Moment mal

Anfang der Frucht

Von Burkhard Budde

Buß-und Bettag: Ende der Flucht, Anfang der Frucht

Mehr wissen – besser verstehen 

Ende der Flucht, Anfang der Frucht 

Buß- und Bettag, der Mittwoch vor Totensonntag 

Wer in eine Sackgasse geraten ist, sollte klugerweise umkehren – wenn er denn vorankommen und seine Ziele erreichen will.

Daran erinnert auch der Buß-und Bettag. 

Seit Beginn der Kirche gibt es diesen Tag. Die ersten Christen bereiteten sich jeden Mittwoch, dem „Tag des Judasverrates“, und jeden Freitag, dem „Tag des Kreuzestodes“,  auf den Sonntag, dem „Tag der Auferstehung Jesu“ vor – und zwar durch Fasten, Gebet und Almosen. 

Im Laufe der Geschichte wurde der Tag für die Kirche immer mehr zu einem Tag der kirchlichen Fürbitte (das Versagen der Gemeinschaft wurde vor Gott gebracht), der öffentlichen Verantwortung (das gesellschaftliche und staatliche Leben wurde im Lichte des Evangeliums kritisiert) und der individuellen Gewissensprüfung (der einzelne Gläubige konnte sein Gewissen vor Gott prüfen und es entlasten). 

Martin Luther (1483 bis 1546) kritisierte und bekämpfte feste Bußtage wegen der „käuflichen Buße“ angesichts des Ablasshandels (aus Angst vor dem Fegefeuer wurden Ablassbriefe gekauft – etwa zu einem Preis eines Monatseinkommens -, um seine Sünden – ohne wirkliche Buße (?!) – vor allem seine Angst loszuwerden. Luther forderte keine sittliche Leistung, sondern eine neue „biblische Buße“, die Umkehr und Erneuerung des Herzens und des Kopfes, eine „immerwährende Buße“.   

1532 wurde erstmalig in Straßburg auf Anordnung des Kaisers ein staatlicher Bußtag angesichts der Bedrohung durch die Osmanenkriege begangen.

1852 wurde der Tag einheitlich für alle Landeskirchen auf den Mittwoch vor Ewigkeitssonntag festgelegt, dem letzten Sonntag im Kirchenjahr, auf Empfehlung der Eisenacher Konferenz ev. Kirchenleitungen. 

1939 wurde der Bußtag von Adolf Hitler durch Verlegung auf einen Sonntag faktisch abgeschafft; nach 1945 in den meisten Bundesländern als staatlicher Feiertag zum gewohnten Termin wieder eingeführt, seit 1981 bundeseinheitlich.

1995 wurde der Tag auf Beschluss des Bundestages „für die Finanzierung der Pflegeversicherung“ gestrichen; nur in Sachsen blieb er gesetzlicher Feiertag. 

Wer vor Gott nicht flüchtet, sondern im Gott- und Christusvertrauen vor Gott seine persönliche Verantwortung im Leben wahrnimmt, braucht auch die argumentative Auseinandersetzung mit Menschen nicht zu scheuen, sondern kann mit gutem Beispiel vorangehen – und einen neuen Weg aus einer Sackgasse suchen und finden, nämlich die Frucht des Glaubens und der Liebe, in Würde und mit Vernunft. 

Burkhard Budde