Moment mal

Geöffnete Tür

Von Burkhard Budde

Moment mal

Von Innen geöffnet 

Bleibt die Tür verschlossen? Die Frau, deren Mann gestorben ist, wirkt untröstlich. Sie sitzt wie vor einer verschlossenen Tür und weint. Sie erlebt, dass diese Tür keine Drehtür ist – ihr Mann wird nicht zurückkehren. Und dass es offenbar keine Hintertüren gibt– dass es für das Leiden unter der Endgültigkeit und Ohnmacht keine Zufluchtsstätten gibt. So häufig sie auch klopft und trommelt, schweigt und lauscht, nach dem Sinn fragt, zweifelt, klagt oder verstummt, die innere Leere, aber auch die Gedanken an das leere Zimmer kann sie nicht mehr los werden. Und sie empfindet Schmerz, wenn sie die reale Haustür sieht, durch die ihr Mann sonst in das Haus gekommen ist.

Ist gegen den Tod, der Angst und Schrecken verbreitet, kein Kraut gewachsen? Kein Geld, keine Macht, kein Ruhm kann verhindern, dass der Tod plötzlich wie ein ungebetener Fremder durch die Tür des Lebens kommt.

Kann eine tief traurige Seele wirklich keinen echten Trost finden? Ist die verstorbene Seele – eine geliebte Person – auf ewig verloren? Oder doch unsterblich? Weil sie in die Welt der Seligen eingetreten ist? Sich in der Welt der Götter auf Wanderschaft befindet? Sich in einen anderen Körper verwandelt hat? In den Kreislauf der Natur zurückgekehrt ist?

Eine Perspektive kann jedoch bei allen Fragen, die sich nach Antworten sehnen, die Stahltür des Schreckens und der Angst einen Spalt öffnen.

Manche Christen erinnern sich: Ausgerechnet Jesus, der sich am Abend vor seiner Hinrichtung im Garten Gethsemane aufhielt, hatte furchtbare Todesangst. Er will nicht qualvoll sterben und einen schändlichen Tod erleben müssen. Und kämpft mit sich und Gott, bis er seinen Leidensweg annehmen kann, ohne zu flüchten oder seinen Häschern aggressiv zu begegnen. Warum? Weil er Gottvertrauen geschenkt bekommen hat, trotz allem mit Gott – mit „Abba“ („Papa“) – rechnete, dennoch auf tieferen Sinn in der Sinnlosigkeit hoffte, auf neues Leben im Tod.

Wenn Jesus Christus der Türöffner zu diesem mitleidenden Gott ist, dann kann sein schöpferischer Geist die verschlossene Tür des Vertrauenden von innen öffnen. Und Trauende trösten und neue Zuversicht schenken.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 12.11.2022 in der Kolumne „Moment mal“ und im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel am 13.11. 2022 in der Kolumne „Auf ein Wort“