Auf ein Wort
Nicht nur am 11.11.
Am 11.11. um 11.11 Uhr feiern Narren den Beginn des Faschings. Wäre die Welt anders, wenn es keine „närrische Zeit“ gäbe – noch trauriger, humorloser, orientierungsloser, zukunftsloser?
Wenn nur noch selbstgerechte Meckerziegen an fürstlich gedeckten Tischen des Lebens sitzen würden, die sich über die Leckerbissen beschwerten und andere Geschöpfe von ihren Futtertrögen wegschubsten und sie an Katzentische verbannten.
Wenn nur noch mächtige Elefanten mit ihren Allmachtsträumen im Supermarkt des Lebens das alleinige Sagen hätten sowie das Porzellan des Mit- und Feingefühls und der Menschlichkeit zertrampelten?
Wenn nur noch giftige Schlangen mit ihren heuchlerischen Häutungen die Oberhand hätten und Lügen als süße Wahrheiten verkauften, aber in Wirklichkeit nur an eigene Interessen dächten?
Und störrische Esel mit ihrer Dummheit und Trägheit Ziegen, Elefanten und Schlangen auf den Leim gingen?
Die Narrenzahl 11, seit dem Mittelalter die Zahl der Narren, kann Mut machen: Alle Menschen sind Geschwister und stehen wie 1 und 1 gleichwertig und einträchtig nebeneinander, sind vor dem Gesetz gleich, haben eine angeborene Würde, die sie nicht verlieren. Alle Menschen sind jedoch auch Gefährdete, weil die 11 als Primzahl – wie manche glaub(t)en – außerhalb der göttlichen Ordnung – der 10 Gebote – steht.
Doch die Narrenkappe kann schwärmerischen Übermut, abgehobenen Hochmut und falsche Demut überwinden helfen. Die Kopfbedeckung der Narren nimmt zeichenhaft vorweg, was noch kommen soll: Gleichheit und Eintracht, Vielfalt und Einheit, Freiheit und Toleranz, Frieden und Gerechtigkeit. Die „Kapp“, die vor Heimatlosigkeit schützt und Sehnsüchte verbirgt, kündigt zugleich Offenheit und Veränderung an.
Wenn es den Narren nicht geben würde, müsste man ihn erfinden. Wie Till Eulenspiegel („Dil“) damals seinen Mitmenschen den Spiegel der Wahrheit („Speigel“) vor Augen gehalten hat, um sie zu öffnen, können noch heute Narren, wirken: Sich selbst und andere von Augenwischerei der Doppelmoral und Spießigkeit, des Größenwahns und der Selbstsucht zu befreien, vor allem von dem Selbstbetrug, als wenn ein Mensch – auch kein Diktator – ewig leben würde.
Das Leben eines jeden Menschen bleibt geschaffen und einmalig, begrenzt und endlich, deshalb zu kostbar und zu wertvoll, ohne „verkehrende“ Späße und belebenden Humor seine Tage zu zählen. Mit spitzer Zunge können gespaltene Zungen „eitler Affen“ offenbar werden. Mit der Feder einer Eule („Ule“) können der Staub der Denkfaulheit und Unbeweglichkeit abgewischt („abgeult“) werden. Und mit den Augen einer Eule können Informationen zu Erkenntnissen, Erkenntnisse zu Weisheiten und diese zur Menschlichkeit werden.
Einem hochnäsigen „Korinthenkacker“, der „quarkte“, wenn er auf seiner selbstgerechten Besserwisserei herumritt, hat der damalige Spaßvogel wohl den nackten Po als „Wertschätzung“ seiner Kleinlichkeit und Humorlosigkeit gezeigt. Der weise Narr unserer Tage überlegt, ihm eine lange Nase zu drehen, damit er nicht mit seiner Hybris auf die Nase fällt. Und zwar nicht nur am 11.11..
Burkhard Budde