Moment mal
Jeder Einzelne zählt
von Burkhard Budde

Wer steuert wie das Boot?
Viele wissen: Auf das Verhalten jedes Einzelnen kommt es an.
Selbstsüchtige Matrosen oder Steuerleute lassen ein Boot in schwerer Zeit schwanken. Wer von ihnen die Risiken der Pandemie für alle und alles herunterspielt, um die Ich-Rolle eines Unverletzbaren zu spielen, kann sich selbst und andere schädigen, spielt mit dem Kentern des Bootes.
Panische Ängste sind ebenfalls eine große Gefahr für die ganze Mannschaft sowie für die Passagiere, weil sie das Verhalten lähmen oder unkontrolliert machen. Wer darüber hinaus das Geschäft mit der Angst von Fanatikern oder Verschwörungstheoretikern betreibt, beschleunigt den Untergang.
Auch das soll es geben: Vorgespielte diffuse Angst, um persönliche Vorteile zu ergattern – ein unfaires Verhalten gegenüber anderen, die die Aufgaben des „Ängstlichen“ übernehmen müssen. Und wer sich hinter Schutzmaßnahmen oder einer Übermoral einfach versteckt, kann sich zwar auf die eigene Schulter klopfen, aber eine ungewohnte Situation nicht angemessen bewältigen.
Doch Vernünftige können vernünftig bleiben: Jeder hat das Steuer selbst in der Hand, sich selbst und andere zu schützen, auch wenn ein Restrisiko immer bleibt und einer sich „unglücklich“ anstecken kann. Jeder ist wichtig, bleibt häufig Zünglein an der Waage, um etwas Richtiges – im Sinne von Rücksichtnahme, Vorsicht und Hilfsbereitschaft – zu tun, damit sich etwas zum Guten – ein gemeinsames Leben in Würde, Freiheit und Sicherheit – verändert. Das zivilisierte und zugleich verantwortungsvolle Ego stärkt das Miteinander und Füreinander – mit Respekt (nicht mit Rücksichtslosigkeit), Mitgefühl (nicht Selbstverliebtheit) und Anstand (nicht Niedertracht oder Verlogenheit).
Was kein Moralapostel, kein Ordnungshüter, kein Politiker, kein Denunziant, kein Volkserzieher bewirken kann, schafft der Mitstreiter, der im gemeinsamen Boot sitzt und die Bojen bzw. Spielregeln beachtet und achtet, weil er von ihrer Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Vorläufigkeit überzeugt ist, um die Fahrrinne in der jeweiligen Situation finden zu können. Und deshalb durch sein persönliches Verhalten auch andere überzeugen kann.
Freiheit in „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ (Grundgesetz) ist möglich: Eine freie Gesellschaft bleibt – paradoxerweise – gerade wegen des vorübergehenden Verzichtes auf Freiheit auf Dauer frei – aus Einsicht und in der freiwilligen Bindung an Maßnahmen. Reiner Egoismus und einseitiges Machtgehabe werden zugunsten des Gemeinsinns überwunden – durch ein verantwortungsvolles Verhalten des Einzelnen für das ganze Boot der Gesellschaft.
Burkhard Budde
Veröffentlicht auch im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 14.11.2020