Moment mal

Familie bleibt wichtig

Von Burkhard Budde

Um ein menschengerechtes Verständnis von Ehe und Familie wird immer wieder gerungen – es bleibt eine wichtige Aufgabe.

„Die Familie ist keine Erfindung, die man einfach terminieren kann, sondern eine historisch gewachsene Gemeinschaft und Institution, die bei allen Heraus-forderungen eine Zukunft hat.

Das Grundgesetz mit seinem Artikel 6 Absatz 1 hat bleibende Bedeutung:

Familie ist kein Auslaufmodell, sondern ein Zukunfts- und Leitmodell im Horizont einer Vielzahl von zu tolerierenden Gemeinschafts- und Beziehungsmodellen. Sie stellt einen Schutz-, Schon- und Entwicklungsraum sowie eine Lebensgrundlage besonders für Kinder dar. Als einen schöpferischen und nachhaltigen Motor für den Fortbestand und die Entwicklung der Gesellschaft wird die Familie vom Staat in besonderer Weise geschützt und gefördert. Das ist auch gut so“.

Burkhard Budde

Leserbrief in die WELT, veröffentlicht am 29.12.2020, zum Artikel „Die Erfindung der deutschen Familie“ von Hans-Joachim Müller (DIE WELT 23. 12. 2020) 

Weitere Infos/ Quellen zum Thema „Ehe und Familie“; zum Beispiel: 

Bereits das Alte Testament kennt die Großfamilie (das „Haus“ oder „Vaterhaus“), die nicht nur eine patriarchalisch-strukturierte Wohn-, Wirtschafts-, Sozial- und Kampfgemeinschaft ist, sondern auch eine religiöse Kultgemeinschaft. Zu dieser Struktur gehören die „Munt-Ehe“, die Polygamie, eine Art Prestigepolygamie sowie eine Bewegung hin zur Monogamie.

Im Neuen Testament erscheint – nach Jesus – der „Wille Gottes“ wichtiger zu sein als die Einhaltung der „heiligen Ordnung“ um jeden Preis (Mk 3,31-35). Und – nach Paulus – gilt die Frau als „Angehörige Christi“ vor Gott nicht weniger als der Mann (Gal 3,28). Vor allem lässt sich – nach biblischem Verständnis – die christliche Liebe weder durch Gesetz noch durch eine Moral noch durch eine Institution „einfangen“.

Im Mittelalter gibt es vor allem drei klassische Formen, nämlich Konsensehe, das Konkubinat und die Friedelehe.

Seit dem 13. Jahrhundert entwickeln sich neue Familienformen, da die bäuerlichen und handwerklichen Hausgemeinschaften mit dem Entstehen der Städte und des Kaufmannsstandes „Konkurrenz“ bekommen.

In der Zeit der Aufklärung (17.und 18. Jahrhundert) wird der Mensch nicht länger ausschließlich von seinem Stand her betrachtet, sondern immer häufiger als geschäfts- und vertragsfähiges Individuum. Das Fremdwort „Familie“ ersetzt das deutsche „Weib und Kind“. Und die Ehe erscheint als der Kern der Familie.

Immer wieder wurde – und wird – um das Verständnis von Ehe gerungen; die „Klassiker“ sind Ehe als „äußerlich leiblich Ding“ (Martin Luther), Ehe als „Sakrament“ (Konzil zu Trient), Ehe als „patriarchalische Bürgerfamilie“ (18./19. Jahrhundert), Ehe als „göttliche Stiftung und Sakrament“ (Katholische Kirche), Ehe als „Gabe Gottes und Aufgabe des Menschen“ (Evangelische Kirche), Ehe „auf der Grundlage eines universalistischen Ethos“.

Ehe wird als „Institution“ (Immanuel Kant) gedeutet, als „Liebesgemeinschaft“ (Friedrich Schlegel, Friedrich Schleiermacher), als „höchste Totalität“ (Friedrich Hegel) und – in der Zeit der Säkularisierung – als „obligatorische Zivilehe“.

Im Zuge der Industrialisierung werden eigene Produktionsstätten geschaffen, Wohnort und Arbeitsplatz, Familie und Beruf trennen sich. Der Familienvater ist nicht länger zugleich Hausherr, Hauspriester, Patron und Arbeitgeber. Und die Familie konzentriert sich zunehmend auf das Elternpaar mit Kindern. Es entwickelt sich die Chance zur Personalisierung und Individualisierung. Die Familie mit ihrem Vater an der Spitze wird jedoch weiterhin als Zelle der Gesellschaft sowie als göttliche Ordnung angesehen, die vom „Vater Staat“ garantiert werden muss.

Heute gilt für viele das Leitbild des Grundgesetzes Artikel 6 im Blick auf die „Familie“.

Burkhard Budde