„Christliches“

„Christliches“

Moment mal

„C“ als integrierende Kraft

Von Burkhard Budde

Mareike Wulf, Pastor Dirk Heuer, Sebastian Lechner und Dr. Marco Mohrmann (v.l.n.r.)

„C“ als integrierende Kraft

Evangelischer Arbeitskreis der CDU mit viel Prominenz

Das „Christliche“ sei ein Brückenschlag zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik, so Pastor Dirk Heuer, wiedergewählter Landesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU in Niedersachsen, auf der EAK Landesdelegiertenversammlung am 9. März in Walsrode. Nicht nur für die CDU als Volkspartei der Mitte sei das „C“ eine integrierende Kraft, um mit dem christlichen Menschenbild ein gemeinsames Fundament zu haben, sondern auch für die vielfältige und säkulare sowie demokratische Gesellschaft. Die Demokratie sei ein „Schatz“, führte Dirk Heuer aus, für den sich Christen aus christlicher Motivation heraus einsetzten, damit alle ein „selbstbestimmtes Leben in Würde“ führen könnten.

Der EAK, der sich für das „C“ an „prominenter Stelle“ im geplanten neuen Grundsatzprogramm der CDU einsetzt, fand auf der Tagung, zu der über 100 Teilnehmer aus ganz Niedersachsen gekommen waren, prominente Mitstreiter, u.a. David McAllister, Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen für die Europawahl, Sebastian Lechner, CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzender, sein Generalsekretär Dr. Marco Mohrmann sowie Mareike Wulf, Vorsitzender der niedersächsischen Frauenunion.

Sebastian Lechner dankte dem EAK, dass er die CDU an die „wunderbare christliche Botschaft“ erinnere und helfe, dass sie in der Politik zum Tragen kommen. Ein christliches Anliegen sei das Grundvertrauen als Basis von Zuversicht und Optimismus; ein christlicher Grundsatz, dass es auch in der Politik bei der Suche nach der richtigen Lösung keine „alleinige Wahrheit“ gebe. Lechner ermutigte den EAK, sich an dem ab September geplanten „Niedersachenplan“ mit guten Ideen zu beteiligen, um das Land mit seinen Chancen besser zu machen. Niedersachsen u.a. mit seinen Seehäfen und Ausbauflächen, seinem Gasverteilernetz, als größter Salzstock Europas mit der Möglichkeit, Wasserstoff zu speichern, sollte zur führenden Wohlstandsregion Deutschlands ausgebaut werden.

Lechner kritisierte die Einstellung, dass Politiker alles besser wüssten als Kommunen, Unternehmen und Bürger. Die 2000 Förderprogramme des Landes mit den vielen Ausführungsvorschriften sollten kritisch zugunsten einer gerechteren, gleicheren und einfacheren Position hinterfragt werden. Die Eigenverantwortung sowie ein pragmatischer Geist müssten vielmehr gestärkt werden: „Wer etwas kann, muss es auch dürfen“, meinte der Politiker im Blick auf die Personalnot der Kitas, aber auch auf die der Schulen. Ferner sprach er sich für einen verlässlichen und bezahlbaren Wohnraum aus („Die meisten Vorschriften kommen vom Bund und vom Land und sollten fünf Jahre lang ausgesetzt werden.“), für eine qualitative und flächendeckende medizinische Versorgung („Das Modell der Gemeindeschwester sowie der Telemedizin als Unterstützung des Arztes, um auch den ländlichen Raum besser zu versorgen.“), für eine Energiepolitik, die offen ist für jede nutzbare Technologie („Innovative Schätze wie die Geothermie müssen nicht durch Ideologie liegen bleiben, sondern gehoben werden.“), für einen Untersuchungsausschuss als „Angriff aus Verantwortung“ wegen der „SPD-Gehälteraffäre“ („Gerade ein Ministerpräsident, der 11 Jahre an der Macht ist, muss sich an die Regeln halten und ordentlich mit Steuergeldern umgehen sowie sich gerecht verhalten.“)

Auch Marco Mohrmann unterstrich die Wichtigkeit einer innovativen Technologie, die nicht durch ein starres Ordnungsrecht und eine Verbotspolitik verhindert oder verboten werden sollte.

David McAllister betonte, dass 70 Prozent der Wähler die Europäische Union (EU) für eine „gute Sache“ hielten. Dennoch müsse sich die Kommission in den nächsten Jahren auf ihre drei Hauptaufgaben „Demokratie, Wohlstand und Sicherheit“ konzentrieren. Die Verteidigung der Demokratie sei wegen der Radikalen, der Nationalisten, der Dämagogen und Putinfreunde die dringendste Auseinandersetzung. Für den Wohlstand sei die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie wichtig; bürokratische Belastungen für den Mittelstand und die Wirtschaft insgesamt müssten abgebaut werden. Für die Sicherheit werde ein europäischer Pfeiler innerhalb der NATO gebraucht. Die europäischen Institutionen und ihr Regelwerk müssten reformiert werden. Die Politik der Enthaltung der Ampelkoalition sei keine Haltung. Das Verhältnis zu Frankreich müsse verbessert werden. Und das geplante Verbrennerverbot ab 2035, so McAllister, der für eine hohe Beteiligung bei der Europawahl am 9. Juni warb, sollte „verboten“ bzw. überprüft werden, um sich nicht die Zukunft zu verbauen.

Gewählt wurden neben Dirk Heuer in den EAK-Landesvorstand zu stv. Vorsitzenden Harm Adam(Hildesheim) und Johannes Habekost (Nordostniedersachsen)  und zum Schriftführer Albert Rathjen (Elbe-Weser). Beisitzer sind Patrick Brinkmann (Elbe-Weser), Dr. Burkhard Budde (Braunschweig), Thorsten Gießelmann (Ostfriesland), Anja Ihnen-Swoboda (Ostfriesland), Michael Looß von Hülst (Hannover) Dr. Jörg Lütjohann (Nordostniedersachsen), Dr. Stefanie Matz (Hannover), Kurt Müller (Hannover), Hanna-lena Perneck (Hildesheim/Südniedersachsen) und Dr. Katja Sommer (Hannover)

Wer in Vielfalt vereint ist, nicht in Beliebigkeit, auch nicht durch Verbote, sondern durch einen Werterahmen mit Spielregeln sowie mit dem Geist der Würde und Menschenrechte, der Rechtstaatlichkeit, der Subsidiarität und Eigenverantwortung, hat die Chance, im globalen Wettbewerb mit Flexibilität und zugleich mit Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, nachhaltig sozial und human sowie wirtschaftlich und innovativ zu wirken. Und sich für einen wehrhaften Frieden in Sicherheit und Freiheit, Wohlstand und Gerechtigkeit einzusetzen.

Burkhard Budde

David McAllister, Spitzenkadidat der CDU in Niedersachsen für die Europawahl

Der neue EAK Landesvorstand

Ärger

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Ärger über den Ärger

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Ärger über den Ärger 

Mensch ärgere Dich nicht! Was schon beim beliebten Gesellschaftsspiel nicht so einfach ist, scheint im wirklichen Leben eine noch größere Herausforderung zu sein: Wie der Neid ist der Ärger allgegenwärtig und wirkmächtig. Plötzlicher Verdruss bringt schnell Frust. Unerwartet Unangenehmes und nicht Gewünschtes verletzt schnell das geliebte Ego. Wie aus heiterem Himmel – als wenn gewürfelt worden wäre – taucht der Ärger auf: Hätte ich doch den Mund gehalten und nichts gesagt! Oder hätte ich doch den Mund geöffnet und dem Unsinn widersprochen!

Anlässe, sich auch über Personen oder Situationen zu ärgern, sind zahlreich:

Der eine explodiert wegen des Sturkopfs, der selbst mit Engelszungen – geschweige denn mit Argumenten – nicht zu überzeugen ist. Und noch stolz auf seine Dummheit ist, weil er felsenfest davon überzeugt ist, die Wahrheit gepachtet zu haben.

Der andere frisst seinen Ärger in sich hinein – zum Beispiel über den selbsternannten Moralisten, der für eine bessere Welt kämpf, aber Mitmenschen demütigt und ausgrenzt.

Wieder einer fährt aus seiner Haut, weil er die ständigen Wiederholungen falscher Tatsachenbehauptungen nicht mehr ertragen kann.

Das Leben kennt eine Fülle von Ärgernissen: Der Streik, der unbeteiligte Menschen als Geisel in Haftung nimmt; die Technik, die nicht funktioniert; das übertriebene Scrollen und Datteln am Handy, das unkonzentrierter und unglücklicher macht – um nur wenige weitere Beispiele zu nennen. Und dann gibt es noch die berühmte Fliege im Schlafzimmer, die beim Einschlafen die Nerven strapaziert. Oder die bekannte Prinzessin auf der Erbse, die überempfindlich ist und heute noch in supersensiblen Menschen weiterlebt, die bei jeder Kleinigkeit unter die Decke gehen, weil sie sich persönlich angesprochen und verletzt fühlen.

Zum Glück kennen wir Menschen neben Ärger und Wut noch positive und konstruktive Gegenkräfte: zum Beispiel einen freundlichen Blickkontakt, ein nettes Wort, ein ehrliches Lob, eine höfliche Geste. Vor allem Pausen, die einen Blick in den Spiegel ermöglichen und zum Nachdenken ermutigen: Warum ärgere ich mich eigentlich? Ergibt mein Ärger Sinn? Warum lasse ich es zu, dass der andere, über den ich mich ärgere, eine solche Macht über mich hat? Gibt es Alternativen zum Ärger – ein offenes und zeitnahes sowie (selbst-)kritisches und reflektiertes Gespräch, damit ich jeden Morgen wieder in den Spiegel schauen kann?

Wer über den reißenden Strom des Ärgers Brücken der Kommunikation schlagen will, sollte jedoch nicht ins Schwimmen geraten, sondern auch offensiv und klar machen, dass Ärger über Mobbing und Erpressung, Gewalt und Hass berechtigt ist und bekämpft werden muss.

Grundsätzlich kann der Humor eine besondere Perspektive darstellen: Durch die Brille der Leichtigkeit und Vergänglichkeit allen Lebens ist der Ärger nur ein vorübergehender Nebel, der sich lichtet. Und die Welle unkontrollierter Gefühle wird verebben und kann durch einen weisen sowie klugen Kopf gebrochen werden. Dann wird Ärger über den Ärger sogar zur Energiequelle eines erneuerten Lebens.

Burkhard Budde

Igel und Fuchs

Igel und Fuchs

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Fabel Igel und Fuchs

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Fabel „Igel und Füchse“ 

Sie lebte in keiner heilen Welt. Auch die Igelfamilie hatte ihre Probleme, ihren Streit um eine gerechtere Ordnung und um eine gemeinsame Zukunft. Doch sie lebte in Frieden und Sicherheit. Und bei den meisten Igeln schlug das Herz für Freiheit und Unabhängigkeit.

Eines Tages wurde die Igelfamilie von einer Fuchsfamilie aus dem Nachbarland brutal überfallen. Füchse vereinnahmten einen Teil des Igel-Landes, obwohl es gegen die allgemein herrschende Friedensordnung verstieß, und wollten auch das übrige Land der Igel mit Gewalt erobern.

Überraschenderweise jedoch wehrte sich die Igelfamilie tapfer und aufopferungsvoll mit ihren begrenzten Möglichkeiten. Und womit die aggressiven und übermächtigen Füchse – vor allem ihr gieriger und zugleich eiskalter Anführer mit seinem unstillbaren Hunger – nicht gerechnet hatten: Viele andere Igelfamilien aus anderen Ländern unterstützten die Angegriffenen in ihrem Abwehrkampf. Die Unterstützer wussten, dass gefräßige Füchse noch gefräßiger werden, wenn sie nicht aufgehalten und zurückgedrängt werden.

Je länger die Füchse jedoch im Land der Igel wüteten, desto häufiger wurde über die Solidarität mit den Überfallenen, die nicht kapitulieren wollten, diskutiert:

„Ihr müsst endlich verhandeln“, meinten frustrierte Igel. „Aber gerne; jedoch nur auf Augenhöhe. Denn ergibt es Sinn, mit einem verbrecherischen Fuchs über Frieden zu sprechen, wenn er alles zerstört und endgültige Unterwerfung verlangt?“ „Wir müssen auch an uns denken!“ sagten ermüdete Unterstützer. „Aber genau das tun wir, wenn wir die angegriffenen Igel unterstützen, weil der Fuchs auch unsere Freiheit, unser Leben und unser Land gefährdet und uns erpressbar machen will.“ Und ihre Solidarität sei mehr als eine Sprechblase, mehr als eine Leistung nach Kassenlage. Es komme jetzt auf eine lebenswichtige Unterstützung zum gegenseitigen Nutzen der großen Wertefamilie an.

Manche Igel jedoch, die es gut meinten, aber auf den Leim der Fuchspropaganda hereingefallen waren, riefen verängstigt: „Lasst uns die Stacheln ablegen. Die erzürnen nur den Fuchs.“ Andere Igel erwiderten, man müsse das unberechenbare Böse, das maßlos und gnadenlos zerstöre, mit richtigen Mitteln – auch mit „neuen Stacheln“ – glaubwürdig abschrecken und bändigen, damit es nicht triumphierend weitere Kreise ziehe.

Der Anführer der Füchse – nicht selten im ideologischen Schafsfell – , der sich selbst wie eine historische und spirituelle Lichtgestalt wahrnahm, ergötzte sich über die Erfolge seiner Propaganda, über seine glühenden Bewunderer und die panische Angst einzelner Igel vor möglichen Folgen für sich selbst, vor allem über die Stimmen der Igel ohne Stacheln. Und der narzisstische Führer und spalterische Verführer fühlte sich ermutigt, weiterhin hemmungslos und ohne Skrupel auch gegenüber seiner eigenen Familie mit zerstörerischer Gewalt auf Jagd zu gehen.

Doch wenn die Welt nie heil – ein friedlicher „Garten Eden“ – wird, so muss sie auch nicht heillos – eine gottverlassene „tödliche Hölle“ – bleiben. Eine zerrissene Welt kann heilbarer werden. Und zwar durch Geschlossenheit und Entschlossenheit aller freiheitsliebenden Kräfte, die für ein freiverantwortliches Leben in Würde und einen nachhaltigen Frieden in Sicherheit kämpfen. Nicht mit dem Gift der Gleichgültigkeit und Selbstisolierung, Blauäugigkeit oder Selbsttäuschung. Wohl aber mit klarer Wehrhaftigkeit und glaubwürdiger Abschreckung, Klugheit und Vernunft, die aus der Quelle zivilisierter Menschlichkeit schöpfen.

Manche Igel mit Stacheln kennen in ihren Zweifeln und Ängsten auch den guten Kampf des Glaubens, der die Perspektive des Gottvertrauens und Selbstvertrauens eröffnet. Sie wissen, dass der Urheber des Krieges, der ihn jederzeit beenden könnte, nicht unsterblich ist und eines Tages zur Rechenschaft gezogen wird. Sie werden von der Hoffnung auf eine neue Welt in der alten Welt getragen.

Burkhard Budde

 

Souveräne Freiheit

Souveräne Freiheit

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Souveräne Freiheit entdecken

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Souveräne Freiheit entdecken 

Auch wenn der Traum vom Schlaraffenland uralt ist. Er kann noch heute faszinieren: Da fließen vielleicht keine Flüsse aus Milch und Honig, aber es gibt edle Tropfen und verführerischen Nachtisch im Überfluss. Da findet man keine Hexenhäuser aus Brot oder Lebkuchen, die Fenster aus Zuckerguss haben, wohl aber glitzernde Prachthäuser, in denen nur gelacht und gefeiert wird, sich körperliche Freuden mit Tafelfreuden scheinbar auf ewig vermählen. Da existiert kein Jungbrunnen, der eine Jugend ohne Ende verspricht, jedoch ein glückliches Leben ohne Tränen, Schmerzen und Tod. Das Schönste im Schlaraffenland ist jedoch, dass kein Schlafwandler auch nur einen Finger krumm machen muss, weil gebratene Leckerbissen in den Mund fliegen.

Und doch bleibt dieser Traum ein unrealistischer Wunsch, der sogar zum Albtraum werden kann, wenn Trägheit und Nichtstun die eigene Würde zerstören. Wer sich ausschließlich auf Mutter Natur verlässt, die für das leibliche Wohl sorgen soll, oder auf Vater Staat, der ständig Geld für den persönlichen Genuss zur Verfügung stellen soll, vergisst darüber hinaus, das „Mutter“ und „Vater“ nur über begrenzte Möglichkeiten verfügen und selbst auf schaffende und fleißige „Mitstreiter“ angewiesen sind, um ein gemeinsames Leben in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand sowie Chancen-, Leistungs-, Bedarfs- und Generationengerechtigkeit ermöglichen zu können. 

Natürlich gibt es auch das andere Extrem, wenn ein Mensch keinen Ausweg aus dem Hamsterrad des Lebens findet: Er tritt dann immer auf die gleiche Stelle. Und kommt nicht voran. Er erlebt immer den gleichen Trott. Und findet keine beglückende Zufriedenheit. Er kann die Geschwindigkeit im Rad steigern. Und doch erntet er nur Schwindel- und Ohnmachtsgefühle, vermehrte Enttäuschungen und immer schlechtere Stimmungen. Wenn er sich selbst täuscht, gierig nur sich selbst liebt, am Ende erschöpft aus dem Laufrad geworfen wird und in der Ecke liegt. 

Jenseits von „Schlaraffenland“ und „Hamsterrad“ gibt es jedoch auch ein Leben in Würde durch souveräne Freiheit. Was gemeint ist, verdeutlicht folgende Geschichte: Ein Gast wurde im Haus zweier Frauen unterschiedlich behandelt. Die eine Frau kümmerte sich intensiv um das Gastmahl; die andere hörte den Worten des Gastes nur zu. Als sich die „Aktive“ bei dem Gast über die „Passive“ beschwerte, reagierte der Gast überraschend: Er verteilte keine Zensuren, ließ sich nicht instrumentalisieren. Er verherrlichte oder verteufelte weder die „Aktivität“ noch die „Passivität“.

Vielmehr öffnete er beiden Frauen die Tür zu einer neuen Sichtweise: Beide sind frei, eigenverantwortlich zu leben – aber in (selbst-) kritischer Haltung. Beide sollen in einer konkreten Situation selbst entdecken und entscheiden, was das Richtige ist, um eine Not perspektivisch zu wenden. 

Es gibt Zeiten – so verstehe ich Jesus, der Gast bei Maria und Marta war –, in denen „Sorge und Mühe“ anzuerkennen, aber „Zuhören“ und Nachdenken wichtiger sind. Es gibt aber auch Zeiten, da sollte der Mensch lieber pausieren, um ins Nachdenken zu kommen sowie Ängste und altes Denken loslassen zu können.

Aber manchmal muss ein Mensch wohl auch seine Traumwelt mit eiskalten Engeln und heißen Teufeln verlassen, um Bodenhaftung zu gewinnen. Um dann mit seinen Händen das Notwendige und Richtige im Möglichen zu tun. Um souverän und verantwortungsvoll in Würde durch geschenkte Würde zu leben.

Burkhard Budde

Streitkultur

Streitkultur

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Reden und Streiten

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Reden und streiten können

Kennen sie, lieber Leser, streitlustige Menschen, mit denen sie reden können? Oder mehr streitsüchtige Menschen, die ständig provozieren, indem sie immer wieder altes Salz in (fast) geheilte Wunden streuen? Oder vor allem Streitverweigerer, die einfach ihre Ruhe haben und ihren Frieden genießen wollen?

Bei manchen Menschen braucht man in manchen Situationen viel Geduld, Nervenkraft und Standfestigkeit: Zum Beispiel bei einem, den die Wut gepackt und die Kontrolle über seine Gefühle verloren hat. Oder der gefühllos andere eiskalt vor den Kopf stößt und noch stolz auf sein Verhalten ist.

Oder der nur gehässige Parolen nachplappert, menschenverachtende Feindbilder vertritt und verblendet sowie kopflos geworden ist. Der partout keine Fakten wahrnehmen will, weil er die eigenen vier Wände seines in Stein gemeißelten „Wissens“ nicht verlassen will. Der im Raum der Freiheit die Freiheit anderer mit verbaler Gewalt zu zerstören versucht.

Manchmal scheint ein freiheitsliebender Mensch mit seinem Latein am Ende zu sein. Wenn einer nicht sprechen, nur schreien und brüllen will; nicht hören, nur belehren und Leere verbreiten will;

sich nicht austauschen, nur Recht haben und sich durchsetzen will. Wenn einer nicht Person und Sache, Sein und Schein unterscheiden kann, sondern nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse, Freund und Feind, aber keine Zwischen- und Grautöne sowie Schnittstellen und mögliche Entwicklungen kennt.

Soll dann konfliktscheu und ängstlich „um des lieben Friedens willen“ alles mit dem Mantel der Liebe zugedeckt werden? Muss die eigene Schere im Kopf immer größer werden, darf man nur noch das sagen und tun, was der andere erwartet, muss man sich dem Diktat eines Fanatikers beugen?

Oder hilft es, mit der Keule der Moral zurückzuschlagen, einen Sturm der Empörung zu entfachen und doch zum zahnlosen Tiger zu werden, weil Folgen ausbleiben und Hass und Neid, Dummheit und Hochmut nicht einfach verschwinden?

Den Raum der Freiheit aller, der zugleich ein Raum der Sicherheit und des Rechts ist, verteidigt man nicht mit einem Holzhammer, auch nicht mit Samthandschuhen, wohl aber mit dem Florett der aufgeklärten Vernunft, das einen souveränen und resilienten Umgang mit Konflikten und Gewalt ermöglicht: Manchmal müssen erhitzte Menschen erst abkühlen, um zur Besinnung zu kommen. Manchmal muss man zänkische Streithansl oder unbelehrbare Aktivisten ins Leere laufen lassen, um nicht in ihre Falle der Eskalation zu tappen. Manchmal müssen Wahrheitsfanatiker aber auch konsequent in ihre Schranken verwiesen werden, um offene Spielräume der wehrhaften Freiheit mit Spielregeln im Rahmen der Verfassung zu ermöglichen.

Es geht bei einer idealen demokratischen Streitkultur nicht um phrasenhaftes Gerede oder um inszenierte Selbstdarstellungen, weniger um den Austausch von Nettigkeiten oder um eine Fusion kontroverser Positionen. Vor allem sollte es – bei gegenseitiger Wertschätzung – um das bessere Argument in Abwägungsprozessen gehen, damit nicht Unvernunft und Gewalt triumphieren, sondern Unterschiede ausgehalten, neue Erkenntnisse gewonnen und tragfähige Lösungen komplexer Probleme gemeinsam gefunden werden können.

Und manchmal gelingt es auch, tragfähige Brücken über tiefe Gräben ins dynamische Spannungsfeld von Bewahren und Verändern zu bauen.

Burkhard Budde

Veröffentlicht in der Kolumne „Auf ein Wort“ des Wolfenbütteler Schaufensters am 25.2.2024

 

 

Zuversicht im Kampf

Zuversicht im Kampf

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Zuversicht im Kampf

Von Burkhard Budde

 Auf ein Wort

Zuversicht im Kampf

Geht das Spiel des Lebens bald seinem Ende zu? Ist es nur noch eine Frage der Zeit, haltlos und kraftlos ins Bodenlose der Sinnlosigkeit zu versinken? Wird die Bedrohung immer schlimmer, erschöpft und verzweifelt, müde und traurig, aber auch ängstlich und wütend das Spielfeld des Lebens verlassen zu müssen?

Kreisende Gedanken können nicht einfach gestoppt werden. „Bin ich nur noch ein wertloser und in der Seele tief verletzter Zuschauer meines eigenen Lebens?“ fragte ein Mensch, der an Krebs erkrankte und die unheimliche und unberechenbare Geißel der Menschheit unerwartet und plötzlich verspürte. Vor allem und trotz allem klammerte er sich an die sehnsüchtige Frage, die ihm manchmal wie ein letzter Strohhalm vorkam: „Gibt es auch für mich begründete Hoffnung auf Heilung?“ Oder endet das unfaire Foulspiel des Krebses mit seinem Körper, aber auch mit seiner Seele und seinem Geist sowie seinem sozialen Umfeld stets mit einer Niederlage?

Solche oder ähnliche Fragen können auf dem Gedankenkarussell eines Menschen existentielle Schwindelgefühle verursachen. Betroffen sind nicht wenige: Jeder fünfte Mensch in Deutschland stirbt an Krebs, berichteten Medien in der letzten Zeit – nach den Todesfällen der Krankheiten des Kreislaufsystems die zweithäufigste Todesurasche. Umso wichtiger werden Prävention und Vorsorge. Und zum Glück gibt es medizinische Fortschritte im Kampf gegen den Krebs.

Kein Mensch – ob gesund oder erkrankt – sollte die Augen vor „Krebs“ einfach verschließen, das Thema aus dem Kopf verdrängen, am eigenen Körper abperlen lassen oder als Betroffener verschweigen. Denn der brutale Spielverderber des Lebens kann in jedes Leben eindringen, will dann im Leben das Sagen haben und Angst und Schrecken verbreiten.

Dann helfen zwar keine klugen Spielpläne von der Stange, wohl aber gereifte und erlebte Erfahrungen von Betroffenen. Zum Beispiel sagte ein Patient nach einer Reha: „Die Gemeinschaft, offene Ohren und verständnisvolle Herzen meiner Mitpatienten taten meiner Seele gut. Wir konnten über alles reden.“ Und die Macht der Angst vor der Zukunft habe keine Übermacht bekommen oder Ohnmachtsgefühle verstärkt. Ein anderer Krebspatient ergänzte: „Wir Betroffenen konnten sogar miteinander lachen“. Humor sei bei aller realistischen Ernsthaftigkeit der Situation ein befreiendes Ventil gewesen, aufgestaute zerstörerische Gefühle loszuwerden. Und ein „Rettungsring“, wenn man nichts mehr oder wenig zu lachen habe. Ein weiterer Patient, der den Psalm 90 gelesen hatte, berichtete, dass die Angst vor dem Tod ihn sogar „lebensklug“ gemacht und der 23. Psalm („Der gute Hirte“) ihm neues Gott- und Grundvertrauen im „finsteren Tal“ geschenkt habe.

Und vielleicht kann ein Mensch in seiner persönlichen Not von der Hoffnung getragen werden, dass es zwar kein Leben ohne Leid gibt, wohl aber in allem schwankenden Leben – auch im finsteren, leeren und unvorstellbaren – die Möglichkeit des Lichtes, der Fülle und der neuen Geburt. Um dann mit Jesus Gott dennoch – auch in der Gottverlassenheit – zu vertrauen: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ (Lk 23.46) Um dann mutig, das zu tun, was getan werden kann, das anzunehmen, was sich nicht ändern lässt sowie mit Risiken in der Ungewissheit des mit- und selbstleidenden Gottes neu leben zu lernen, der das letzte Wort im Spiel des Lebens behält, das nur Neuanfänge kennt.

Und einen Grund zur Dankbarkeit, vor allem zur Zuversicht schenkt. 

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch im Wolfenbütteler Schaufenster in der Kolumne „Auf ein Wort“ am 18.2.2024