Auf ein Wort
Suche gute Tugend: Dankbarkeit
Von Burkhard Budde

Auf ein Wort
Suche gute Tugend: Dankbarkeit
Ist die alte Tugend Dankbarkeit heute noch alltagstauglich und lebensdienlich?
Oder sind schlechte Laune und Gedankenlosigkeit salonfähig geworden; dominiert eine ständige Unzufriedenheit und Gedankenfaulheit am vollgedeckten Tisch?
Dankbarkeit erscheint manchmal einen tiefen Schlaf zu halten. Ihre Bedeutung, zum Beispiel eine Beziehung zu pflegen oder zu erneuern, eine gute Tat anzuerkennen und zu weiteren guten Taten zu ermutigen, wird verkannt oder verschlafen.
Manche jedoch sind hellwach und denken: Weshalb sollte ich mich für mein gutes Recht und für meine berechtigten Ansprüche bedanken?! Und vergessen dabei, dass Selbstverständlichkeiten wie Hilfsbereitschaft nicht automatisch selbstverständlich bleiben, sondern auf Dauer besonders in schwierigen Zeiten ein emotionales Fundament brauchen.
Natürlich kann ein „dankbares Verhalten“ missverstanden werden, wenn der Dankbare sich verpflichtet und abhängig fühlt. Oder missbraucht werden, wenn der Dankbare mit einer dankbaren Floskel nicht ehrlich, sondern berechnend und kalkulierend ist oder eine wechselseitige Abhängigkeit anstrebt.
Aber viele – zum Beispiel engagierte Ehrenamtliche, aber auch verdienstvolle Profis – erwarten zu Recht „wenigstens ein Dankeschön“, wenn sie ihre Tätigkeiten beenden. Und fühlen sich verletzt, wenn der „offizielle Dank“ ausbleibt oder vergessen wird.
Undankbarkeit kann ein Programm sein, aber sie ist nicht der Welt Lohn für ein souveränes Leben. Vielmehr ist die Dankbarkeit ein lohnendes Echo des Herzens, da eine innere Freiheit erlebbar wird:
Trotz berechtigter und mitgeteilter (!) Unzufriedenheit mit der Leistung einer Gaststätte wird ein Trinkgeld zu einer freiwilligen und reinen Gabe, überwindet dadurch eine verlogene „Dankesschuld“, eine übliche „Zwangsabgabe“, macht den Weg frei für bessere Leistungen der Gaststätte in der Zukunft und teilt etwas Wichtiges über den Geber der Gabe selbst mit, seine menschliche Großzügigkeit, die Erneuertes ermöglicht.
Ehrliche Dankbarkeit ist kein Luxusgut, das in ein Schaufenster gestellt wird oder ein Zauberwort, um ein weiteres Stück Schokolade zu erhalten.
Dankbarkeit ist vielmehr ein Schlüssel zu einer inneren Haltung, die Zufriedenheit ermöglicht, vor allem in Frieden mit sich selbst sowie mit seinem Nächsten zu leben.
Der Dankbare kann leichter abgeben, sogar vergeben, loslassen, um Neues zu empfangen, anerkennen, auch wenn er selbst verkannt wird, anderen auf die Beine helfen, wenn sie gestürzt sind, damit sie wieder selbstständig laufen lernen.
Dankbare können auch weit und tief genug denken: Wer hat sich schon selbst gezeugt, geschaffen und geboren? Wer lebt ewig? Wer kann Liebe, Vertrauen und Gesundheit einfordern, einklagen, herstellen oder erwerben? Wer hat seine einmalige Lebenszeit in alleiniger Hand? Und ist Gott als der Geber aller guten Gaben nicht auch in seinen Gaben gegenwärtig, die – bedacht und durchdacht – dankbar angenommen werden können, damit sie Frucht bringen – in Verantwortung vor Gott sowie in der Freiheit zur Liebe? Und eben zur Dankbarkeit?!
Burkhard Budde