
Glaube
Auf ein Wort
Suche gute Tugend: Glaube
Von Burkhard Budde

Auf ein Wort
Suche gute Tugend: Glaube
Ist die alte christliche Tugend Glaube heute noch alltagstauglich und lebensdienlich?
Nimmt der Kreis der Leugner Gottes, der Skeptiker Gottes, der Gegner Gottes, der Ignorierer Gottes zu? Haben sich Gottsucher und Gottdeuter aus der Öffentlichkeit verabschiedet? Fristet der lebendige Glaube an einen persönlichen Gott, der in einem Gläubigen wirkt und ihn prägt, trägt und erneuert, die Welt sogar verändert, ein Nischendasein? Ist der Glaube durch Vernunft und Wissenschaft sowie durch Kritik an kirchliche Autoritäten entzaubert worden? Oder kann christlicher Glaube als ein erneuertes und neues Angebot Menschen, die in der Moderne leben, wieder neu erreichen und „verzaubern“, eine Deutungshilfe, vielleicht sogar Lebenskraft sein?
Immer wieder fragen Kritiker Gottes angesichts großer und kleiner Katastrophen, von Kriegen und Konflikten, von Leid und Tod: Wo warst du, „allmächtiger Gott“?! Wie konntest du das zulassen, „barmherziger Gott“?! Warum bin gerade ich betroffen, „gerechter Gott“?!
Auf der Straße des Lebens gibt es viele überraschende Stolpersteine, die wachrütteln und die Balance gefährden, existenzielle Schlaglöcher, die Gewissheiten brüchig und rissig machen, aber auch tiefe Abgründe des Bösen, der Gewalt, des Hasses und der Grausamkeiten, die sich nicht selten als „notwendig“ und verführerisch, als „schöne und befahrbare Straßen“ tarnen.
Aber der gelebte Glaube an Jesus Christus ist keine blinde und ziellose oder wahnsinnige und zerstörerische Geisterfahrt einer Moral, die die Vernunft unvernünftig macht, eines Dogmas, das das eigene Denken verbietet, einer Tradition, die verkrustet und leer ist – keine Bevormundung, kein Zwang, keine Unmündigkeit.
Gelebter Glaube ist auch nicht mit einem Oldtimer zu vergleichen, der eigentlich überflüssig geworden ist, wenig alltagstauglich und bei Auseinandersetzung mit dem kritischen Denken wenig hilfreich.
Ein denkender Glaube, der weit genug denkt, ist zudem kein leichter Weg, kein Königsweg eines leid- und konfliktlosen Lebens ohne Widersprüche, Spannungen, Ohnmachtserfahrungen, Brüche und Rätsel. Denken wir nur an Jesus im Garten Gethsemane vor seiner Kreuzigung, der leidet, Angst hat, zweifelt, sich jedoch im Gebet hin zum Willen und in die Hand Gottes bewegt: „Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ Und keine Erklärung, aber das Geschenk der letzten Geborgenheit, die unsichtbare und mittragende Hand Gottes, erfährt, Trost, Zuversicht und Kraft – trotz allem. Ohne den Glauben, ohne Gottvertrauen auf Sinn – wenn auch (noch) versteckt – wäre nur nackte Verzweiflung geblieben, eine Absurdität des Leidens.
Gott kennt keinen absurden Unsinn. Wenn er dem Menschen, seinem geschaffenen „Partner“, die Wahlfreiheit zwischen Verantwortung im Geist der Liebe und dem Bösen im Geist der Zerstörung geschenkt hat, sollte man ihn nicht zu einem Blitzableiter machen, wenn der Wagen des Friedens und der Freiheit zum Beispiel von Diktatoren vor die Wand gefahren wird. Denn Gott kann dem Menschen nicht gleichzeitig Freiheit geben und nehmen, wohl aber den Menschen eines Tages zur Rechenschaft ziehen.
Christlicher Glaube ist – siehe das Beispiel Jesu – zugleich ein spiritueller Energielieferant durch das Gebet und ein spiritueller Beziehungsmotor durch das Hören auf sein Wort. Seine Botschaft bietet zwar keine einfachen Lösungen in aktuellen Fragen, wohl aber ist sie ein Hinweisschild, eine Haltung, sich für die Würde aller Menschen sowie für ihre Freiheit in Sicherheit, für einen gerechten und stabilen Frieden einzusetzen – in der Welt und vor der eigenen Haustür.
Burkhard Budde