Wahre Liebe

Wahre Liebe

Moment mal

Wahre Liebe

Von Burkhard Budde

Moment mal

Wahre Liebe 

Gibt es wirklich keine wahre Liebe? Sollte ein frisch Verliebter lieber schweigen? Weil das Wort zu häufig als unvernünftige Schwärmerei missverstanden oder sogar als heuchlerische Doppelmoral missbraucht worden ist? Weil das Wort Liebe wie andere Container-Worte mit ganz unterschiedlichen Verständnissen gefüllt werden kann, jeder etwas anderes darunter versteht? Weil „Liebe“ wie ein Staubsauger wirkt, alles aufsaugt und keine Unterschiede mehr wie Überraschendes und Langweiliges, Faszinierendes und Schreckliches kennt? Zeigt sich „wahre Liebe“ nur noch auf der musikalischen, künstlerischen, literarischen und sportlichen Bühne? Führt sie ansonsten ein verstecktes Nischendasein zweier glücklich, aber nicht auf Dauer verliebten Menschen?

Selbst in einem kirchlichen Traugesetz ist im Blick auf die Gestaltung des gemeinsamen Lebens „zweier Menschen“ nur noch von „gegenseitiger Achtung“ die Rede – nicht von „Liebe“. Ist die Sehnsucht nach einer dauerhaften und romantischen Liebesehe ein bisschen peinlich, die „Vernunftehe“ ohne Illusionen und Selbsttäuschungen vernünftiger, weil nachhaltiger?

Es gibt Menschen, die dennoch mutig an die wahre Liebe glauben – innerhalb und außerhalb einer Ehe, aber auch in anderen Beziehungen. Weil ihre Herzen brennen, ihre Vernunft leidenschaftlich geprägt ist, sie sich nach Nähe und Gemeinschaft, Sicherheit und einer glücklichen Partnerschaft sehnen. In dem Wagnis ihrer Liebe ereignet sich erfüllender Sinn. Und neuer Sinn wird in der liebenden Verantwortung Füreinander und Miteinander sowie im Teilen vieler Gemeinsamkeiten entdeckt.

Manchmal scheint sich in ihrer Liebe die Liebe Gottes widerzuspiegeln: Die göttliche Liebe, die vorauseilt, bedingungslos und grenzenlos ist, bewegt den Liebenden in den Horizont eines Lebens, der kein Ende, nur Neuanfänge kennt, der die Ferne in Nähe verwandelt, Geborgenheit und Weisheit schenkt. Denn  „Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1.Joh 4,16b)

Dann ist selbstbezogene Herzlosigkeit zwar mächtig, aber verantwortungsvolle Liebe als der Herzschlag allen wahren Lebens mächtiger, weil schöpferischer und unvergänglicher. Und liebevoller.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 2. Juli 2022 in der Kolumne „Moment mal“  und im Wolfenbütteler Schaufenster im Landkreis Wolfenbüttel am 3. Juli 2022 in der Kolumne „Auf ein Wort“

Kommentiert

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Moment mal

Kritische Fragen

Von Burkhard Budde

„Gegenteil von Inklusion“

Leserbrief in die WELT 

„Ferda Ataman steht für das Gegenteil von Inklusion“ so lautet die Überschrift des Kommentars der WELT Redakteurin Anna Schneider vom 17.6. 2022. Auch der F.A.Z. Redakteur Jasper von Altenbockum sieht die geplante Berufung Ferda Atamans zur Leiterin der Antidiskriminierungsstelle im Familienministerium kritisch (F.A.Z. vom 23. Juni 2022). Die Aktivistin Ataman, die Deutsche als „Kartoffeln“ bezeichnet habe, habe in der Migrationsdebatte den auch von ihr gepriesenen „Zusammenhalt“, der gefördert werden müsse, immer wieder einen Bärendienst geleistet. 

Die WELT veröffentlicht am 23. Juni 2022 den folgenden Leserbrief, der sich auf den Kommentar von Anna Schneider bezieht; hier ungekürzt:

„Fragen seien gestattet: Spielen bei der Besetzung öffentlicher Ämter Eignung, Leistung und Befähigung de facto keine Rolle mehr? Wird (fast) nur noch nach „Gesinnung“ und „Gruppe“, nach der Zugehörigkeit zur eigenen Klientel gefragt?

Triumphieren und verfestigen sich neues Schubladendenken, das sortiert, ein- und aussortiert, Entwicklungen unterdrückt sowie neues Etikettendenken, das Menschen auf einen Aspekt reduziert, festlegt und abstempelt – und das im Namen von Humanität und Integration?

Haben Leistungsfähigkeit, -bereitschaft und -möglichkeit im Einklang mit einem Amt und zugunsten einer Aufgabe keine realen Chancen mehr? Wird sich unsere Gesellschaft zur Gruppengesellschaft zurückentwickeln; unser Staat zum Selbstbedienungsladen weiterentwickeln – von Menschen, die Quoten, Proporzen und Regionen als Machtinstrumente missbrauchen? Werden Identität, Moral und Gesinnung über Integrität, Charakter und Kompetenz siegen?

Wird Diskriminierung mit (neuer) Diskriminierung bekämpft? Sollen freie Menschen zu genormten Menschen erzogen werden, zum „korrekten“ Denken und Verhalten? Wo bleiben individuelle Würde und persönliche Verantwortung, freie Entscheidung und der Einsatz des Einzelnen zugunsten des Gemeinwohls, wenn die ideologische Gleichmacherei und die Macht von Netzwerken und Seilschaften zur Bürde und Hürde geworden sind?“

Burkhard Budde

 

Gute Schule

Gute Schule

Moment mal

Gute Schule

Von Burkhard Budde

Moment mal

Gute Schule 

Beim Thema „Schule“ sind fast alle Experten. Jeder hat seine eigenen Erfahrungen gesammelt, seine eigenen Vorstellungen und Erwartungen. Manche Experten haben die Penne oder Bildungsanstalt als Spaßschule mit Schmuseecke und Kuscheleinheiten erlebt; andere als Paukschule mit Drill und Druck; wieder andere als Brennpunktschule mit täglich kämpfenden Lehrern und stark verhaltensauffälligen Klassenkameraden. Auch gibt es Erinnerungen und Wahrnehmungen mit Lern-, Lehr- und Lebensschulen, in denen Schüler neben Wissens-, Werte- und Kompetenzvermittlung in ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden, um gut auf „das Leben“ vorbereitet zu sein.

Ich selbst kenne einen guten Lehrer: Er versucht, jedem Schüler mit Respekt, Wertschätzung und Fairness zu begegnen und ihn zum lebenslangen Lernen, zur Sprach-, Dialog-, Argumentations- und Gemeinschaftsfähigkeit zu befähigen. Er ist weder Gegner noch Kumpel der Schüler, sondern ein menschlich kompetentes Gegenüber mit einem offenen und selbstkritischen Geist. Er brennt für sein Fach und seine Aufgabe. Sein ehrgeiziges Ziel ist es, fachliches und soziales Lernen zu ermöglichen, Schüler zu erziehen, aus der Unwissenheit, Unmündigkeit und Verführbarkeit herauszuführen und in das kritische, eigenständige und verantwortungsvolle Denken hineinzuführen.

Auch kenne ich einen guten Schüler: Er lernt gerne, weil er vieles – auch das Lernen – lernen will. Weil er einen Lehrer erlebt, der weder Dompteur noch Feind noch Weichei ist, sondern zugleich Erzieher und Wissensvermittler, der ihn persönlich wertschätzt, mag und durch begründetes Fordern gezielt fördern will. Der Schüler erfährt, dass vor allem seine Leistung und weniger seine Person beurteilt wird. Der Schüler ist motiviert, nicht nur von Fakten oder gar von Fake News im Internet zu leben, sondern vom Wissen und von Einsichten im eigenen Kopf.

Und ich kenne gute Eltern: Sie wissen, dass die Schule kein Reparaturbetrieb für eigene pädagogische Versäumnisse sein kann und nicht mit überehrgeizigen Zielen überfrachtet werden sollte. Dass sie vielmehr als verständnisvolle Begleiter und konstruktive Unterstützer ihrer Kinder das Schulgeschehen mitverantworten sollten.

Alles nur Kopfgeburten? Es gibt keine mathematischen Formeln für das „Gute“. Aber nie sollte das Menschliche unter die Räder geraten und eine Seele verletzt werden. Die Gesellschaft sollte der Schule mit Achtung und Unterstützung begegnen – weil schulische Bildung eine ihrer Grundlagen ist und sie keine selbstgerechten Sturköpfe, sondern bewegliche und intelligente Köpfe mit brennenden Herzen und helfenden Händen braucht.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 25.6.2022 in der Kolumne „Moment mal“

 

Krankheit

Krankheit

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Türöffner Krankheit

Von Burkhard Budde

Moment mal

Krankheit als Türöffner

Eine Krankheit, die sich kein Mensch wünscht, jeder möglichst schnell überwinden möchte, mit der manche lange leben oder scheinbar vergeblich kämpfen, ist ein Angriff auf den ganzen Menschen –  auf seine Seele, die verletzt ist, auf seinen Geist, der betrübt ist, auf das soziale Miteinander, das verunsichert ist, auf seine Gewohnheit, die vertrieben ist. Das menschliche Selbstbewusstsein ist in Frage gestellt, wenn die Hilfe anderer notwendig und das Gefühl immer mächtiger wird, der neuen Situation ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Es ist nicht witzig, kein Scherz, viel Stress, Frust und Schmerz, wenn brennende Fragen im ausgebrannten Herzen wie Stichflammen wirken: Ist denn wirklich alles – auch ich selbst – vergänglich, alles eitel – auch meine Selbstwahrnehmung-, alles umsonst – auch meine Verdienste -, alles sinnlos – auch mein Leben? Und warum gerade Ich?! Warum jetzt?!

Doch eine Krankheit kann auch ein Schlüssel sein, mit dem neue Räume des Dankens und Denkens geöffnet werden: Denn nichts ist selbstverständlich, auch nicht die Zuneigung und Liebe anderer. Und nichts Irdisches ist ewig, auch nicht Macht, Reichtum und Ruhm.

Im einmaligen Raum der begrenzten Lebenszeit können Menschen zugleich Anstrengendes und Befreiendes entdecken – trotz oder gerade wegen ihrer Krankheit, zum Beispiel ein gereiftes Leben mit Tiefgang, mit neuem Verstehen, Verständnis und Verständigung, mit überraschender Lebensfreude durch erneuerte Gemeinschaft.

Der Einzelne kann damit beginnen, sein Leben selbstkritisch zu betrachten, um es dann  loszulassen, indem er es einer unsichtbaren, aber offenen Hand anvertraut. Und ihr zutraut, alles zu verwandeln. Einer Hand, die zwar nicht immer mit der Vernunft begreifbar ist, aber im Gott- und Christusvertrauen auf letzte Geborgenheit und letzten Sinn ergriffen werden kann.

Völlige Windstille der Gleichgültigkeit, aber auch orkanartige Stürme der Wut sowie  ein wechselhaftes Wetter mit Zweifeln können die ewige und versöhnende Schöpferhand allen Lebens nicht vertreiben. Mit dem Schlüssel des Glaubens und der Liebe lernen kranke Menschen, ihre Situation anzunehmen. Und darauf zu vertrauen, geschwind und froh wieder auf die Beine zu kommen. Weil ein Strahl des ewigen Lichtes sie in ihrer Dunkelheit nicht verzweifeln lässt. Und selbst das Ende eines Kampfes ein neuer Anfang sein kann.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 18.6.2022 in der Kolumne „Moment mal“

 

Gerd Winner

Gerd Winner

Moment mal

Zweiter Blick

Von Burkhard Budde

Einladung, spirituelle Erfahrungen zu sammeln

Zweiter Blick erforderlich

Winner-Ausstellung in Bad Gandersheim

Kunst brauche Zeit und sei auf Dauer angelegt, sagte der bekannte Maler und Kunstprofessor Gerd Winner aus Liebenburg anlässlich der Eröffnung seiner Ausstellung „Unterwegssein-Kreuzlabyrinth“ in der Stiftskirche in Bad Gandersheim am 10. Juni 2022. Seine Kunst brauche einen „zweiten Blick“, ermögliche jedoch durch „wiederkehrende Blicke“ spirituelle Erfahrungen.

Geplant ist ein Labyrinth vor der Stiftskirche, dass auf Stahlbahnen von außen bis zum Mittelpunkt auf rund 200 Metern begehbar ist. Gesucht werden allerdings noch Sponsoren. Das „Chartres des Nordens“ soll bis zur Landesgartenschau 2023 fertiggestellt sein.

Die Ausstellung, die bis zum 4.September „erlebbar“ ist, verbinde „Hoffnungen des Glaubens“ (Gerd Winner). Darauf wies auch Pröpstin Meike Bräuer-Ehgart hin: „Das Labyrinth, ein klassisches und zeitloses Thema, eröffnet eine Perspektive in die Zukunft hinein.“ Und es lohne sich, sich auf den Weg namens „Labyrinth Leben“ zu machen.

Pfarrer Dr. Christopher Kumitz-Brennecke würdigte die künstlerische Botschaft Winners. Die „Stadt“ sei sein prägendes Motiv gewesen; „Verkehrsschilder“ seien Versuche, die Welt zu ordnen, aber selbst zerbrechlich; „Kreuzungen“ als Zeichen des Leidens zugleich Zeichen der Hoffnung. Und das Labyrinth? Ein Weg, der vorgegeben sei, chaotisch wirke, aber zum Ziel führe, so Kumitz-Brennecke, wenn alles Fragen zum Ende komme und „einer mich in die Arme nimmt.“

Burkhard Budde

Gerd Winner (2.v.l.) mit Senatorin a.D. Kathrin und Horts Weiher sowie dem Autor kurz vor der Vernissage.

Die Stiftskirche in Bad Gandersheim.

Kirche

Kirche

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Hoffnung für Kirche

Von Burkhard Budde

Leserbrief in der F.A.Z. vom 8. Juni 2022

Hoffnung für Kirche

FAZ-Leserbrief zum Kommentar „Ein Katholikentag lässt hoffen“

Ein schärferer Wind weht nicht nur der katholischen Kirche mit ihren Einrichtungen ins Gesicht, sondern auch der evangelischen Kirche, auch wenn diese keine „strukturelle Frauenfeindlichkeit“ kennt.

Beide kirchlichen Institutionen erleben auf dem Marktplatz der Sinn-, Werte- und Dienstleistungsangebote viele attraktive und kompetente Mitbewerber, aber auch Kämpfe insbesondere um positive Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, um begründetes Vertrauen der Menschen, um geeignete Mitarbeiter und ausreichende Finanzierung.

Werden die Kirchen auf diesem offenen Marktplatz langsam untergehen, in eine Ecke gedrängt, ein selbstgewähltes Nischendasein fristen, sich selbst aufgeben oder nur noch Etikettenschwindel betreiben? Wird es weiterhin eine Abstimmung mit den Füßen geben, noch mehr Gleichgültigkeit? Oder noch mehr Enttäuschungen, noch mehr Verletzungen? Und noch mehr Wut?

Der Kommentar Daniel Deckers spricht zu Recht von Hoffnung. Allerdings muss das „eigene Tun und Lassen“ auf den Prüfstand im Sinne des Apostel Paulus „Prüfet alles, das Gute behaltet.“ (1.Thess 5,21) Wie damals sollte auch in unserer Zeit mit schleichender Entfremdung von den Kirchen, ihrer wachsenden Bedeutungslosigkeit für die Politik sowie mit religiösen Wissenslücken und Bildungsdefiziten vieler Bürger ein kritischer Blick auf die „Geistesoffenbarungen“ der Kirchen selbst geworfen werden.

Um provozierend zu fragen: Welcher Geist treibt die Kirche?

Ein Geist in Goldenen Käfigen mit unnahbaren Orchideenzüchtern in bunten Talaren, die nur mit sich selbst beschäftigt sind? Ein Geist in reformunfähigen Kartenhäusern mit entleerten Traditionen und autoritären (All-)Machtstrukturen? Ein Geist auf einem Spielfeld religiöser oder politischer Kräfte, die sich von „weltlichen“ Stimmungen und Ideologien instrumentalisieren lassen?

Hoffnung kann bei aller begründeten und nicht begründeten Kritik wachsen, wenn Kirche ein einladender Ort mit einer unverwechselbaren und unvertretbaren Anziehungs- und Ausstrahlungskraft ist – für gläubige, aber auch für säkulare Menschen, an dem die provozierende Botschaft vom auferstandenen Gekreuzigten nicht verschämt verschwiegen, sondern bedacht und durchbetet wird.

Selbst wichtige Reformen im Geist der Gleichberechtigung und des Priestertums aller Getauften laufen ohne geistliches Leben ins Leere. Kritische, fragende und belastete Menschen suchen mehr: Ein geistliches Lagerfeuer, an dem ihre Seele gewärmt, ihr Geist erhellt, eine wertschätzende Gemeinschaft erfahrbar wird. An dem sie ganzheitlich angesprochen, getröstet, ermutigt und befreit werden. An dem andere Fragende ihre Fragen versuchen mit zu beantworten.

Eine Kirche, die sich dem Schöpfergeist im Wort Gottes öffnet, erneuert sich umfassend selbst, wird zum sozialen Brückenkopf und zur Mitgestalterin der Gesellschaft, zum Salz der Erde, nicht schwärmerisch und unvernünftig, sondern nachhaltig und  nüchtern – hoffend auf den kräftigen Wind des kritischen Geistes Christi, der Lebensatem schenkt, alles Leben beseelt und zugleich besonnen in Atem hält.

Burkhard Budde

Leserbrief in der F.A.Z. vom 8. Juni 2022 zum Kommentar „Ein Katholikentag lässt hoffen“ von Daniel Deckers (F.A.Z. vom 30.Mai 2022)