Auf ein Wort

Macht Lesen glücklich?

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Macht das Lesen glücklich?

Bücher müssen keine Ladenhüter oder Staubfänger in Regalen sein. Selbst angesichts einer digitalen Welt hat ein guter Roman eine nachhaltige Zukunft; manchmal wird er sogar zur Grundlage z.B. von Filmen, Theaterstücken oder Kunstwerken.

Aber was ist ein „guter Roman“, eine „gute Literatur“? Die Erwartungen und Maßstäbe  sind unterschiedlich, individuell, situativ und zudem wandelbar. „Für mich ist ein guter Roman eine reizvolle Mischung von Unterhaltung und Entspannung, Spannung und Entdeckung“, sagt eine Person, die jenseits ihres hektischen und gestressten Alltags Muße und Ablenkung sucht. Eine andere Person mutet sich gerne mehr „schwere Kost“ zu, liest manche Sätze und Kapitel eines Buches zweimal. Oder macht sich in Lesepausen eigene Gedanken über die provozierenden direkten oder indirekten Ratschläge, die ihr manchmal wie ein Poltern gegen ihre Seelentür vorkommen.

Der eine Leser ist begeistert von „seinem“ begeisternden Roman, der mit Freude weiterempfohlen wird; der andere legt den gleichen Roman frustriert aus der Hand, weil ihm die Durststrecke des Verstehens sowie der Deutung zu lange dauert und zu anstrengend ist. Wieder andere suchen neugierig die Botschaft des Autors oder den Autor selbst in seinem Werk. Manche finden, dass Realität und Fiktion nicht mehr voneinander zu trennen sind und akzeptieren und erleben beim Lesen, dass der gewebte Flickenteppich von Gedanken, Gefühlen und Handlung einen versteckten roten Faden hat und der eigenen Phantasie viel Deutungsspielräume lässt.

Viele gute Romane sind wohl wie kritische Spiegel, in denen sich ein Leser selbst oder eine verlorene bzw. heimlich gewünschte Realität wiederzuerkennen glaubt. Oder indem er eine (alte) Wahrheit (neu) entdeckt, die vor allem seinen Hunger nach einem bewussteren, freieren und gerechteren Leben stillt.

Viele gute Romane können zudem wie eine unversiegbare Quelle sein, aus der Motivation und Inspiration, Lebenskunst und Lebenslust, Lebenskraft und Lebenshalt, Kopf- und Herzensbildung geschöpft werden können.

Ein gut recherchierter und gestalteter Roman, der in die Tiefe und Weite des Lebens führt, hat für den Leser bleibende Bedeutung, da er wie zwei kommunizierende Röhren wirkt: Buch und Leser gehen einen Dialog ein; das Geschehen des Buches spricht zum Leser und der Leser wird Teil des literarischen Geschehens. Die tiefen Gräben der Gleichgültigkeit, der Ahnungslosigkeit und Bedeutungslosigkeit werden überwunden, indem Brücken von zwei Seiten geschlagen werden, von der Welt des Lesers in die Welt des Buches und zurück.

Von Frank Kafka (1883 – 1924) habe ich gelernt, dass ein Buch „die Axt“ sein „muss für das gefrorene Meer in uns“. Vielleicht gibt es heute mehr „Äxte“ als man denkt, die nur in die Hand genommen und gelesen werden müssen, damit der Leser selbst auftaut, sich bewegen kann, um in der realen Welt mit dem Florett der aufgeklärten Vernunft Mensch bleiben zu können sowie sich für eine gerechtere Welt einzusetzen.

Und um vielleicht auch im Buch der Bücher, der Bibel, Spirituelles, Geistig-Geistliches, zu entdecken, das ein sinnstiftendes und glücklicheres Leben ermöglicht.

Burkhard Budde

Burkhard Budde