Auf ein Wort

Suche guten Lehrer

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Suche guten Lehrer

 

Lehrer kennt jeder aus eigener Erfahrung. Aber kann auch jeder Lehrer ein „guter Lehrer“ sein? Und was ist das überhaupt ein „guter Lehrer“?

Im Traum saß ein Großvater, der zur Einschulung seiner Enkeltochter eingeladen war, in einem Klassenzimmer, indem es ein Kommen und Gehen gab, und er erlebte so etwas wie eine Zeitreise.

Vor ihm tauchte Sokrates aus dem antiken Athen auf, der statt zu lehren lieber gezielt fragte, und statt dem Schüler sein Wissen nur zu vermitteln lieber in die Rolle eines Geburtshelfer des Wissens schlüpfte, das in dem Schüler schlief und verborgen war, aber so geweckt und erfahrbar wurde.

Was für ein Erfolgserlebnis für einen Schüler auf dem Weg seiner Entwicklung! Der Schüler hatte den Schlüssel zur Weisheit „Erkenne dich selbst!“ in der eigenen Hand. Und erlebte zwar beim ersten Schritt seine eigene Unwissenheit, beim zweiten Schritt den Vorrang der Selbstkritik vor Selbstüberschätzung, aber beim dritten Schritt die Tiefe und Weite über den Sinn des Lebens, über Gott und Gerechtigkeit nachzudenken. „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ war die Triebfeder, mehr wissen sowie reflektiert und selbstständig denken zu wollen, sich frei und verantwortlich, mutig und wahrhaftig, aktiv in Konflikte einzumischen und nach dem Guten zu streben.

Doch die zentrale Voraussetzung für ein „gutes Leben“, so der zweite antike Lehrer Aristoteles, der im Traum erschien, sei die Bildung, die selbstständige Urteilskraft und Mündigkeit ermögliche. Wer überzeugen wolle, müsse „Ethos“ haben, glaubwürdig, kompetent und ehrlich sein, „Pathos“ haben, emotional seine Schüler berühren können sowie den „Logos“ beherrschen, die vernünftige Argumentation, mit einer nachvollziehbaren Gedankenführung und sachlichen Beweisen überzeugen. Dann könne ein guter Lehrer Vertrauen zu seinen Schülern aufbauen, sie motivieren und Wissen vermitteln.

„Ihr habt keine Ahnung von der Schulwirklichkeit“, meinte der altmodische und etwas steife Lehrer Lämpel, der die schönen Ziele und Kriterien, die „Träumerei“ der antiken Philosophen kaum noch hören konnte. Er würde mit seinem Frontalunterricht sowie seinen ehrwürdigen und schulmeisterlichen Belehrungen mehr Erfolg haben. Auf Disziplin, Ordnung und Gehorsam käme es an; alles andere sei Wunschdenken. Und ein Professor Raat – von seinen Schülern spöttisch „Unrat“ genannt – pflichtete ihm bei und fügte noch hinzu: „Ohne Zeigestock bist du machtlos, ohne Moral ziellos.“

Als der schweißgebadete Großvater sich am anderen Morgen den Schlafsand aus den Augen gerieben hatte, konnte er klarer sehen: Für sein Enkelkind wünschte er sich keinen autoritären Lehrer, der kein Einfühlungsvermögen und kein Interesse an der individuellen Förderung seines Nachwuchses hat, aber auch keinen rein dozierenden Lehrer, der nur an die Vermittlung von Wissen und Fakten interessiert ist und nicht auch für seinen Beruf brennt, sich um die Schüler kümmert und seine Verantwortung für die Schüler und seine Klasse wahrnimmt. Vielleicht erleben ja die Erstklässler eine kommunikative Vertrauensperson, die zugleich sozial und fachlich kompetent ist und zu der die Kinder gerne eine Beziehung eingehen, damit Lernfreude geweckt und ein erfolgreiches Lernen möglich werden. Weil mit den Schülern respektvoll und individuell, fair und fördernd umgegangen wird.

Und der „gute Lehrer“ muss ja weder ein geliebtes Multitalent noch ein gehasster Zirkusdirektor sein, aber vielleicht kann er ja wie ein pädagogischer Gärtner handeln, der kleine Pflänzchen liebevoll und empathisch pflegt und hegt sowie wachsen lässt. Und als Vorbild und Leitbild im Gedächtnis „guter Schüler“, die inspiriert und motiviert worden sind, ihr Leben zu meistern, bleibt.

Burkhard Budde