Moment mal

Mit Gott rechnen

Von Burkhard Budde

Auf ein Wort

Mit Gott rechnen? (Drittes Gebot)

Zehn Lebensperspektiven begründen das Zusammenleben, stärken den Zusammenhalt und erneuern das Zusammenbleiben: Die Zehn Gebote gehören zur einheits- und sinnstiftenden Schatzkammer von Juden und Christen. Sie sind jedoch auch eine Einladung an Andersdenkende, in den Raum des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe einzutreten, um neue Entdeckungen sammeln zu können –  vielleicht auch ein glückseliges Leben in der letzten Geborgenheit bei Gott und in der Verantwortung vor Gott und dem Nächsten.

Die dritte Perspektive: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Gottes Namen in Ehren halten?

Weil Gott will, dass Menschen ihn als unsichtbaren Schöpfer ehren.

Dein Leben wird beseelt, gewinnt Sinn und Liebe, wenn Gottes schöpferischer Geist in dir lebt und durch Dich glaubwürdig zum Ausdruck kommt. In seinem Namen ist der Schöpfer gegenwärtig, wenn du ihn aufrichtig anrufst, seinen Namen nicht missachtest und verleugnest oder ihn nicht als Instrument von Gewalt oder Heuchelei missbrauchst. Wenn du seinen Namen ehrst, kannst du auf sein Wirken in guten Zeiten hoffen und in schlechten Zeiten dennoch vertrauen.

Aber wird ein Namen angesichts einer immer größer werdenden Flut von Zeichen nicht immer wichtiger? Ist ein Namen nicht mehr als ein schöner Mode- oder Markenartikel mit wohligem und weltläufigem Klang sowie mehr als eine abstrakte Aneinanderreihung von nackten Buchstaben? Ist ein Namen nicht ein Erkennungs- und Unterscheidungszeichen („Du bist gemeint und kein anderer!“), vielleicht auch ein Zugehörigkeits- und Gemeinschaftszeichen („Du gehörst genau zu dieser Gruppe!“), sicherlich ein Verantwortungs- und Rechenschaftszeichen („Du musst auf dein Verhalten persönlich Antwort geben!“)?

Der Name des unsichtbaren Gottes jedenfalls ist nach biblischer Überlieferung mehr als Schall und Rauch; er kann etwas über eine besondere Beziehung aussagen. Als Mose die Stimme Gottes im brennenden Busch, der nicht verbrannte, hörte und Gott nach seinem Namen fragte, hat Gott geantwortet: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Diese griechische Übersetzung des hebräischen Urtext „אהיה אשר אהיה“ („Ehje ascher ehje“) kann jedoch auch anders übersetzt werden: „Ich werde für euch da sein!“ Gott offenbart nicht durch einen konkreten Namen sein „absolutes Sosein“, wohl aber verspricht er aus freien Stücken im „geschichtlichen Dasein“ seine liebende Freundschaft – als unsichtbarer Befreier, solidarischer Begleiter und souveräner Beschützer. Der Schöpfer lässt sein Geschöpf mit individueller Originalität, sein Ebenbild mit unverlierbarer Würde, seinen Beauftragten, der Verantwortung vor ihm und dem Nächsten wahrnehmen soll, weder in guten noch in schlechten Tagen im Stich. Und geht mit demjenigen, der auf ihn hört, sich zu ihm bekennt und liebt, eine persönliche Beziehung ein.

Im vertrauensvollen und ehrlichen Anrufen seines Namens ist ein lebendiger Gott anwesend, der Menschen verändern kann – Fromme, die Gott achten, aber Menschen verachten; Halbgötter, die sich selbst und andere anbeten, aber nicht nach Gottes Willen fragen und nicht mit Gott selbst rechnen, dem jedoch alle eines Tages Rechenschaft ablegen müssen.

Burkhard Budde

Veröffentlicht in der Kolumne „Auf ein Wort“ des Wolfenbütteler Schaufensters

am 1.Oktober 2023

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