Goslarer Rede 2024

Gegen Antisemitismus

Von Burkhard Budde

Christoph Bors, Sebastian Lechner, Christoph Plett, Dr. Josef Schuster, Ralph Bogisch, Dr. Constantin Weigel und Prof. Dr. Reza Asghari (v.l.n.r.)

Goslarer Rede 2024
Gegen Antisemitismus, Judenhass und Israelfeindschaft

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, hielt in diesem Jahr in der Kaiserstadt Goslar am 20. November 2024 die „Goslarer Rede“, die traditionell an den ersten Bundesparteitag der CDU als „Sammlung der Landesparteien“ auf Bundesebene im Jahr 1950 erinnert. In diesem Jahr besuchten etwa 150 Besucher die Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) im „Achtermann“ in Goslar, darunter viele Schüler.

Das „Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“ versprach eine besondere Relevanz und Brisanz – nach dem grausamen Massaker der radikalislamistischen Terrororganisation Hamas an israelischen Zivilisten am 7. Oktober 2023, den folgenden militärischen Konflikten im Gaza, bei denen auch viele palästinensische Zivilisten getötet werden, sowie im Libanon gegen die Terrormiliz Hisbollah, die ein verlängerter Arm des Iran ist und täglich Raketen auf Israel abfeuert. Insbesondere natürlich auch nach der folgenden Welle antisemitischer Vorfälle in Deutschland.

Der Zentralratspräsident sagte, dass sich jüdische Gemeinden in Deutschland in einer Ausnahmesituation befänden. Eine „antisemitische Querfront“ von links bis rechts habe gemeinsam mit einem „muslimisch islamistischem Milieu“ erfolgreich ein gemeinsames Feindbild geschaffen und trage dies in die Mitte der Gesellschaft.

Hass gegen Juden dürfe jedoch nicht zur Normalität werden. Alle demokratischen Kräfte müssten eine klare Haltung gegen Antisemitismus zeigen. Antisemitismus fange nicht erst an, wenn Synagogen brennen würden. Die demokratische Bildung sei ein Schlüssel gegen den zunehmenden Antisemitismus, Judenhass, Israelfeindschaft und Geschichtsvergessenheit.

Schuster erinnerte an die Opfer des Massakers in Israel, an die 80 000 israelischen Binnenflüchtlinge sowie an die Zivilbevölkerung in Gaza, die Schutz und medizinische Versorgung erhalten müssten.

Die Sicherheit Israels als „deutsche Staatsräson“ dürfe in der Stunde der Bewährung keine leere Formel bleiben.

Menschwürde müsse gelebt werden; sie stehe über allem und gehe alle etwas an, wenn sie verletzt werde. Das Grundrecht Asyl sei „unverhandelbar“. Die politische Kultur in Deutschland müsse „verbal abrüsten“; eine Tolerierung durch die in Teilen rechtsextremistische AfD, strategische Absprachen oder gar eine politische Zusammenarbeit mit der AfD lehnte der Zentralratspräsident ab.

Er betonte, dass die CDU, die mit Konrad Adenauer die Anfänge der Bundesrepublik geprägt habe, auch die Partei des Grundgesetzes als Grundlage für das Zusammenleben aller sei. Die Verfassung mit den Menschenrechten wie die Religionsfreiheit sei für viele Juden ein wichtiger Grund gewesen, nach Deutschland zurückzukehren, um frei und selbstbestimmt in einer offenen Gesellschaft zu leben.

Die Familie des Zentralratsvorsitzenden, der 1954 in Haifa in Israel geboren wurde, stammt aus Würzburg, floh in der Nazi-Zeit in das damalige Mandatsgebiet Palästina und kehrte 1956 nach Deutschland zurück.

Dass die Solidarität mit allen Juden im Mittelpunkt der Veranstaltung stand, machte der Landesbeauftragte der KAS Christoph Bors deutlich. Er sagte in seiner Begrüßung, dass es zur Geschichte der KAS immer gehört habe, gegen Antisemitismus zu kämpfen und sich für jüdisches Leben in Deutschland in Sicherheit und Freiheit einzusetzen – als Mahnung, Auftrag und Ansporn.

Sebastian Lechner MdL, Landesvorsitzender der CDU in Niedersachsen, forderte in seinem Grußwort die Landesregierung auf, dem CDU-Gesetzesentwurf zuzustimmen, der ein eigenes Ordnungsrecht an den Universitäten gegen antisemitische Angriffe, Hass und Hetze gegenüber jüdischen Studenten vorsieht. Der Antisemitismus dürfe keinen Platz in der Gesellschaft haben.

Die Erinnerung an die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der deutschen Geschichte, die menschenverachtende Ideologie der Nazis und der Holocaust, aber auch die am 7. 10. 2023 dürften nicht verblassen. Israel habe das Recht, sich selbst und seine territoriale Integrität zu verteidigen. Die „breite Solidarität“ mit Israel sei nicht verhandelbar, sondern konstitutiv; jedoch auch keine „kritiklose Gefolgschaft“: Militärische Aktivitäten seien nur so lange nötig, bis keine Gefahr mehr bestehe. Und die Siedlungspolitik der israelischen Regierung sei zu kritisieren. Lechner forderte die „Zweistaatenlösung“, wenn „alle das Existenzrecht Israels anerkennen und würdigen“.

Ralph Bogisch, Ratsherr der Stadt Goslar, erinnerte in seinem Grußwort an den 1. Bundesparteitag der CDU 1950 in Goslar, der Wiege der CDU. Wie in dem Gründungsjahr seien auch heute Mut, Verantwortungsbewusstsein, Aufbruchstimmung und Schulterschluss notwendig. Die deutsch-israelische Städtefreundschaft zwischen Goslar und Raanana sei heute ein wichtiges Beispiel und Signal. Ralph Bogisch, der auch Kreisvorsitzender der CDU Goslar ist, zeigte sich „in großer Sorge“ angesichts des Antisemitismus. Und wünschte allen Teilnehmern der KAS-Veranstaltung Gastfreundschaft, Willkommenskultur, Solidarität – und Shalom.

Der Vorsitzende des CDU Landesverband Braunschweig, Christoph Plett MdL, freute sich in seinem Schlusswort insbesondere über die Teilnahme der Schüler an der KAS Veranstaltung mit ihren historischen Perspektiven. Der Peiner Politiker sprach den Schatz jüdischer Einrichtungen, jüdischen Glaubens und jüdischer Kultur an.

Diesen religiösen, kulturellen und historischen Schatz gibt es in Deutschland. Er muss  gehoben und bewahrt, gesichert und vermehrt werden. Weil er im Kampf gegen Hass und Feindschaft in einer offenen und pluralen sowie demokratischen Gesellschaft eine existentielle Bedeutung hat – mit einem Würdeversprechen als reale Vision, die allen Menschen gilt, um im Frieden, in Freiheit, Sicherheit und Wohlstand leben zu können, in Deutschland, aber auch im Nahen Osten und überall auf der Welt. Und besonders in stürmischen Zeiten braucht es einen besonderen Kompass, den Konrad Adenauer kannte und der für alle KAS-Teilnehmer sichtbar an der Wand zu lesen war: „Man muss das Gestern kennen, man muss auch an das Gestern denken, wenn man das Morgen wirklich gut und dauerhaft gestalten will.“ Konrad Adenauer

 

Burkhard Budde

Sebastain Lechner, Dr. Josef Schuster, Prof. Dr. Reza Asghari und Dr. Burkhard Budde  (v.l.n.r.)