Moment mal
See des Lebens
Von Burkhard Budde
Auf ein Wort
Auf dem See des Lebens
Ein funkelnder Juwel als zauberhafter Blickfang: Kennen Sie dieses Juwel? In seiner wilden Schönheit und seinem eleganten Stil ist der See im Hochgebirge geheimnisvoll, aber auch in seiner kühnen Unberechenbarkeit und spannungsvollen Widersprüchlichkeit stets gefährdet. Der See mit den vielen Booten lädt zum Beobachten und Nachdenken ein.
In einem Boot rudert einer – offensichtlich gedankenlos und gleichgültig. Weiß er eigentlich, wohin die Reise geht?
In einem anderen Boot rudert einer, der anders wirkt – interessiert und neugierig, auf der Suche nach dem Farbenreichtum und der Formenvielfalt des Sees. Findet er Sinn und Geborgenheit, aber auch Genuss und Freude?
Einer ist zu sehen, der das Ruder fest in der Hand hält; ein anderer, der das Gesetz des Handelns aus der Hand gegeben hat und sich steuern lässt. Sind beide glücklich und zufrieden?
Einer rudert kräftig gegen den Strom, um sein Ziel möglichst schnell und sicher zu erreichen; ein anderer legt sich ehrgeizig und maßlos in die Ruder. Werden beide ihre Ziele erreichen, wenn sie unrealistisch sein sollten?
Einer liegt im Boot. Will er seine Ruhe haben? Träumt er vor sich hin? Hofft er, dass der angekündigte Sturm an ihm vorübergeht? Wartet er auf Hilfe oder erwartet er Hilfe, ohne sich selbst anstrengen zu wollen?
Aber auch viele Boote mit mehreren Ruderern sind zu sehen. Haben sie sich auf ein gemeinsames Ziel fair geeinigt? Rudern alle in die gleiche Richtung? Ist ihr Ziel der Erhalt der Vielfalt in der Einheit oder die Gleichmacherei aller Ruderer? Gibt es unter ihnen Intrigen und Machtkämpfe? Herrscht eine Minderheit über die Mehrheit, eine militante Zeitgeisthörigkeit über die pragmatische Vernunft? Gibt es die Möglichkeit der individuellen Freiräume, die in Verantwortung für das gemeinsame Boot wahrgenommen werden?
Für alle Boote und Ruderer gilt: Die eigentliche Bewährungsprobe auf dem See des Lebens findet nicht bei schönem Wetter statt, sondern in stürmischen Zeiten. Wenn alles im Fluss oder aufgewühlt ist, sollte kein Ruderer versuchen, mit der mächtigen Sonne zu konkurrieren und alle anderen bevormunden oder erziehen zu wollen. Vielmehr sollte im Boot eine anpassungsfähige und veränderungsbereite Balance angestrebt werden – wenn sich das Boot nach rechts neigt, muss es nach links ausgerichtet werden. Und wenn es nach links zu kentern droht, muss es nach rechts ausgerichtet werden. Wer das Kentern des Bootes verhindern will, sollte nicht nur an sich und seinen Heiligenschein denken, nur seine eigenen Interessen durchzusetzen versuchen oder im Namen des Friedens Kapitulation fordern und weiteren Unfrieden schaffen.
Im Auf und Ab des Lebens verdunkeln Kaltherzigkeit und Verantwortungslosigkeit das Juwel des Lebens. Keiner sollte zudem die Augen davor verschließen, dass nicht das Boot den See des Lebens trägt, sondern das Wasser das Boot. Und dass das Wasser, das aus unterirdischen und unsichtbaren, aber realen Quellen stammt, erst ein Leben auf dem See ermöglicht.
Für Christen ist das Leben ein kostbares Geschenk, eine einmalige Gabe Gottes, die eine verantwortungsvolle Aufgabe darstellt, im christlichen Geist vor Gott zu leben.
Und wenn Aggressoren die Würde von Menschen mit Füßen treten sowie freie Boote zu zerstören beabsichtigen, gibt es das natürliche Recht auf Selbstverteidigung, aber auch die moralische Pflicht zusammenzurücken, zusammenzuhalten und für ein sicheres Leben in Würde und Freiheit zu kämpfen. Damit das Juwel eines Tages wieder für alle leuchten kann. Und Glücksmomente ermöglicht.
Burkhard Budde
Veröffentlicht im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel am 23.4.2023
in der Kolumne „Auf ein Wort“