Moment mal

Wahrheit in Liebe

Von Burkhard Budde

Das Foto zeigt ein Bild von Vera Sander

Moment mal

Wahrheit in Liebe

Soll ich den Mund halten? Wenn gute Worte im Mund verdreht oder schlechte Worte in den Mund gelegt werden? Wenn nach dem Mund geredet oder mit den Wölfen geheult wird, um seine Ruhe oder Vorteile zu haben? Wenn Honig um den Mund bzw. Bart  geschmiert wird, um einen Halbgott gnädig oder wohlgesonnen zu stimmen? Wenn ein Mund mit doppelter Zunge Gift und Galle spuckt, um einen Mitmenschen einzuschüchtern  und zum Schweigen zu bringen?

Ja, dann ist es nicht einfach, die richtigen Worte zur rechten Zeit und am rechten Ort zu finden oder die verletzenden Wort wieder einzufangen und geradezurücken. Überhaupt: „Nicht falsch Zeugnis reden“ – siehe oder höre besser das 8. Gebot der Bibel –  bzw. positiv „die Wahrheit sagen“ ist mehr als nur ein Produzieren schöner Sprechblasen oder ein Wasserfall leerer Worte.

Wem es wichtig ist, nicht zu täuschen, nicht Böses als gut und Gutes als Böse zu verkaufen, keinen Menschen bloß zu stellen, ihn nicht einfach schlechtzumachen oder auf ein Wort bzw. eine Tat festzunageln, der sollte mit seinem Mund versuchen – um es poetisch zu formulieren – , das „wahre Leben“ aus seinem Dornröschenschlaf wach zu küssen.

Wie das? Vielleicht im Sinne der Auslegung des 8. Gebotes von Martin Luther: „Entschuldigen“, verstehen lernen und Verständnis entwickeln. „Gutes von ihm reden“, seine guten Seiten und Stärken nicht vergessen. „Alles zum Besten kehren“, Lösungen und neue Perspektiven suchen.

Manchmal ist wohl auch ein flammender Einspruch notwendig, wenn in wichtiger Angelegenheit über einen Menschen und nicht mit ihm gesprochen wird. Oder ein glühender Widerspruch, wenn ein Mensch im Sumpf der Intrigen keine Chance hat, sich zu wehren oder zu erklären.

Denn hat nicht jeder Mensch einen angeborenen Anspruch, in Würde behandelt zu werden, auch fair, ehrlich und gerecht, weil keiner die Wahrheit gepachtet hat?

Und gibt es nicht den ermutigenden Zuspruch, dass jeder von Gott geliebt ist. Und deshalb „Gott fürchten und lieben“ (Luther) soll, weil der Schöpfer aller das letzte Wort hat und die letzte Verantwortungsinstanz ist?

Wenn dieser liebende Gott die sprudelnde Quelle unvergänglicher Lebenskraft ist, dann kann ein Mensch in einer konkreten Situation die Wahrheit in Liebe suchen. Und für sie mit  starken Worten in Demut mutig kämpfen.

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe

in der Kolumne „Moment mal“ am 20.11.2021