterstützung von solidarischen Jägern, die die Notwendigkeit des Schutzes, der Verteidigung und des Erhalts von  Lebensräumen einsehen,  damit ein Leben in Freiheit und Würde trotz aller bleibenden Herausforderungen gelingen kann.

Burkhard Budde

Dummheit

Dummheit

Auf ein Wort

Dummheit

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Dummheit und Stolz 

Kennen Sie mehr einfältige und unbewegliche oder mehr kluge und anpassungsfähige Köpfe? Begegnen Ihnen häufiger die törichte Dummheit, die „Stultitia“, und seltener die widerstandsfähige Klugheit, die „Prudentia“?

Die Stultitia sägt zum Beispiel an einem Ast, auf dem sie sitzt – mal gemächlich, mal emsig; mal stur, mal frisch, fromm, fröhlich, frei. Sie schaut weder nach rechts oder links, weder in die Tiefe noch in die Höhe. Weder dampfende Bäume im Nebel noch Windstille, noch Windböen und Stürme können Stultitia aus der Ruhe bringen. Sie bleibt bei ihrer Meinung.

Auch die Frage der Prudentia, die sieht, dass sich Stultitia auf Dauer schadet, erschreckt sie nicht: „Warum denkst Du nicht an die Folgen deines Tuns?“ Doch Stultitia winkt ab, weil sie für Sprüche keine Zeit habe. Und heimlich denkt sie selbstverliebt: „Was bin ich doch für ein kluges Köpfchen!“ Und Prudentia kann weder mit Engelszungen noch mit argumentativem Klartext, geschweige denn mit dem Angebot eines offenen Gespräches etwas bewirken. Stultitia, frech und glücklich wie Oskar, ahnungslos und ignorant wie Bohnenstroh, bleibt grenzenlos dickköpfig und zugeknöpft. Und sägt und sägt. Wird Stultitia nur durch Erfahrung klug?

Eine Prudentia sitzt auf einem hohen Baum und schaut von oben herab. Sie sieht die fleißigen Ameisen, die Hügel bauen, den Boden durchlüften, Abfälle verwerten, Schädlinge bekämpfen und zur Vielfalt des Waldes beitragen. Sie beobachtet scheue  Rehe, die sich leise bewegen und ihre Duftnoten verbreiten und genüsslich Knospen und Triebe junger Bäume anknabbern. Bei selbstbewussten Füchsen fühlt sich Prudentia bedroht, da die sich tarnen, aber auch strategisch handeln und sich auf das Wesentliche konzentrieren können, wachsam und wehrhaft sind. Prudentia, die in ihrer Unnahbarkeit meint, etwas Besseres zu sein, weiß ganz genau, wie Ameisen, Rehe und Füchse zu leben haben.

Aber auch das gehört zum Wald des Lebens dazu: Die kluge Prudentia kann die Maske der dummen Stultitia   aufsetzen – und umgekehrt. Doch Dummheit („nichts besser verstehen und mehr wissen zu wollen“) und Stolz („ genug verstanden zu haben und zu wissen“) wachsen auf einem Holz, das morsch geworden ist – durch Eitelkeit und Wichtigtuerei, durch gespieltes Wissen und neidgetränkte Ichbezogenheit, durch feste Vorurteile und Angst vor Bedeutungsverlust.

Weder das dumme Ich noch das neunmalkluge Ich lassen sich von Förstern religiöser, politischer, historischer oder kultureller Bildung überzeugen. Der Änderungswille, der Wille zum (selbst-)kritischen und aufgeklärten Denken, zum Dazulernen und Neulernen, zum Kompromiss und zum Aushalten unterschiedlicher Meinungen, muss schon von Stultitia und Prudentia selbst ausgehen.

Damit Sophia, die Weisheit, folgenreiche Zusammenhänge zu erkennen und auch auf sein Bauchgefühl zu hören, in beiden eine Chance erhält und Herzens- und Menschenbildung ermöglicht. Und welche Ameise, welches Reh und welcher Fuchs schaufelte dann noch anderen eine Grube, in die man selbst hineinfallen kann?! Und läuft hartherzig mit dem Kopf gegen eine Wand, an der man sich nur Blessuren einholt?!

Burkhard Budde