Moment mal

Freiheit durch Liebe

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Liebe ermöglicht Freiheit 

Der Glaube an Gott ist für manche Menschen wie eine Vitamintablette, die dem Körper nicht schaden, nur nutzen soll. Andere Menschen hoffen, dass ihr Glaube wie ein Trostpflaster wirkt, das Tränen vorübergehend getrocknet werden. Wieder andere meinen, dass der Glaube ein Placebo darstellt, aber manchmal dennoch helfen kann.

Wie denken Sie, lieber Leser, über das Thema „Gott“? Oder haben Sie dieses Thema ad acta gelegt, weil es wichtigere Themen gibt? Weil Ihr persönlicher Glaube durch Krisen oder Gleichgültigkeit verdunkelt oder sogar verdunstet ist? Weil zu häufig der Name Gottes missbraucht wird, im Namen Gottes ideologische Süppchen gekocht oder Brutalitäten legitimiert werden?

Vielleicht sind Sie jedoch noch offen für das Thema „Gott“, weil Sie sich nach Orientierung und Halt, letztem Sinn und letzter Geborgenheit sehnen. Dann ist der heilsame Sprengstoff einer Parabel, die Jesus erzählt hat und im Lukasevangelium überliefert ist, genau richtig; ich fasse zusammen: 

Ein Vater hat zwei Söhne. Der jüngere Sohn will sein Glück in der Ferne suchen und bekommt von seinem Vater sein Erbteil, eine Abfindung vom verfügbaren Vermögen. Sein Vater hält ihn von seinem Vorhaben nicht ab, sondern schenkt ihm Vertrauen. Die Motive des Sohnes – ob er eine Lust auf Abenteuer verspürt, die Nase von seiner Familie voll hat oder einfach selbstständig werden möchte – werden nicht genannt. Auf jeden Fall bringt dieser Sohn in der Ferne „sein Gut um mit Prassen“.

Als er mittellos geworden ist und Hunger leidet, erinnert er sich an seinen Vater, der für seine Mitarbeiter immer etwas zu essen hat. Er beschließt, zu seinem Vater zurückzukehren, ihm von seinem Fehlverhalten und seiner existentiellen Not zu berichten. Und ihn um Arbeit eines „normalen“ Mitarbeiters zu bitten, da er es nicht länger verdient habe, „sein Sohn zu heißen“.

Als der Vater seinen Sohn aus der Ferne zurückkehren sieht, läuft er ihm entgegen, was damals außergewöhnlich war. Und ohne die Motive seines Sohnes zu kennen, fällt er ihm um den Hals und küsst ihn. Der Vater überrascht noch mehr, als er von dem Wunsch, ein normaler Mitarbeiter zu werden, hört. Er stattet den Sohn vielmehr aus mit Festgewand („Ehrengast“), Ring („Vollmacht“) und Schuhen („Freier Mann“) und lässt ein fröhliches Fest feiern.

Der ältere Sohn, der sein Glück in der Nähe beim Vater gesucht hat, ist über das Verhalten seines Vaters seinem Bruder gegenüber empört und will der Feier fernbleiben. Wieder reagiert der Vater ungewöhnlich: Er geht zu ihm und versucht, ihn davon zu überzeugen mitzufeiern. Doch der Sohn erhebt schwere Vorwürfe gegenüber seinem Vater. Sein Bruder habe das Gut des Vaters „mit Dirnen“ verprasst. Und der Vater sei ihm gegenüber „ungerecht“, da er ihm viele Jahre gehorsam gedient und nie ein Fest dafür ausgerichtet bekommen habe. Der Vater verurteilt auch den älteren Sohn nicht, sondern versucht ihn zu gewinnen: „Du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein.“ Und sei nicht der verlorene Bruder wiedergefunden worden?! 

Was für ein Vater! Er traut beiden Söhnen zu, mit ihm freiwillig, fröhlich und mutig eine Gemeinschaft einzugehen. Was für ein Vater Jesu! Er will – so die Botschaft Jesu-  alle Menschen sowohl von Fesseln einer maßlosen Selbstbehauptung und eines Ego-Trips als auch von den Fesseln einer überangepassten Selbstgerechtigkeit und von neidgetränkten Ängsten befreien – durch eine kostenlose Einladung der vorauseilende Liebe, die eine verantwortungsbewusste Freiheit in der beglückenden Bindung an Gott ermöglicht. 

Burkhard Budde