Moment mal

Wagnis Vertrauen

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Mehr Vertrauen wagen? 

Sind Sie, lieber Leser, Pessimist, Optimist oder eher Realist? Können Sie Personen und Institutionen – nicht nur ihren Liebsten, sondern auch ihren Kollegen und dem Chef sowie Institutionen wie Behörden, Parlamenten, Medien, Kirchen – (neu) Vertrauen schenken?

Kurz vor ihrer Operation fragte mich eine Patientin: „Kann ich wohl dem Arzt vertrauen, der mich operiert?“ Am Ende des Gespräches, indem sie von ihren Ängsten und Glaubenszweifeln erzählte, sagte ich: „Wenn es keine Gründe gibt, dem Arzt nicht zu vertrauen, dann können sie sich seinen Händen anvertrauen sowie ihre Zukunft vertrauensvoll in Gottes Hand legen“.

Auch wenn Vertrauen immer ein Wagnis bleibt – wie auch ein Blick in die Glaskugel das Geschehen nicht vorhersagen lässt – , ohne einen Vorschuss an begründetem Vertrauen geht wohl kaum einer ein blauäugiges Wagnis ein: Ist der „gute Ruf“ des Arztes gerechtfertigt, weil er schon häufiger die OP gemacht hat, kompetent und engagiert ist, die Technik beherrscht sowie empathisch und human wirkt? Und zu einem echten Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gehört wohl immer auch – neben seiner fachlichen Dienstleistung – eine menschliche Beziehung auf Augenhöhe sowie eine ehrliche und faire Haltung auf beiden Seiten.

Ein Vertrauensvorschuss ist auch sonst im Leben die Grundvoraussetzung, dass ein Mensch sich z.B. in einen Bus, einen Zug oder ein Taxi setzt: Er geht davon aus, dass qualifizierte und besonnene Fahrer die Verkehrsregeln kennen und achten sowie die Fahrtechnik konkret bedienen können.

Durch das Vertaute kann das Vertrauen wachsen: Wer Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit, Planungs- und Handlungssicherheit sowie Transparenz erlebt – keine chaotische Zickzackfahrt und keine leeren Versprechungen – , ist sogar eher in der Lage, Personen oder Institutionen Lernbereitschaft und Neuanfänge zuzubilligen.

Entscheidend ist eine glaubwürdige und zugleich (selbst-) kritische Haltung, wenn neues Vertrauen entstehen soll: Ist wirklich aus Fehlern gelernt worden oder bleibt im Grunde alles beim Alten und verschlimmert die Situation noch? Wird getäuscht – z. B. durch Fake News oder Desinformationen, durch Halbwahrheiten oder üble Nachrede – und manipuliert? Wird Menschlichkeit und Soziales nur vorgetäuscht, aber in Wahrheit geht es um eigene Interessen und Vorteile? Wird nur von „Liebe“ geredet oder wird Liebe auch gelebt – engagiert und vernünftig, vor allem vertrauenswürdig und verantwortungsbewusst?

An ihren Taten kann man glaubwürdige Redner – im Grunde alle Leistungs- und Verantwortungsträger in Staat und Gesellschaft, aber auch Menschen wie Sie und mich – erkennen.

Gleichwohl ist – zum Glück – niemand perfekt, wohl aber sind alle auf Barmherzigkeit in Gerechtigkeit angewiesen. Und jeder kann durch gesundes Selbstvertrauen, begründetes Fremdvertrauen und – das gehört für mich dazu – durch Gottvertrauen, das letzte Geborgenheit und letzten Sinn schenkt, sein Leben mit dem Kompass der persönlichen Verantwortung vor Gott und dem Menschen neu wahrnehmen lernen. Und mutig und gelassen sowie befreit von negativen Zwängen als optimistischer Realist in die Zukunft blicken.

Burkhard Budde