Moment mal
Unabhängiger Blick
Von Burkhard Budde

Unabhängiger Blick auf Krankenhausstrukturreform
F.A.Z. Leserbrief zum Kommentar „Lahmer Lauterbach“
Für den Kommentar „Lahmer Lauterbach“ möchte ich mich bedanken. Die Argumentation des Redakteurs erinnert mich an die Weisheit, dass es Frösche schwer haben, selbst einen Sumpf trockenzulegen. Die Regierungskommission kann nach aller Erfahrung harte Nussschalen einer Krankenhausstrukturreform leichter knacken sowie kreativer vordenken, wenn ihr weniger Bedenkenträger und Bremser, keine partikularistischen Lobbyisten und einseitigen Interessenvertreter angehören. Dann ist ein „ungetrübter“ Blick – weniger populistisch und eigennützig sowie weniger machtpolitisch und prestigeträchtig – auf die ganze Krankenhaus- und Gesundheitslandschaft und ihrer möglichen Weiterentwicklung möglich.
Und gute Kommissionsarbeit schließt Expertisen bzw. gezielte und konkrete Gespräche mit Pragmatikern und Fachleuten oder Vertretern der Selbstverwaltung nicht aus.
Da Gesundheit ein kostbares öffentliches Gut ist, das Geld kostet und mit dem Geld verdient wird, und ein bestmögliches Gesundheitswesen im „öffentlichen Interesse“ ist, sind Ziele, Inhalte, Prozesse und Strukturen in diesem Bereich zu hinterfragen sowie zu erneuern. Besondere Herausforderungen sind unverdauliche Nüsse wie eine übertriebene Ökonomisierung, die vor allem einem optimierten Nutzen und einem maximierten Gewinn huldigt. Aber auch eine übertriebene Verrechtlichung und Bürokratisierung – wenn das Formular wichtige als der Mensch ist – belasten das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt, der mehr als nur ein Dienstleister, und dem Patienten, der mehr als nur ein „Kunde“ ist.
Es ist zu hoffen, dass die Kommission Vorschläge erarbeitet, die helfen, egoistische Rosinenpickerei und kurzsichtige Flickschusterei im komplexen Ganzen zu überwinden, einen fairen und kontrollierbaren sowie „gesunden“ Wettbewerb – Monopole neigen zum Machtmissbrauch – zugunsten einer Versorgungsqualität und –sicherheit zu ermöglichen, die die Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit im Rahmen einer gerechten Daseinsvorsorge stärken.
Dem Minister ist zu wünschen, dass er im Interesse des Gemein- und Bürgerwohls den politischen Willen und Durchsetzungskraft entwickelt sowie politische Verbündete findet, um die bestmöglichen Empfehlungen bestmöglich und zeitnah umzusetzen. Denn es geht nicht nur um eine nachhaltige und finanzierbare Struktur- und Organisationsentwicklung, sondern auch um mehr Fachlichkeit und Wirtschaftlichkeit, vor allem um mehr Menschlichkeit im Gesundheitssystem, das zudem unsere Gesellschaft zusammenhält und ihr ein humanes Gesicht sowie eine menschliche Seele geben kann.
Dr. Burkhard Budde, Bad Harzburg
Leserbrief zum Bericht „Lobbys in der Klinikreform ausgebootet“ und zum Kommentar „Lahmer Lauterbach“ von Christian Geinitz (F.A.Z. vom 3.5.2022), veröffentlicht am 10. Mai 2022