Auf ein Wort

Suche gute Pflege

Von Burkhard Budde

 

Suche gute Pflege 

Die „Dame mit der Lampe“, die jede Nacht mit ihrer Lampe im Lazarett unterwegs war, um Verwundeten im Krimkrieg (1853 bis 1856) zu helfen und sie zu trösten, war kein seelenloser Roboter mit Menschenmaske. Und der „Engel der Barmherzigkeit“ – so wurde sie auch genannt – kämpfte im 19. Jahrhundert nicht nur für Humanität im Krieg, sondern darüber hinaus für eine moderne Kranken- und öffentliche Gesundheitspflege. Sie war in jeder Beziehung eine Pionierin: Sie öffnete mit ihrer School of Nursing („Schule für Krankenpflege“) in London die Tür für Frauen, die einen geachteten Beruf erlernten und sich emanzipieren konnten.

Die Rede ist von Florence Nightingale (1820 bis 1910), die am 12. Mai das Licht der Welt erblickte. Seit 1974 wird ihr Geburtstag als Internationaler Tag der Pflegenden offiziell gefeiert, um die tägliche Arbeit von Pflegkräften anzuerkennen und die breite Öffentlichkeit für das Thema Pflege zu sensibilisieren. Denn jeder Mensch kann krank und pflegebedürftig werden und erwartet dann eine „gute Versorgung“.

Aber hat eine „gute Pflege“ – Nightingale dachte dabei an eine Pflege mit christlichen Perspektiven, die nicht nur körperliche, sondern auch alle anderen Bedürfnisse des Menschen umfassen sollten – noch eine Chance? Kann eine „ganzheitliche Versorgung“ erwartet oder erhofft werden? Und hat die Menschlichkeit, die Zuwendung zum notleidenden Nächsten als Fixstern am Himmel der Werte überhaupt eine Chance im Alltag der Pflege – eine Leucht-, Wirk- und Gestaltungskraft in der Nacht bzw. Not des Personalmangels, eines Kosten-, Finanzierungs- und Arbeitsdrucks, des Bürokratieaufwandes und schlechter Rahmenbedingungen wie die Ökonomisierung, die Wirtschaftlichkeit als alleinigen Maßstab sieht?

Dennoch oder gerade deshalb sollte der Tag der Pflegenden zu einem Tag des Dankes werden. Denn viele Pflegende sind keine gefühlslosen Pflegeroboter, die auf Fließbandpflege („Schnell, Sauber, Satt, Sicher“) programmiert sind. Viele setzen sich tagtäglich fachlich qualifiziert und kompetent für eine individuelle und situative Beziehungspflege ein. Viele Pflegende stärken die Eigenverantwortung des zu Pflegenden, ermöglichen Hilfe zur Selbsthilfe und leben Solidarität mit ihnen vorbildlich vor. Viele bleiben trotz Druck und Anforderungen freundlich und höflich, verständnisvoll und hilfsbereit, sind sogar vertrauensvolle Anwälte der Schwächeren und einer menschenwürdigen Pflege – keiner Roboterpflege und keiner Herrschafts- oder Dienstbotenpflege.

Viele Pfleger versuchen, ihre individuelle Resilienz, ihre rasche Anpassungs- und Lernfähigkeit in ständig sich ändernden Situationen zu erhalten und sie mit tragfähiger Teamarbeit zu verbinden. Denn im Alleingang kann die Qualität der Versorgung nicht geleistet werden, aber auch nicht Sinnerfüllung und Freude erfahrbar werden, für pflegebedürftige Menschen eine besondere Verantwortung zu tragen.

Ganz im Sinne des Geburtstagskindes: In jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu entdecken und ihre Würde durch gute Pflege zu achten, zu bewahren und zu verteidigen.

Danke für diesen Dienst, der Einsamkeit überwindet und Licht schenkt – ein wertvoller Beitrag für eine Gesellschaft mit einem humanen Gesicht.

Und deshalb noch eine Bitte: bleibt menschlich in der stationären und ambulanten Pflege, ohne kopflos zu werden, insbesondere aber auch in den Familien, wo die meisten pflegerischen Aufgaben liebevoll und mit hohem Engagement erbracht werden.

Burkhard Budde