Moment mal

Ewiges Leben

Von Burkhard Budde

Christliche Botschaft glaubt an das ewige Leben

Hoffnung auf ewiges Leben

Einer horcht in die finstere Nacht hinein. Kein lauter Lärm stört die unheimliche Ruhe. Keine nervige Hektik überspielt die bedrückende Einsamkeit. Unbekannte Gefühle steigen aus der Tiefe empor. Seelische Kälte- und Hitzeausbrüche wechseln sich ab. Wut steigt in seinen Kopf. Seine Hand ballt sich zur Faust: Warum gerade ich? Warum gerade jetzt?

Ein Mann, der fast blind ist, liegt im Sterben. Er kämpft gegen den Tod. Und mit dem Tod ums Überleben. Verzweifelt versucht er, seine Angst vor dem Tod zu bezwingen. Seine Schmerzen, sein Aufbegehren und sein Kampf sind wie heiße Glut unter der kalten Asche seiner Ohnmachtserfahrungen. Gibt es denn keine Hoffnung auf eine kleine Flamme neuen Lebens?

Da reicht ihm eine Hand, die mitfühlt, ein schlichtes Kruzifix. Er öffnet seine Hand. Erst ein wenig erstaunt und flüchtig, dann langsam und immer intensiver berührt er mit seinen Händen den Christuskörper, dessen Hände und Füße von Nägeln durchbohrt sind. „Jesus“, stammelt der Mann plötzlich, „was hast du gelitten.“ Und je mehr er sich in die Gestalt des leidenden Mannes am Kreuz versenkt, desto häufiger scheint er gewisse Spuren seines eigenen Leidens zu entdecken. Er meint zu verspüren, mit seinem Leid nicht allein zu sein. Und erlebt, dass das tastende Mitleiden mit dem Gekreuzigten seine eigenen Leidenserfahrungen auf geheimnisvolle Art tröstet.

Er kann zwar seine neuen Erfahrungen nicht in klare Worte fassen und anderen einfach vermitteln. Aber eine unbekannte Kraft berührt ihn zärtlich, umarmt ihn vorsichtig, füllt sein Herz mit gewissem Vertrauen. Und durchflutet seinen Körper mit einem wärmenden Gefühl unbegreiflicher Geborgenheit.

Er schwärmt nicht, verklärt nicht seine Situation. Aber er muss sich nicht länger auflehnen, sich auch nicht einfach mit seinem Schicksal abfinden. Er darf weinen, weil Gott selbst wohl seine Tränen trocknet. Er kann seine Schwächen zeigen, weil Gott doch die Schwächsten der Schwachen am meisten liebt. Er kann kämpfen als kämpfte er nicht, weil Gott ganz gewiss Jesus in der Hölle, die er am Kreuz erlitten hat, die Tür zum Himmel öffnete. Und die in der Hoffnung auf die liebende und heilende Kraft Gottes geöffnet bleibt.

Ein tiefes Leuchten steht in seinen Augen. Als wenn in seinem Innersten eine Morgenröte aufgegangen ist, die die Sehnsucht nach der Sonne ewigen Lebens stillt. In der Nacht seiner Ohnmacht legt er seine Hand in unsichtbare, aber offene Hände.

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch am 24.4.2021 im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe

in der Kolumne „Moment mal“

sowie am 25.4.2021 im Wolfenbütteler Schaufenster

in der Kolumne „Auf ein Wort“