Moment mal

An Gott glauben?  (Zweites Gebot)

Von Burkhard Budde

 

Auf ein Wort

An Gott glauben? (Zweites Gebot) 

Zehn Lebensperspektiven begründen das Zusammenleben, stärken den Zusammenhalt und erneuern das Zusammenbleiben: Die Zehn Gebote gehören zur einheits- und sinnstiftenden Schatzkammer von Juden und Christen. Sie sind jedoch auch eine Einladung an Andersdenkende, in den Raum des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe einzutreten, um neue Entdeckungen sammeln zu können –  vielleicht auch ein glückseliges Leben in der letzten Geborgenheit bei Gott und in der Verantwortung vor Gott und dem Nächsten.

Die zweite Perspektive:

Du sollst außer mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Götzenbild anfertigen.

Nur an einen Gott glauben und dir nicht vorstellen, wie er aussieht?

Weil Gott will, dass Menschen ihm als ewige Quelle allen Lebens vertrauen.

Dein Leben wird beseelt, gewinnt Sinn und Liebe, wenn Gott mehr ist als deine Vorstellung von ihm. Gott sprengt alle Bilder, die du von ihm machst sowie alle Gedanken über ihn. Er will auch in deinem Leben der Freie und Souveräne bleiben, um dir selbst in tiefen Tälern oder festgefahrenen Sackgassen deines Lebens neue Perspektiven aufzuzeigen und neue Wege zu ebnen. 

Aber wer sind diese „anderen Götter“, die offensichtlich im Wettbewerb um mein Herz mit dem „einen Gott“ stehen? Sind es mächtige Strippenzieher, die unsichtbar sind, aber den Ton in meinem Leben angeben wollen? Einflussreiche Marionettenspieler, die mich wie eine Puppe je nach Situation gerne springen oder liegen lassen, ohne dass ich Widerstand leisten kann oder will? Große Zampanos, denen ich mich freiwillig ausliefere, indem sie mir das Gesetz des Handels aus der Hand nehmen, weil sie mir viel Geld und Erfolg, Ruhm und Glück versprechen? Menschliche Wölfe, die brutal übereinander herfallen, wenn es gilt, die Beute zu verteilen?

Oder sind es leidenschaftliche Götzen in mir, die aus Freude tiefe Trauer machen können, aus Wut brutale Gewalt, aus Ekel hartherzige Abneigung, aus Furcht kopflose Panik, aus Verachtung gleichgültigen Hochmut, aus Trauer schmerzhafte Bitterkeit, aus Überraschung gestresste Unsicherheit?

Und wer ist dieser „eine Gott“, der keine Konkurrenz duldet? Nach den Erfahrungsberichten der Bibel ist er allein heilig, nicht wie ein Götze endlich, vergänglich, zerbrechlich. Er handelt als Freier und befreit Unfreie – im Gegensatz zu „Götzen“, die den Menschen, der sie anbetet, versklaven, entmündigen und entmenschlichen. Dieser lebendige Gott, der den Menschen geschaffen und ihm unverlierbare Würde geschenkt hat, ist dem Menschen in allen Grauzonen des Lebens nah, in seinen Warum-Fragen, Sorgen und Nöten – um schwarze Löcher wie Verzweiflung und goldene Käfige wie Schwärmerei im Vertrauen auf Sinn im Unsinn, auf Macht in der Ohnmacht aushalten, vielleicht auch überwinden zu können. Dieser eine Gott ist wie ein guter Hirte, barmherzig und gerecht, aber auch verteidigungsbereit und solidarisch – oder im Fluss des Lebens wie eine ewige Quelle, die nicht immer sofort sichtbar, aber als Quelle neuen Lebens im Glauben, in Hoffnung und Liebe erfahrbar ist.

Burkhard Budde