Moment mal

Freie Demokratien

Von Burkhard Budde

Richter Peter Müller (l.) beim Empfang nach seiner Festrede.

Demokratie braucht Demokraten

Richter Müller hielt Goslarer Rede 2023 

Demokratie braucht Demokraten. Und den Rechtsstaat, um als Staats- und Lebensform auf Dauer existieren zu können. Freiheit und Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde, seien keine Selbstverständlichkeit. Weltweit, so Peter Müller, Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, lebten weniger als ein Viertel der Menschen in einer freien Demokratie, die es nur im Doppelpakt mit dem Rechtsstaat gebe. 

Demokratien seien zudem auf dem Rückzug, sagte Müller in der diesjährigen „Goslarer Rede“ zum Thema „Wandelt sich die Zeit gegen die Demokratie“ vor 185 Teilnehmern auf einer Veranstaltung der Konrad- Adenauer-Stiftung am 22. November im Goslarer „Achtermann“. Als Beispiele des Abbaus demokratischer Freiheiten durch populistische und autokratische Bewegungen nannte der ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes (von 1999 bis 2011) u. a. die Türkei und Ungarn, aber auch die AfD in Deutschland. 

Peter Müller empfahl, die Herausforderungen beim Namen zu nennen. Das Diktat des „Political Correctness“ dürfe die Probleme nicht unter den Teppich kehren, die sonst giftiger würden. Prioritäten müssten definiert und dann müssten Konsequenzen gezogen werden. 

Ferner erinnerte der Festredner an das christliche Menschenbild sowie an Prinzipien als „Grundlage der deutschen Erfolgsgeschichte“. „Gerechtigkeit“ z.B. dürfe nicht mit „Gleichheit“ verwechselt werden. Sie sei zudem mehr als Generationengerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit. Zur Gerechtigkeit gehöre auch die Leistungsgerechtigkeit. 

Der Staat habe nicht nur eine Verpflichtung für die „Schwachen“, sondern auch eine für die Entwicklungsmöglichkeiten der „Starken“, damit gegenwärtige Probleme nicht auf künftige Generationen übertragen würden und das Land durch die Abschaffung der Leistung keinen weiteren schleichenden Abstieg erfahre. Ein anstrengungsloser Wohlstand, so Müller, sei eine Illusion. Und das bewährte Prinzip der „Subsidiarität“ bedeute „Privat vor Staat“ und damit Stärkung der Eigenverantwortung in allen gesellschaftlichen Bereichen. 

Ein starker Rechtsstaat, in dem alle Bürger die Gesetze einhalten müssten, weil das Motto „Not kennt kein Gebot“ sowie „Der Zweck heilige die Mittel“ falsch seien, habe ein Gewaltmonopol, um sich um die innere und äußere Sicherheit seiner Bürger zu kümmern. 

Scharf kritisierte Peter Müller, der an dem aktuellen Karlsruher Urteil zum Nachtragshaushalt der Bunderegierung mitgewirkt hatte, den „strammen Marsch“ in den Schuldenstaat, der zu Lasten der Kinder und Enkelkinder versuche, gegenwärtige Probleme zu meistern: Die Zinslast des Bundeshaushaltes sei auf 40 Milliarden Euro im letzten Jahr gestiegen; die 29 Sondervermögen von heute würden Rückzahlungen bzw. eine Zinslast von 80 Milliarden Euro ab 2030 bedeuten. Sondervermögen seien kein „Vermögen“, sondern Schulden, die Spielräume politischer Gestaltung in der Zukunft einschränkten. Es sei seitens der Regierung verfassungswidrig gewesen, den Haushaltsplan 2021 im Jahr 2022 rückwirkend zu ändern, um die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu umgehen. Der Klima- und Transformationsfons werde als eine „Art Eier legende Wollmilchsau“ angesehen. 

Besserwisserei und Ideologien seien jedoch keine Alternativen, sondern schlechter als vernünftige und kluge Lösungen, meinte Staatsbürger Peter Müller, der allen Zuhörern Mut machte, den Druck auf die Demokratie angesichts der vielen Krisen auszuhalten, nicht zu verzagen, sondern mit Begeisterung und Entschlossenheit sowie selbstbewusst anzugehen. 

Ein Schlusswort der „Goslarer Rede“, die jedes Jahr an den CDU Gründungsparteitag im Oktober 1950 in Goslar erinnert, das viele Demokraten bewegte; u.a. Christoph Bors, Landesbeauftragter der Konrad- Adenauer- Stiftung in Niedersachsen und Gastgeber, Ralph Bogisch, Ratsherr der Stadt Goslar und Kreisvorsitzender der CDU, Christoph Plett, Mitglied des niedersächsischen Landtages und Landesvorsitzender der CDU Landesverband Braunschweig, Carsten Müller, Mitglied des Bundestages und Kreisvorsitzender der CDU Braunschweig, Prof. Dr. Reza Asghari, Professor für High-Tech Innovation & Entrepreneurship an der TU Braunschweig und Ostfalia Hochschule, Senatorin a.D. Kathrin Weiher aus Bad Harzburg sowie Florian Schmidt, FDP- Kreisvorsitzender aus Goslar. 

Burkhard Budde