Abenteuer Bahn

Abenteuer Bahn

Abenteuer Bahn

2,5 Stunden später

Von Burkhard Budde

 

Abenteuer Bahn 

Rekordverdächtig:

2,5 Stunden später 

Bleibt die Bahn eine Alternative zum Auto? Wird die Bahn im Wettbewerb mit anderen Verkehrsmitteln um Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und Service bestehen können? 

Gäste der Nordbahn – 180 Personen, darunter viele Kinder – erlebten am 28. Oktober 2025 um die Mittagszeit eine Überraschung. Auf der Strecke von Hamburg-Altona nach Westerland (Sylt) gab es einen unfreiwilligen Stopp. 

Der RE 6 musste etwa 90 Minuten auf freier Strecke halten, weil – so eine Mitarbeiterin der Bahn – ein Leitungskabel eines Stellwerkes zerstört worden sei. 

Was tun hinter dem Ort Heide und vor dem Ort Lunden? Wer rechts aus dem Fenster des freiwillig und mit vielen Hofffnungen gewählten „Gefängnisses“ schaute, sah eine wunderschöne Wiese, dahinter konnten fahrende Autos gewisse Neidgefühle bedienen.

Wer aus dem linken Fenster des fast überhitzen Waggons blickte, entdeckte den „Fortschritt“, ein Feld mit Solarzellen, dahinter Windmühlen, die nicht so richtig in Schwung kamen. 

Die Sonne, die neugierig zwischen den dunklen Wolken mitfühlend lächelte, ermutigte, über das Motto „Zurück zur Natur“ nachzudenken. 

Da störte nur die ersehnte Stimme der Schaffnerin aus dem Lautsprecher, einer Errungenschaft der modernen Welt: „Ich habe immer noch keine gute Nachricht. Leider, leider…Wir müssen uns auf andere verlassen, wie es weitergeht“.

„Hannover“, meinte sie, dort werde eine Lösung gesucht. 

Die Nerven lagen bei vielen blank. Doch erstaunlicherweise ließ sich kaum jemand etwas anmerken. Nur Kinder fingen an, sich kennenzulernen und miteinander zu spielen. 

Und eine Mitfahrerin beruhigte: „Das passiert der Bahn hier häufiger.“ 

Dann das erlösende Wort aus dem Lautsprecher: „Es geht weiter.“ Zwar mit Schrittgeschwindigkeit – „nicht mit voller Pulle“ – , mit weiteren Stopps, da an 15 Bahnübergängen „mit der Hand“ gesichert werden musste. 

Dennoch Applaus bei der ersten Bewegung des Zuges, zuverlässig im Schneckentempo – mit zuverlässiger Verspätung. 

Die Schaffnerin nannte dann noch starke Argumente, die für die Bahn sprechen würden: Licht, Wärme und natürlich auch Toiletten. Und war zum Schluss glücklich, dass alles so gut gemeistert werden konnte. 

Doch wohl dem, der keine festen Termine hatte. Und das Auto in der Garage sicher zurückgelassen hat und auf andere Verkehrsmittel verzichten konnte. 

Da helfen wohl nur bissige Ironie und Galgenhumor, der einen langen Atem sowie Engelsgeduld beflügelt. 

Burkhard Budde

Besonderer Friedhof

Besonderer Friedhof

Besonderer Friedhof

Heimat für Heimatlose

Von Burkhard Budde

Heimat der Heimatlosen 

Eine überraschende Besonderheit und nur auf der Insel Sylt:

Eine eigenständige Friedhofsanlage als letzte Ruhestätte für namenlose Seemänner, die an den Stränden von Sylt angespült worden waren und nicht identifiziert werden konnten.

Der einmalige Friedhof wurde 1854 angelegt; 1855 wurde der erste unbekannte Seemann bestattet; 1905 gab es die letzte Bestattung.

Heute liegen hier 53 Seeleute. Jeder einzelne Tote hat ein Kreuz mit konkretem Datum und des genauen Fundortes erhalten.

Zu sehen ist auch ein Gedenkstein mit der letzten Strophe des Liedes „Heimat für Heimatlose“ des Oberhofpredigers Dr. Kögel aus Berlin, den 1888 die rumänische Königin Elisabeth gestiftet hatte.

Der Friedhof befindet sich in der Nachbarschaft der katholischen Kirche St. Christophorus in Westerland, die 1957 erbaut und eingeweiht wurde; nahe der Innenstadt.

Der ausschließlich für namenlos Heimatlose angelegte Ort erinnert an die Gefahren der Seefahrt im 19. Jahrhundert, mahnt aber in seiner Schlichtheit auch ohne moralischen Zeigefinger, human zu bleiben.

Vor allem strahlt der historische Ort der Würde individuelle Würde aus, die über den Tod eines Menschen hinaus auf die Lebenden ausstrahlt.

Selbst ein Namenloser hat einen Namen und behält ihn, da sein Schöpfer ihn nicht vergisst. Und er im Buch des Lebens unauslöschlich geschrieben steht.

Burkhard Budde

Ergänzend sei erwähnt, dass 1890 ein „Namenloser“ später identifiziert werden konnte: Harm Müsker erhielt an seiner letzten Ruhestätte eine Gedenktafel mit seinem Namen, der aktuell leider nicht lesbar ist; die Spuren der Zeit haben die Inschrift unkenntlich gemacht.

Sylturlaub

Sylturlaub

Urlaub auf Sylt –

ein bsonderes Erlebnis

Von Burkhard Budde

Urlaub auf Sylt

– ein besonderes Erlebnis  

Nur selten – auch mit noch so festen Klischees – können „Reiche“, „Schöne“ und „Prominente“ entdeckt werden. Nur die vielen Kunstgalerien in Westerland – Hauptort der Insel Sylt – signalisieren eine reiche Käuferschicht, auf die geduldig gewartet wird.

Die meisten der von der Öffentlichkeit Geadelten, der Möchtegern-Geadelten oder der aus dem altem Geldadel Stammenden scheinen die kleineren Orte Keitum, Kampen oder List abseits der vielen Touristenströme vorzuziehen, wo sie in Friesenhäuser mit Reetdächern für relativ kurze Zeit im Jahr oder in Luxushotels unter sich sind.

Und in diesen Orten, die bestaunt werden können, sind Mieten und Kaufpreise besonders stark gestiegen, so dass Einheimische und Arbeitskräfte kaum eine Chance haben, hier bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Dennoch ist und bleibt Sylt für die Mehrheit der Urlauber aus ganz Deutschland mit normalem Gehalt oder Einkommen ein attraktiver, faszinierender und anziehender Urlaubsmagnet mit vielen Alleinstellungsmerkmalen:

Zum Beispiel neben dem gesunden Klima, der friesischen Kultur und Sprache

– der feine und weiße Sandstrand, der etwa 40 Kilometer lang ist;

– die Wanderdünen und Heidelandschaften;

– die Erreichbarkeit mit dem (Auto-)Zug über den Hindenburgdamm oder per Fähre oder Flugzeug;

– der spannende Kontrast von städtischem Leben und fast unberührter Natur, von Luxus und bunter Vielfalt.

Dann sparen Urlauber gerne nicht am Urlaub, aber zeitweise als Selbstversorger im Urlaub.

Und können sich zu jeder Jahreszeit am Meer von rauschenden Wellen verwöhnen lassen, weil die heimliche Sehnsucht nach unbegrenzter Weite, unbekannter Tiefe, ungewöhnlicher Dynamik und unerwarteter Verschmelzung des Lebens mit neuem Leben gestillt wird.

Burkhard Budde

Ehrlichkeit

Ehrlichkeit

Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Ehrlichkeit

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Ehrlichkeit 

Ist die Tugend Ehrlichkeit wirklich alltagstauglich und lebensdienlich? Gefordert wird immer wieder eine „ehrliche Debatte“ in der Politik, aber auch „mehr Ehrlichkeit“ in den Beziehungen. In der Tat brauchen sowohl eine liberale Demokratie als auch eine gute Beziehung Ehrlichkeit wie die Luft zum Atmen, wenn Vertrauen und Zutrauen wachsen sowie Probleme nicht verleugnet oder verdrängt werden sollen. Und keiner in ein Kartenhaus der Regelungsillusionen und Selbsttäuschungen oder der Moralromantik und der Geheimniskrämerei flüchten will.

Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit stehen am Anfang eines begründeten Vertrauensverhältnisses – nicht Lug und Trug oder verlogene Macht- und Intrigenspiele. Transparenz zum Beispiel entlarvt den Mächtigen, der über Leichen geht und andere Menschen instrumentalisiert bzw. zu zerstören beabsichtigt oder den Heiratsschwindler, der Liebe vortäuscht, um sein eigenes Süppchen kochen zu können. Ohne ein faires Kartenspiel mit verbindlichen Regeln verführt ein Meister der Fälschung, der mit gezinkten Karten spielt, den Leichtgläubigen, den er zugleich ausnutzt und verspottet. Und wenn ein Scheinheiliger sich hinter der Maske der Frömmigkeit versteckt, muss er noch lange nicht fromm sein, sondern kann – wenn er nicht durchschaut wird – sein manipulatives Netz von Halbwahrheiten und hohler Scheinliebe erfolgreich auswerfen, in dem Opfer hinters Licht geführt werden und die Hölle erleben können.

Ehrlichkeit hat jedoch eine Schwester, die Lüge, die über viele Gesichter und kommunikative Leistungen verfügt. Manche ächten und verachten sie – zu Recht, wenn sie Böses im Schilde führt und absichtlich lügt, dass sich die Balken biegen; wenn sie gierig ungezügelt trickst, täuscht und schummelt, um den eigenen Profit und Erfolg zu maximieren; wenn sie den Erfolg eines Mitmenschen beneidet und mit Falschgeld quittiert, indem sie dennoch lobt und applaudiert; wenn sie falsche Behauptungen wider besseren Wissens hinter einer freundlichen Maske verbirgt und kritische Beobachter keinen Widerspruch anmelden, weil sie sich sonst um sachliche Aufklärung, die anstrengend ist, kümmern müssten;

zu Unrecht jedoch, wenn die Lüge – als Schwester der Ehrlichkeit – aus Liebe zu einem Mitmenschen die „nackte Wahrheit“, die wohl keiner immer wirklich kennt, aus humanen Gründen verschweigt oder die konkrete Situation „nur“ umschreibt, weil sie z.B. einem Kleinkind den Glauben an den Weihnachtsmann nicht einfach nehmen will; weil der schwerstkranke Mensch eine Resthoffnung behalten soll; weil ein Mitmensch nicht einfach durch Wahrheitsfanatismus das Gesicht verlieren soll; weil eine Beichte ohne persönliche Verantwortungsübernahme häufig eine Beziehung zerstört; weil naive Offenheit um jeden Preis alles und alle vergiften kann und niemandem hilft, sondern vieles verschlimmert.

Die Schwestern Ehrlichkeit und Lüge wollen weder Wahrheitsfanatikerinnen ohne Empathie noch Machtfrauen ohne Fairplay sein. Sie wollen auch selbst nicht belogen werden. Sie wissen, dass sie nur im aktuell Konkreten das Richtige, ihre Verantwortung entdecken können. Dafür müssen sie jedoch ohne Schauspielerei und Selbstgerechtigkeit miteinander sprechen. Am Ende sind sie kluge Lebenskünstler, nicht die Dummen, wenn sie einen verantwortbaren Kompromiss zwischen notwendigem Schein und realem Sein gefunden haben, der dem gemeinsamen Leben auf der ständigen und ehrlichen Suche nach Wahrheit dient.

Burkhard Budde

Ordnung

Ordnung

Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Ordnung

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Ordnung 

Ist die alte Tugend Ordnung heute noch alltagstauglich und lebensdienlich? Hat das Sprichwort aus dem 19. Jahrhundert „Ordnung ist das halbe Leben“ im 21. Jahrhundert eine neue Brisanz und Relevanz bekommen? Und welche Bedeutung hat die Unordnung als andere Lebenshälfte?

Wenige werden widersprechen, dass zum Leben Ordnungen gehören. Denn wer möchte schon im Dschungel der Regellosigkeit leben, in dem Angst vor Ellenbogen und Fäusten, Schläge unter die Gürtellinie, aber auch Korruption und Misswirtschaft, Lug und Betrug herrschen? In dem der Einzelne ein beliebiger Spielball der Stärkeren ist und willkürlich auch über Minderheiten geherrscht wird?

Aber wer will andererseits sein Leben in einem Käfig voller Regulierungs- und Kontrollwut fristen? Wer will ständig mit einer Schere im Kopf herumlaufen, um nur nichts „Abweichendes“ von der Regel zu sagen, nichts „Unkorrektes“, nichts „Provozierendes“? Und böse Blicke und bissige Kommentare oder gar kalte Ausgrenzung ernten, wenn er sich nicht stur an eine eigentlich überflüssige Regel hält? Und wer trägt schon gerne ein Korsett von Vorschriften, in das Paragrafenreiter und ideologische Schlaumeier ihn gesteckt haben, das einengt und unbeweglich macht, die Freude am Leben und die Luft zum Atmen nimmt?

Und gibt es nicht – politisch gesehen – einen fundamentalen Unterschied zwischen einer autoritären und totalitären Ordnung mit giftiger Propaganda sowie knallharten Hierarchien auf der einen Seite und einer demokratischen und freiheitlichen Ordnung mit freien Medien und unabhängigen Gerichten sowie souveränen Individuen und Wahlmöglichkeiten auf der anderen Seite – bei allem Reformbedarf auch liberalen Demokratien gegenüber?

Jenseits einer Dschungel- und Käfigordnung macht Ordnungsliebe Sinn, wenn sie zu keiner Ordnungssucht oder zu einem autoritären Chaos mit scheunentorweiten Lücken in Gesetzen führt. Wenn sie vielmehr klugen und umsetzbaren Regeln und Strukturen, vor allem dem Menschen und der Gemeinschaft bzw. Gesellschaft dient: So viel sinn- und einheitsstiftende Ordnung wie nötig und so viel an die Verantwortung gebundene Freiheit wie möglich. Eine solche offene, aber regelbasierte Ordnung ist wie ein Geländer, das Halt gibt, wenn der Einzelne ins Wanken gerät. Wie ein Rahmen, der eine Perspektive des Zusammenhalts, der Zusammenarbeit oder des Zusammenbleibens gibt, wenn alle sich an Recht und Gesetz halten.

Allerdings kann diese lernende Ordnung die persönliche Rechenschaftspflicht, Verlässlichkeit und Integrität nicht ersetzen. Eine dienende Ordnung atmet den Geist der Aufklärung, wenn sie freiwillig und aus Einsicht von möglichst vielen gelebt wird, weil sie ohne Fesseln auskommt, aber sinnvolle, verhältnismäßige und zumutbare Bindungen bejahen lässt sowie Kreativität und Fortschritt, Flexibilität und Resilienz ermöglicht.

Eine menschengerechte Ordnung atmet zudem den Geist der Goldenen Regel, wenn sie zugleich die individuelle Würde und das friedliche und gedeihliche Miteinander auf Augenhöhe stärkt: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen. “ (Lk 6,31)

Wenn der Wind des Wandels weht, sind nicht selten neue Regeln notwendig. Aber es muss ja nicht immer gleich ein engmaschiges Netz von starren Regeln sein. Manchmal müssen auch alte Regeln weichen, weil neue oder weniger Regeln effektiver sind, um den Wind für eine anziehende und ausstrahlende Ordnung zu nutzen, die die Tür zu einer gemeinsamen Zukunft sowie einem gelingenden (Alltags-) Leben öffnet.

Burkhard Budde