Auf ein Wort

Hoffnung

Von Burkhard Budde

Adi Holzer, Engel an der Altarwand der Fliedner Kirche, Braunschweig 1987

Auf ein Wort

Auf Hoffnung verzichten? 

Passen Feiern noch in die Landschaft? Oder sollte man lieber auf Advents- und Weihnachtsfeiern mit biblischer Botschaft verzichten? 

Die Schlange und der Schwan diskutierten. 

Der Schwan hatte Angst, dass sein schönes weißes Kleid schmutzig werden könnte. Er beruhigte sein Gewissen: „Jedes Jahr die gleiche Leier – langweilig und lebensfremd“. Die reine Botschaft werde nur befleckt, wenn man sich offen zu ihr bekenne. Es sei besser, flüsterte sie der Schlange ins Ohr, mit einem kalten Herzen einen kühlen Kopf zu bewahren als mit einem heißen Herzen auf verschlossene Ohre zu stoßen und enttäuscht zu werden. Sie bewahre die Botschaft der Liebe Gottes lieber in ihrem Herzen, wo sie hingehöre und geschützt bleibe. 

Zunächst fand der Schwan bei der Schlange offene Ohren, die zischte: „Vielleicht hast du recht“. Bei den vielen Ks – und sie nannte Kriege und Katastrophen, aber auch Krankheiten und Konflikte – sei Reden Silber und Schweigen Gold. Denn wie sei es zu verantworten, in der eiskalten Finsternis von Licht und Wärme zu sprechen, wenn brutale Gewalt und zunehmender Hass, abgestumpfte Gefühlslosigkeit und stupide Gleichgültigkeit alles andere übertöne und den Takt angebe? 

Aber dann dachte die Schlange weiter, sehr weit. Sie blickte gen Himmel und sah dunkle Wolken am Himmel – ein bedrohliches Spektakel, ein Vorspiel auf ein Gewitter oder Unwetter. 

Auch der Schwan zuckte zusammen, verließ fluchtartig sein Gewässer, auf dem er majestätisch und besonnen seine Kreise gezogen hatte, ins nahegelegene Gelände, watschelnd und sehr unbeholfen, schnatternd und gurgelnd. 

Doch jetzt schien die Stunde der Schlange gekommen zu sein, die sich zwar häuten konnte, aber gar nicht so falsch war, sondern aufrichtig und aufgeklärt die Verbindung zwischen Erde und Himmel halten und ihre Mitwelt beschützen wollte: „Sei vernünftig. Die Wolken bleiben nicht an ihrem Ort; sie verschwinden wieder. Und das Gewitter auch“, rief sie dem Schwan zu. 

Doch erst als es wirklich regnete und stürmte kam es zur Geburt neuen Denkens: Ohne Hoffnung auf Veränderung können Stürme des Lebens nicht ertragen werden. Und ohne Geburtstagskind bleibt eine Geburtstagsfeier hoffnungs- und seelenlos, entdeckten beide Kreaturen. 

Und beide hörten genau hin und vernahmen die Botschaft des Engels in ihren Herzen und bewegten sie in ihren Köpfen – eine Botschaft nicht eines Unschuldsengels, auch nicht der eines Racheengels, sondern eines Erzengels, der als Bote zwischen Himmel und Erde der ganzen Welt verkündete: „Fürchte dich nicht. Gott liebt diese Welt – trotz allem. Und auch Dich – wie Du bist. Trag in diese dunkle Welt ein Licht – in Würde und Freiheit nach Deinen Möglichkeiten“. 

Und Schwan und Schlange beschlossen, eine weihnachtliche Feier mit Form und Format, mit Würde und Sinn, mit Stimmen von Engeln, die den Himmel öffnen und den eigenen Horizont vertiefen und erweitern, zu begehen, da sie auch und gerade in stürmischen Zeiten nicht auf Zuversicht und Liebe verzichten wollten. Denn „Euch ist heute der Heiland geboren.“ 

Burkhard Budde