Moment mal
Zufrieden sein?
Von Burkhard Budde
Moment mal
Zufrieden sein?
Sind sie zufrieden? Oder anders gefragt: Sollten sie nicht zufrieden sein?
Weil sie ein Herz am rechten Fleck und einen Kopf an der richtigen Stelle haben? Vor allem weil nichts selbstverständlich ist: Saubere Luft zu atmen, frisches Wasser zu trinken, sich ernähren, sich kleiden, im eigenen Bett schlafen zu können, eine sinnvolle Arbeit zu haben. Eine gute Gesundheitsversorgung angeboten zu bekommen, in geregelten sozialen Verhältnissen sowie in einem sicheren Land zu leben. Oder in einer Beziehung Geborgenheit zu finden. Oder in einem Konflikt den Balken im eigenen Auge noch frühzeitig zu entdecken, um die Hand rechtzeitig zur Versöhnung zu reichen.
Gründe gibt es reichlich, im Einklang mit seiner inneren und äußeren Welt zu leben, sein Leben ausgeglichen und besonnen sowie mit Humor in den Griff zu bekommen.
Dennoch gibt es viele unzufriedene Gesichter, die Bände sprechen: Kleinliche Meckerer haben ihre Ziele nicht erreicht, ihre Erwartungen sind enttäuscht worden. Sie vergleichen ständig ihre Situation mit der Situation anderer Menschen, und merken nicht, dass das Gift des Neides immer mehr in ihre Seele eindringt und dass sie Äpfel mit Birnen verwechseln. Einem misstrauischen Miesepeter, der sich vom Leben betrogen und bestraft fühlt, den Kontrollwahn, Kritiksucht und Konkurrenzängste beherrschen, kann es kaum einer recht machen. Und er findet bestimmt das Haar in der Suppe, das durch sein Kopfschütteln hineingefallen ist.
Selbstzufriedenheit ist jedoch auch keine Alternative zur Unzufriedenheit: Der selbstzufriedene Stolze, der sich anderen gegenüber überlegen fühlt und deshalb seine Leistungen oder seinen Besitz gerne in grelles Licht stellt, ist häufig überempfindlich und leidet unter Minderwertigkeitsgefühlen. Und er wird immer durstiger, da er, um seinen maßlosen Durst nach Applaus zu stillen, Salzwasser trinkt, das sich in seinen Weinflaschen befindet.
Wenn Zufriedenheit zur Last und Unzufriedenheit zur Lust geworden ist, dann kann ein Geschöpf jedoch auch seinem Schöpfer neu vertrauen: Dass Gott ihm eine zufriedene Gewissheit schenkt, auch ohne „gute Taten“ vorbehaltlos angenommen und geliebt zu sein. Und dass er ihm einen Frieden selbst im Unfrieden anbietet, der höher als alle Vernunft ist. Und ihn bewegt, ihm froh- und neumachende Perspektiven ermöglicht.
Burkhard Budde
Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 11.3.2023 in der Kolumne „Moment mal“
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