Auf ein Wort
Könige und Weise
Von Burkhard Budde
Auf ein Wort
Weise und Könige
Kennen wir Königswege?
Drei Weisen aus dem Morgenland, so berichtet der Evangelist Matthäus, entdeckten einen besonderen Stern, der auf einen Königsweg hinzuweisen schien. Sie machten sich auf einen langen Weg und kamen nach Jerusalem. Im Palast jedoch fanden die Gelehrten aus der nichtjüdischen Welt keinen König der Juden, den sie suchten. Denn der Stern wanderte weiter bis nach Bethlehem, wo es kein Schloss, wohl aber einen Stall mit einer Krippe gab, in der ein Kind lag. Die Weisen waren überwältigt, als sie in diesem Kind den gesuchten König wahrnahmen, warfen sich vor dem Kind nieder und brachten ihm als Zeichen ihres Glaubens kostbare Geschenke – Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Die Weisen waren weiser geworden. Der Weg zum König, durch den Gott zu Menschen spricht, kann zwar anstrengend sein, eine Reise voller Hindernisse erforderlich machen, aber am Ende winken neue Einsichten und frohmachende Gewissheiten: Der Schöpfer aller Menschen – nicht nur der Menschen aus der jüdischen Welt – wird zum Kind, um seine ewige Größe allen zu offenbaren. Der Anfang dieser Weisheit ist die Gottesfurcht, das Staunen über Neues im alten Leben.
Ein Kniefall vor diesem König aller Könige bedeutet nicht Selbstaufgabe vor menschlicher Macht, sondern die Aufgabe, den aufrechten Gang vor modernen Königen im demokratischen Gewand oder vor Demokraten im königlichen Gewand auf Augenhöhe zu wagen. Und weise Menschen erfahren, dass vor Gott alle Menschen gleich sind, Gott selbst Menschen aufrichtet, die in die Knie gegangen oder gezwungen worden sind, um in ihre Welt umzukehren und dort zuversichtlicher sowie verantwortungsvoller zu leben.
Heute sind um den 6. Januar herum, dem „Fest der Erscheinung des Herrn“ („Epiphanias“), drei Könige unterwegs. Sie erinnern an die drei Weisen, und schreiben mit Kreide das Dreikönigszeichen an die Türen: C+M+B – Abkürzung für die Namen der Könige Caspar, Melchior, Balthasar oder für „Christus mansionem benedicat“ („Christus segne die Wohnung“).
Warum Könige? Seit dem 6. Jahrhundert haben sich die Menschen die drei Weisen der biblischen Überlieferung als Könige vorgestellt und ihnen königliche Namen gegeben, die – so die Vorstellung im 14. Jahrhundert – die drei damals bekannten Kontinente Europa, Asien und Afrika symbolisierten, weshalb der Vertreter Afrika stets als dunkelhäutig dargestellt wurde.
Drei Könige – unabhängig von ihrem äußeren Erscheinungsbild – können wie die Weisen von damals etwas Bedeutsames entdecken und deutlich machen: Die Macht aller Mächtigen ist endlich und begrenzt und muss vor Gott verantwortet werden. Und die Liebe zu Kindern auf der ganzen Welt, Recht und Barmherzigkeit, Freiheit und Wertschätzung sollten zu ihren Tugenden gehören.
Keiner muss zum „Weisen“ oder zum „König“ werden. Aber jeder kann zum „vierten Weisen“ oder zum „vierten König“ werden, indem er mehr Freude in die Welt bringt statt Leid und Verletzung; mehr Vernunft statt Dummheit und Selbstgerechtigkeit; mehr Selbstbestimmung statt Neid und Hass. Und jeder kann die Botschaft weitertragen und leben, dass die Zukunft aller offen ist, weil Gott selbst als „weiser Fürst“ wirkmächtig ist und das letzte Wort hat. Weil es vor ihm und durch ihn den Königsweg des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe gibt, der zur Erneuerung des Lebens selbst auf krummen und steinigen Wegen beflügelt.
Burkhard Budde