Freundschaft
Auf ein Wort
Das Licht der Freundschaft
Von Burkhard Budde
Das Licht der Freundschaft
Nur ein kleines Licht? Ein Anruf kann wie ein kleines Licht wirken und Freude bereiten. Lange haben sie nichts voneinander gehört. Denn ganz oben auf der Tagesordnung ihres Lebens stehen Familie und Beruf, manchmal auch ihr Vereins- und Clubleben. Und doch ist es beim überraschenden Telefongespräch so, als hätten sie erst gestern miteinander gesprochen. Sie sind Freunde geblieben – trotz großer räumlicher Ferne und langer Funkstille. Das kleine Licht flackert nicht nur, sondern der Gesprächsfunke springt sofort über und entfacht Lichter aus gemeinsamen Zeiten. Die Freunde erinnern sich: Gemeinsam haben sie viel unternommen, erlebt und gelacht, sich gestritten und wieder versöhnt sowie unterschiedliche Meinungen und Wege ausgehalten. Weißt du noch?! Und die Chemie stimmt immer noch! Ihren Humor haben sie nicht verloren!
Das Licht der wahren Freundschaft erlischt nicht so schnell, ist nicht an Ort und Zeit gefesselt, will jedoch immer wieder neu – durch einen Anruf, einen Brief, eine Mail, eine Begegnung?! – brennen, um eine Beziehung nicht einschlafen oder erkalten zu lassen:
Damit vielmehr Vertrauen und Verschwiegenheit wachsen und sich Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft bewähren können– stets freiwillig und auf Gegenseitigkeit. Wenn es wirklich brenzlig wird, macht sich kein Freund vom Acker oder zieht den Kopf ein. Und wenn ein Freund in Abwesenheit von anderen auf die Anklagebank gesetzt wird, kann er mit der Unterstützung seines wahren Freundes rechnen, indem er sich für einen fairen und ehrlichen Umgang mit ihm einsetzt. Der alte lateinische Grundsatz „Audiator et altera pars“, „Auch die andere Seite ist zu hören“ lässt grüßen – und gilt auch für den Freund.
Natürlich bedeuten kontroverse Diskussionen unter Freunden keine Kündigung ihrer Freundschaft. Sie können vielmehr der Vertiefung und Stärkung ihrer Freundschaft dienen, weil das Fingerspitzengefühl und die kritische Analyse, vor allem aber das gegenseitige Wohlwollen bei der Suche nach Lösungen nicht geopfert werden.
Falsche Freunde verlangen bedingungslose Gefolgschaft; Scheinfreunde denken nur an die eigene Lust-, Nutzen- oder Vorteilsvermehrung. Sie sind „Freunde“, die ihren „Freund“ trickreich zu verzaubern vorgeben, ihre Not einfach wegzuzaubern versprechen oder ihn als Marionette benutzen wollen. Der wahre Freund jedoch kennt und erlebt das Licht einer Freundschaft, das angesichts der Dunkelheit und Finsternis von Feindschaft und Gegnerschaft ihre Beziehung besonders hell und mutig macht, nicht blendet und übermutig werden lässt; wärmer macht, nicht durch das Gift des Neides und der Gier verbrennt; ohne Worte laut redet, nicht vorlaut bevormundet; offen ist für neue Ziele und gemeinsame Erfahrungen, nicht für alte Kamellen, die im Hals stecken bleiben.
Vielleicht schafft dieses Licht der Freundschaft auch Lust auf neue Freunde – zum Beispiel auf Erfahrungen mit dem „Freund Gottes“ (Jes. 41,8), auf Abraham, der Gott als unsichtbaren Wegbereiter und Wegbegleiter erlebt hat. Oder auf Jesus, der als einzigartiges „Licht der Welt“ alle Menschen in die Freiheit und Verantwortung, Tiefe und Weite eines Lebens mit und vor dem liebenden Gott einlädt – aus Freundschaft zu Gott und dem Nächsten, die dem Leben im Vertrauen und der Vernunft im Lichte der Liebe eine immerwährende Zukunft schenkt.
Burkhard Budde






