Moment mal

Freiheit zur Verantwortung

Von Burkhard Budde

Freiheit zur Verantwortung hat eine letzte Verantwortungsinstanz

Moment mal

Freiheit zur Verantwortung

Gehört es zum guten Ton, den Mund zu halten, wenn das Thema zu heiß geworden ist? Lieber nichts sagen, höchstens lächeln?!

Wenn sich alle Menschen so verhalten würden, hätte ein mächtiger Wolf einen Freibrief, besonders ohnmächtige Schafe rücksichtslos zu reißen oder als Wolf im Schafsfell naive Schafe mit schön schrägen Tönen zu verführen.

Sicherlich, zur Freiheit gehört es, eine Schere im Kopf zu haben, sich einen Maulkorb verpassen zu lassen oder Scheuklappen zu tragen. Auch ist jeder grundsätzlich frei: dumm zu sein und zu behaupten zwei plus zwei ergeben fünf, sich in seine Vorurteile und Selbstgerechtigkeit zu verlieben, an Verschwörungsmärchen zu glauben, sich neuen Kenntnissen und Erfahrungen zu verschließen, die Vielfalt, ja sogar seine eigene Freiheit auf dem Altar der Gleichmacherei zu opfern. Und natürlich kann Unfreiheit auch als Freiheit etikettiert werden.

Die Freiheit aller jedoch braucht keine Fesseln, wohl aber Bindungen: Ohne die Bindung an Werte und Normen, Recht und Ordnung – ohne den Hirten mit seinem Hund, der die Schafe und die Herde schützt, verteidigt und führt – wäre Freiheit nur spontane Beliebigkeit, bequeme Gleichgültigkeit oder ein Machtspiel zu Lasten der Schwächeren und auf Kosten des Gemeinwohls.

Die Kehrseite der Freiheit ist stets die Verantwortung. Rede- und Antwort- Stehen muss sowohl derjenige, der Verantwortung übernimmt – wofür, auf welcher Ebene und wie lange auch immer -, als auch derjenige, der auf dem Verantwortungskarussell sitzt und mit dem Finger auf andere zeigt.

Das Grundgesetz erweitert den Horizont, indem es auf die „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ hinweist. Freiheit braucht Verantwortungsinstanzen wie das eigene Gewissen, die Mitmenschen, eine unabhängige Justiz, künftige Generationen – auch Gott!?

Gott als letzte Verantwortungsinstanz ist Grund und Garant einer unantastbaren Würde und Freiheit. Moralische und vernünftige Argumente reichen nicht aus, das Unmoralische und Unvernünftige zu verhindern. Wenn die Vernunft vernünftig bleiben und nicht selbst zum Ersatzgott werden soll, ist eine freiwillige und persönliche Bindung an den souveränen Gott der Liebe und Freiheit wichtig, über den kein Mensch verfügt. Und Nächstenliebe als Bewährungsprobe der Gottesliebe und die Goldene Regel Jesu „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch!“ können helfen, mutig und mit kritischem Geist den richtigen Ton einer Freiheit zur Verantwortung auch bei „heißen Themen“ zu finden.

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch im Westfalen-Blatt am 17.7.2021 in Ostwestfalen und Lippe in der Kolumne „Moment mal“.