Land und Leute

Selketal – Schätze für Schatzsucher

Von Burkhard Budde

Wanderer im Selketal unterwegs.

Schatzsucher, deren Herz für die Natur schlägt, kommen am Selketal nicht vorbei. Das paradiesisch wirkende Tal im Ostharz, das von dem Fluss Selke auf einer Länge von 34 Kilometern durchflossen wird, ermöglicht Schätze „natürlicher Natur“ zu entdecken. Und zu erleben: Der von Menschenhand ungebremste und freie Fluss zwängt sich zeit­weise durch mächtiges Felsgestein aus gefaltetem Plattenschiefer hindurch, das vor mehr als 330 Millionen Jahren entstanden ist.

Ein etwa 69 Kilometer langer Wanderweg von Stiege nach Quedlinburg – der „Selketal-Stieg“ – führt meist dem natürlichen Flusslauf folgend den Wanderer in eine fast unbe­rührte Natur mit naturnahen Bachstrukturen, heimischen Laubbäumen an den Tal­hängen, einer besonderen Flora sowie in die Heimat seltener und gefährdeter Tiere wie Mauersegler, Wildkatze, Haselmaus und Zwergmaus.  

Und auch die Selketalbahn, die von der Harzgemeinde Mägdesprung aus 1887 zum ersten Mal die etwa 10,5 Kilometer lange Strecke nach Gernrode „keuchte“, lädt immer noch ein, sich auf eine reizvolle Schatzsuche zu begeben.

Ein Schatzsucher besonderer Art ist Detlef Marcus, der 50 Jahre lang in Wolfenbüttel ein Blumengeschäft geführt hat, und jetzt als Rentner seinem Hobby der Fotografie intensiv nachgeht. Im Herbst fängt der naturverbundene Hobbyfotograf mit seiner Kamera gerne die „Herbststimmung“ ein. Wie man bei seinen Aufnahmen sieht – mit seinen Augen und mit Hilfe der Kameratechnik. „Es soll gemütlich aussehen, Freude bereiten“, verrät Detlef Marcus, der zunächst mit dem Auto von Wolfenbüttel nach Alexisbad, einem Erholungs­zentrum des Naturschutzgebietes Selketal, gefahren ist, um von dort zu Fuß die Schätze vor allem in der Natur aufzusuchen. Vielleicht motivieren seine Aufnahmen andere, dem Geheimnis des Tales mit eigenen Augen auf die Spur zu kommen.

Ausgangsorte für eine Entdeckungstour können neben dem Alexisbad zum Beispiel auch Meisdorf sein (das „Tor zum Selketal“), Harzgerode, Königerode, Dankerode – um nur die Orte im Selketal zu nennen, die mit „-rode“ enden und ein Hinweis auf die Urbarmachung durch Waldrodung sind – oder die Burg Falkenstein, die 134 Meter über dem Selketal thront.

Viele Wege führen zum Selketal

Viele Wege führen zum Selketal.

Viele Schatzsucher im Selketal suchen nicht an erster Stelle ein Event bei Wellness, beim Bespaßen oder beim Abhaken touristischer Attraktionen in einem Outdoor-Gelände. Im Rückzugsort Selketal wollen sie vielmehr möglichst ohne (Freizeit-)Stress, ohne (nervende) Lautstärke, ungestört und unkontrolliert gleichsam auf leisen Sohlen Wanderlust erleben, die durch die atemberaubende Nähe mit urwüchsiger Natur entsteht: Wenn auf dem Wanderweg das Rauschen des wilden Flusses zu hören ist, das leise Rauschen des Windes im bunten Blätterwald, im Herbst auch das Knistern und Rascheln der abgefallenen gefärbten Blätter unter den Füßen. Wenn durch einen Sturm umge­knickte und entwurzelte Bäume den Weg versperren, die es zu überwinden gilt. Wenn Flora und Vogelstimmen sowie andere Tiere neugierig machen. Ja, wenn der Wanderer von Bäumen umgeben ist und plötzlich  umarmt wird, ihren Herzschlag oder sogar ihre Stimmen zu hören meint. Wenn er aber auch anfängt zu ahnen, dass er Teil der Natur ist, dass er auf dem Ast sitzt, an dem gesägt wird, wenn natürliche Ressourcen zerstört werden. Wenn er zugleich die Gewissheit verspürt, dass zum ewigen Kreislauf aus Welken und Erblühen, aus Vergehen und Werden auch eine geheimnisvolle Neuschöpfung gehört, wenn die Hoffnung auf Regenerationskraft blüht und Verantwortung für die Mitwelt wahr­genommen wird.

Die Selke bleibt ein stürmischer Fluss.

Dann ist er zu Fuß unterwegs. Und durch bewusste Selbstbewegung – Schritt für Schritt – sowie durch schöpferische Selbstbesinnung – ein Gedanke nach dem anderen – erlebt er einen persönlichen Fort-Schritt, wird der Weg in der Natur und durch die Natur selbst zum Ziel.