Moment mal
Willkommen
Von Burkhard Budde

Glückliche Eltern freuen sich über ihr Kind
Herzlich willkommen
Ein winziges Menschlein lässt die Herzen höher schlagen. „Ein kleines Wunder“, sagt der Vater stolz, als er zum ersten Mal das neugeborene Kind im Arm hält. Und die Mutter, die von der Geburt noch erschöpft, jetzt jedoch erleichtert wirkt, strahlt über das ganze Gesicht. Sie ist einfach glücklich.
Auch Verwandte und Freunde, die später gratulieren, erleben ein Fest der Sinne. Sie versuchen, ihre unbeschreiblichen Gefühle in Worte zu fassen: „Ach wie süß!“ „Ist das ein schönes Kind!“ „Mein kleiner Käfer“. Und die Großmutter ist fasziniert von der Perfektion: „Es ist alles dran!“
Der kleine Erdenbürger, geboren in einer außergewöhnlich verrückten Zeit, keine Puppe und keine Kopie, verzaubert mit seinem einzigartigen und unverwechselbaren Charme sowohl dünnhäutige und ängstliche als auch dickhäutige und selbstbewusste Erwachsene. Unbekannte Glücksgefühle, die viele beim Anblick des Babys trotz ihrer Weltsorgen und ihres Selbstbewusstseins überkommen, können nicht einfach versickern oder abperlen.
Denn im Fest der Sinne ereignet sich neuer Sinn. Das Kind ist ein überwältigendes Zeichen der Hoffnung der Erwachsenen, die wieder etwas vom Leben erwarten können: Leben muss sich nicht im dunklen Loch verabschieden und Ängste zurücklassen. Es hat ja gerade wieder das Licht der Welt erblickt. Leben muss keine kleine Notiz sein, die bald vergessen ist. Es hat ja gerade damit begonnen, Geschichte weiter und neu zu schreiben. Leben muss kein enges Tal bleiben, das bedrückt, bedrängt und bedroht. Es hat ja gerade einen Neuanfang gewagt, um die Höhen neuen Glücks, die Weiten neuer Erfahrungen, die Tiefen neuer Wahrheiten zu entdecken.
Aber das Leben braucht auch konkrete Verantwortung und praktische Solidarität – wie das wehrlose und unschuldige Baby Hilfe braucht, Sicherheit und Fürsorge, vor allem Liebe, die die Würde des Kindes bedingungslos achtet.
Der zukünftige Erwachsene ist auf erwachsene Wegbegleiter angewiesen, die mit gutem Beispiel vorangehen, mit Geduld immer wieder auf das Kind zugehen, ihm Steine der Unfreiheit und Unmündigkeit aus dem Weg räumen und ihm bei der Suche nach seinem eigenen Weg in die mündige Freiheit helfen.
Und wenn der liebende Schöpfer – wie Christen glauben – mit seinem Geist in seinen Ebenbildern wohnt, ist er auch stets auf allen Lebenswegen in ihrer Nähe. Und heißt alle willkommen, nicht kindisch oder naiv, wohl aber vertrauensvoll sowie im Geist liebender Vernunft vor ihm und mit ihm zu leben.
Burkhard Budde
Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe
in der Kolumne „Moment mal“ am 28.8.2021