Moment mal
Keinen Zwang
Von Burkhard Budde

Unnatürlich
Leserbrief in WELT zum Kommentar „Der Streit ums Gendern“
Es gibt eine schleichende Normierung, die ohne offenen und toleranten Dialog geschieht. Studenten erzählen mir, dass sie ihre Arbeiten an Universitäten in Gendersprache verfassen müssen, wenn sie keine Nachteile bekommen wollen. Nicht nur der Öffentlich Rechtliche Rundfunk sowie Unternehmen gendern und passen sich den Vorschriften einer selbsternannten Sprachpolizei unkritisch an, sondern auch Anzeigenkunden, staatliche und gesellschaftliche Stellen.
Eine lautstarke Minderheit meint, dass sie im Recht sowie Retter der Gleichberechtigung ist. Und eine Mehrheit schweigt immer häufiger, weil sie meint, in der Minderheit zu sein und weil ihr die Kraft zum Widerspruch fehlt.
Gender Aktivisten übersehen häufig die Schwächung der Sprachentwicklung und des Sozialen. Kinder, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, „Zweisprachler“, Ausländer, die Deutsch lernen (wollen), erleben zusätzliche sowie unnötige unnatürliche sprachliche Hürden. Wenn die Sprache ein wichtiger Schlüssel zur Integration ist, leistet das Gendern dort einen Bärendienst.
Ein möglicher Lösungsansatz bietet die Sprache der empathischen und toleranten Vernunft. Wer unbedingt gendern will, soll das tun, solange er damit keinen Zwang auf andere ausübt. Öffentliche Einrichtungen sollten nicht gendern. Sie sollten die gesellschaftliche Einheit der Sprache, die sich selbst weiterentwickelt und keine politischen Erzieher oder Gerichtsurteile braucht, achten und verteidigen.
Burkhard Budde
Leserbrief (WELT vom 5.8.2022) zum Kommentar „Der Streit ums Gendern gehört nicht vor Gericht“ von Constantin van Lijnden (WELT vom 1.8.2022)