Moment mal

Brücken bauen

Von Burkhard Budde

Brücken bauen

70 Jahre EAK

Was ist der EAK? Nur ein schönes Aushängeschild der CDU/CSU nach dem Motto „Wir leisten uns ein Forum für ev. Christen“? Oder gar ein geistiges Feigenblatt der Christdemokraten, um vom eigentlichen Kern parteiinterner Machtkämpfe abzulenken? Eine ethische Triebfeder der Grundsatzpolitik, damit das „C“ im Parteinamen eine konkrete Wirkung in der Realpolitik behält bzw. erhält? Ist er angesichts einer scheinbar religionsmüden und religionsvergessenen Gesellschaft ein Auslaufmodell? Oder müsste man den EAK im Pluralismus als eine Kraft auf den Pluralismus gründen, wenn es ihn (noch) nicht gäbe?

Der EAK ist zunächst einmal die Abkürzung für „Evangelischer Arbeitskreis“, den es seit 70 Jahren in der CDU, aber auch in der CSU gibt. Für den Bundestagsabgeordneten Thomas Rachel aus Düren, seit 2003 EAK-Bundesvorsitzender, hat der EAK für differenzierte Debatten im Blick auf Grundsatzfragen eine bleibende Bedeutung. Er werde sogar angesichts des russischen Angriffs- und Zerstörungskrieges, eines imperialen Wahns und eines hemmungslosen Machtstrebens sowie von Unfehlbarkeitsansprüchen in der Politik immer wichtiger.

Der EAK, der am 17. Mai 2022 in Berlin im Rahmen der Veranstaltung „Brücken bauen – Politik in protestantischer Verantwortung“ der Konrad-Adenauer-Stiftung seinen 70. Geburtstag feierte, versuche vor allem, die ev. Verantwortung vor Gott und dem Menschen in der Politik wahrzunehmen, so Thomas Rachel. Das „C“ im Parteinamen sei jedoch auch Hinweis auf eine gemeinsame Verantwortung von Protestanten und Katholiken, eine geistige Klammer aller Parteimitglieder sowie Brücke unterschiedlicher Perspektiven. Als gleichzeitig „Würde und Bürde“ sowie als Orientierungsmaßstab ermögliche und erleichtere das „C“ politische Lösungen. Thomas Rachel setzte sich für eine „versöhnende Politik des Ausgleichs“ unterschiedlicher Interessen und Positionen ein.

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Prof. Dr. Norbert Lammert, erinnerte an das Wirken von Religion im öffentlichen Raum sowie an die weltweite Bedeutung von Kirchen als Institutionen. Die in Deutschland historisch gewachsene Trennung von Staat und Kirche bedeute, Staat und Kirche zu unterscheiden, aber auch Staat und Kirche „in geeigneter Weise“ miteinander zu verbinden.

Auf der wissenschaftlichen Tagung kamen viele Stimmen zu Wort: Zum Beispiel Dr. Michael Borchard von der KAS, der empfahl, mehr in Chancen zu denken und weniger zu lamentieren; Dr. Benedikt Brunner vom Leibniz-Institut aus Mainz, der die EAK-Gründerfigur Hermann Ehlers in den Jahren 1952 bis 1954 beschrieb und dessen Bekenntnis zur persönlichen Schuld und zum politischen Wächteramt würdigte; Prof. Dr. Torsten Oppelland von der Universität Jena, der an  Gerhard Schröder – von 1955 bis 1978 EAK-Bundesvorsitzender – als Exekutivpolitiker erinnerte und an dessen Wirken in der damaligen „Proporzpartei“;  Dr. Rebecca Schröder von der KAS, die über die „Evangelische Verantwortung“ als Publikationsorgan und Sprachrohr des EAK sprach, die erstmalig 1953 mit einer Gesamtauflage von 15 000 Exemplaren erschienen war; Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg, der den Einsatz der Christen für Demokratie, Freiheit und Recht lobte, aber auch naive Friedfertigkeit und „Friedhofsruhe“ kritisierte; Prof. Dr. Claudia Lepp von der Universität München, die den EAK im Kontext der Protestantismusgeschichte („Bewegungsprotestantismus“, „Moralisierung der Politik“, „Linkspolitisierung und Instrumentalisierung“)  beleuchtete sowie Prof. Dr. Thomas Großbölting von der Universität Hamburg, der sich mit dem Thema „Der EAK, die deutsche Wiedervereinigung und die Entwicklung des Protestantismus“ auseinandersetzte und die doppelte Minderheitenposition des EAK – in Kirche und CDU – hinterfragte.

Bekannte Persönlichkeiten wie Hermann Ehlers von 1952 bis 1954, Gerhard Schröder von 1955 bis 1978 und Roman Herzog von 1978 bis 1983, aber auch Albrecht Martin  von 1984 bis 1990, Peter Hintze von 1990 bis 1992, Angela Merkel von 1992 bis 1993 sowie Jochen Borchert von 1993 und 2003, Thomas Rachel seit 2003, haben den EAK geleitet und geprägt. Der Bundesgeschäftsführer des EAK ist Pastor Christian Meißner.

Nie war der EAK reines Sprungbrett in höhere Sphären der Politik. Wohl aber stets  ein Türöffner in einen besonderen Raum, in der sich Transzendenz und Immanenz,  Nichtalltägliches und Alltägliches, bleibende Werte und spirituelle Gewissheiten sowie die Suche nach Aktualisierung und Glaubwürdigkeit dieser christlichen Werte mischten. Und von diesem Raum, der für viele anziehend war und ist, gingen und gehen treibende Kräfte aus, die sowohl Parteien als auch die Gesellschaft für eine nachhaltige Entwicklung in eine gute Zukunft benötigen.

Der EAK hat kein Wächteramt (mehr), aber er kann Mitdenker und Vordenker sein. Und er ist als Impulsgeber christlicher Werte mit einer christlichen Haltung keine geduldete Zutat einer Partei, sondern lebendiger Teil der Gesamtpartei.

Burkhard Budde

Prof.Dr.Norbert Lammert

Dr.Michael Borchard

Dr. Bennedikt Brunner

Prof.Dr.Torsten Oppelland

Dr.Rebecca Schröder

Dr. Bernhard Felmberg

Prof.Dr.Claudia Lepp

Prof.Dr. Thomas Großbölting

Norbert Lammert gratuliert Thomas Rachel zu seinem 60.Geburtstag,

der am gleichen Tag gleichzeitig mit seiner Frau sein 25jähriges Ehejubiläum feierte