Moment mal

Verantwortungsträger

Von Burkhard Budde

Moment mal

Hoffnungs- und Verantwortungsträger 

Manche sitzen starr vor Angst in ihrem Sessel vor dem Fernseher und verhalten sich wie das Kaninchen beim Anblick der Schlange. Andere liegen lieber im Bett und ziehen die Decke über den Kopf, um keine Schreckensnachrichten hören zu müssen. Doch die vielen K‘ s – Krisen, Katastrophen, Kriege, Konflikte, Krankheiten – existieren weiter, bleiben unbeeindruckt von begründeten Ängsten oder falscher Ängstlichkeit.

Was und wer hilft jedoch, den ungebetenen und giftigen Seelenfängern angesichts der vielen und gleichzeitigen K‘ s wirksam begegnen zu können?

Ruhelose Gespenster, die mit den Ängsten anderer spielen, um zu spalten und davon zu profitieren, sind ungeeignete Mutmacher. Finstere Moralisten, die ihre Wahrheit anbeten und andere Wahrnehmungen verteufeln, sind auch keine glaubwürdigen Schrittmacher. Heuchlerische Schauspieler, die ein Herz von anderen fordern, selbst aber ein eiskaltes Herz haben, sind schlechte Mitmacher. Und Wölfe im Schafsfell, die einem Machtrausch verfallen sind, fallen ohnehin als beispielhafte Vormacher aus.

Bei der Angst in und vor K’ s kann jedoch begründetes Vertrauen helfen, das durch solidarisches Teilen von Ängsten, aber auch durch Information und Aufklärung, Kompetenz und Wahrhaftigkeit entstehen und wachsen kann – zum Beispiel durch Journalisten mit einem inneren Kompass und einer äußeren Haltung: Wenn sie sachlich und fair, differenziert und umfassend berichten, indem sie sorgfältig und gewissenhaft recherchieren, sich bei Kontroversen auch die andere Seite anhören. Und die Berichterstattung ohne Ansehen der Person und unabhängig von der eigenen Meinung oder der Mehrheitsmeinung geschieht.

Wenn sie ideologiefrei und nicht oberlehrerhaft kommentieren, indem sie Zusammenhänge erklären, nicht selbstgerecht verklären, die unterschiedlichen Auffassungen in Beziehung setzen, nicht einfach in Schubfächer ein- oder aussortieren. Und die eigene Position nicht manipulativ verstecken, sondern kenntlich machen, um mehr Orientierungslicht in den Nebel der Fragen und Ängste zu bringen.

Viele Mitmenschen – nicht nur unabhängige und freie Journalisten – halten sich bei ihrer Strategie gegen Ängste und für das Leben, auch unbewusst, an die Goldene Regel „Alles nun, was ihr von anderen erwartet, das tut ihr ihnen auch“ (Matthäus 7,12). Und kämpfen bewusst und selbstbewusst mit dem Florett der kritischen und empathischen Vernunft. Sie scheiden und unterscheiden die Geister und versuchen, das aktuell Gebotene zu erkennen und das als richtig Erkannte auch zu tun – „im Geist der Kraft, der Liebe und Besonnenheit“ (2.Tim 1,7). Und werden dadurch zu Hoffnungsträgern für andere, die in allen Ängste ihre eigene Verantwortung entdecken.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe

in der Kolumne „Moment mal am 27.8.2022