Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Liebe

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche gute Tugend: Liebe 

Ist die alte Tugend Liebe heute noch alltagstauglich und lebensdienlich? Oder ist Liebe zu einem Schein-Wort geworden, das das Glück zweier Menschen nur vortäuscht und deshalb enttäuschen muss – vielleicht am Anfang ein Feuer des Glücks entfacht, aber sehr schnell als Strohfeuer endet?

Kann Liebe trotz Frustration das Glück neu herbeizaubern? Bleibt echte Liebe ein Schlüsselwort für eine glückliche Beziehung, vielleicht sogar ein Generalschlüssel, der neue und weite Räume des Glücks aufschließt? Und aus der engen Gefangenschaft einer kühlen Vernunft und heißer Gefühle herausführt? Ist wahre Liebe ein ewiger Jungbrunnen, aus dem immer wieder neu wahres Glück geschöpft werden kann?

Zur Liebe, sagt die „allgemeine Erfahrung“, gehören Vertrauen und Verantwortung, Leidenschaft und Vernunft. Doch die individuelle Erfahrung kann ganz unterschiedlich sein: Was den einen Partner sehr schnell verletzt, kann für den anderen eine unbedachte Lappalie sein. Deshalb empfiehlt der „gesunde Menschenverstand“, miteinander über Probleme zu sprechen: Probleme nicht ständig zu unterdrücken, herunterzuschlucken oder wegzulächeln, damit Ungesagtes nicht plötzlich explodiert oder die Liebe in Flammen aufgeht. Nicht jede Gefühlsregung muss heiß auf einem goldenen Teller serviert werden. Nicht jedes Wort muss übergenau auf die Goldwaage gelegt werden. Aber spätestens wenn immer wieder undifferenziert alte Kamellen aufgetischt werden, Konkurrenz- und Neidgefühle sowie Rachegedanken Risse im eigenen Selbstwertgefühl hervorrufen, hilft kein Schweigen mehr, sondern nur ein offenes und ehrliches Gespräch im gegenseitigen Respekt.

Zum Geheimnis christlicher Liebe zählt zudem das Verzeihen lernen, indem zum Beispiel – nach einer Phase der emotionalen Abkühlung – bei der aufrichtigen Bitte um Entschuldigung im gegenseitigen Austausch der Gefühle und Gedanken die Sichtweise des anderen leichter verstanden wird. Um dann das Zerstörerische, das in der Seele Angst und Panik verbreitet, loszulassen, wobei Platz geschaffen wird für einen Neuanfang auf Augenhöhe – als Voraussetzung für einen gemeinsamen Neuanfang oder wenigstens für einen stabilen Kompromiss.

Der Glaube an die vorauseilende Liebe Gottes, die allen Menschen gilt, ist kein Für-wahr-halten leerer Versprechungen; kein Glauben an einen Oldtimer, der eigentlich überflüssig ist, auf jeden Fall wenig alltagstauglich; auch kein Glauben an eine Geisterfahrt, indem blind einer Moral, die bevormundet, einem Dogma, das lebensfern ist, einer Tradition, die leblos ist, gehuldigt wird.

Der Glaube an Jesus Christus – deshalb „christlicher“ Glaube – verspricht zwar keinen leid- und konfliktfreien Königsweg, wohl aber erschließt er z. B. im Gebet eine Energiequelle, die kostenlos Kraft im Leben und für das Leben schenkt. Er wirkt wie ein Beziehungsmoto, der z. B. im aktiven Hören auf das Wort Gottes eine unsichtbare, aber erfahrbare Gemeinschaft zwischen Gott und Gottgläubigen ermöglicht.

Und in allen Beziehungskrisen von Liebenden, aber auch in allen anderen Konflikten von Menschen eine kluge Herzensbildung empfiehlt, den Vorrang der inneren Freiheit zur Liebe in persönlicher Verantwortung vor Gott und dem Nächsten – in jeder Lebenslage. 

Burkhard Budde