Moment mal

Hinter dem Kopf

Von Burkhard Budde

Moment mal

Blick hinter den Kopf 

Ein Mensch schaut immer nur vor den Kopf einer Person. Seine Denke steht niemandem auf der Stirn geschrieben. Aber was und wer steckt hinter einem Kopf?

Ein „Angelos“? Ein Engel ohne Flügel und ohne Heiligenschein muss kein Herzensbrecher sein, der den siebten Himmel vorgaukelt, aber die Vorhölle durch falsche Abhängigkeiten schafft. Bei einem Grenzgänger zwischen Himmel und Erde wird jedoch erwartet, dass er einen Menschen nicht vor den Kopf stößt. Dass der Bote einer liebenden Botschaft vielmehr ein mitfühlender Wegbegleiter, kraftvoller Wegbereiter, vielleicht sogar ein Augenöffner für die ganze Realität ist, ein Türöffner für neue Räume sowie ein Retter in der Not.

Oder steckt hinter dem Kopf ein „Diabolos“? Der Widersacher des „Angelos“ muss kein Verführer sein, dem man seine Lügen auf der Nasenspitze ansieht oder der anderen erfahrbar den Kopf verdreht. Der machthungrige Verwirrer, fiese Faktenverdreher und eiskalte Durcheinanderbringer erscheint nämlich häufig im Gewand des Gutgemeinten sowie mit gespaltener Zunge. Und streut als „besserer Mensch“ gerne mit treuherzigem Augenaufschlag anderen Sand in die Augen, damit sie allein nach seinen Maßstäben tanzen.

Steckt in dem Kopf des „Homo sapiens“, der seinen Kopf hoch hängen, aber auch senken und schütteln kann, sowohl ein „Angelos“ als auch ein „Diabolos“? Führt der moderne Mensch wie du und ich ein abenteuerliches Leben mit gleichzeitig schönen und hässlichen Bildern im Kopf? Mal lebt er aus Selbstsucht auf dem Schlachtfeld der Rücksichtslosen. Mal versinkt er immer tiefer in der Sumpflandschaft der Nimmersatten. Mal hört er im Kuschelzoo der Dünnhäutigen die Flöhe husten und das Gras wachsen.

In allen Lebenslagen mit ihren Brüchen und Neuanfängen, Abgründen und Hochzeiten scheint letztlich der Zufall zu herrschen, gibt es Überraschendes, Unvorhersehbares, Unberechenbares, Unsteuerbares. Aber wenn das Glück des Zufalls selbst im Unglück ein Mittel Gottes wäre, damit sein Geschöpf sich weiterentwickelt? Und zwar wie ihn sein Schöpfer eigentlich gedacht hat: Mit einer unverlierbaren Würde ausgestattet, mit Vernunft begabt, verantwortlich vor dem Gott, den Jesus als Liebe gedeutet und mit „Abba, lieber Vater“ angeredet hat. Weil er Gott zutraute, Götzen- und Wirrköpfe zurechtzurücken sowie den Geist kluger Köpfe mit empathischen Herzen ständig zu erneuern.

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe in der Kolumne „Moment mal“ am 25. Februar 2023 und im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel in der Kolumne „Auf ein Wort“ am 26.Februar 2023