Moment mal

Gebet

Von Burkhard Budde

Moment mal

Mit Gott reden  

Ein Mensch sucht nach Worten. Ein lieber Mitmensch ist schwer erkrankt. In der Sprachlosigkeit und Ohnmacht wollen verschiedene Weggefährten helfen: „Lass dein Herz sprechen“, wird zum Beispiel empfohlen, „Wortfetzen sind besser als noch so gut gemeinte Sprüche.“ Oder „Schweigend die Hände des Erkrankten zu halten, ist bereits eine große Hilfe“. Oder „Vertraute Worte wie das Vaterunser zu sprechen, kann seelischen Halt geben“. Für einen lieben Menschen von mir, der schwer erkrankt ist, aber auch für alle anderen, die nach Worten ringen, habe ich folgendes Gebet verfasst:

„Gott, meine Krankheit ist wie ein Erdbeben. Plötzlich – unerwartet und unvorbereitet – erschüttert es mich und meine ganze Existenz. Ströme der Angst und Trauer überfluten meine Seele. Wolken voller Bitternis und Zorn überziehen meinen Geist. Mein Körper rebelliert gegen die Druckwellen der zerstörerischen Kräfte. Alles in mir und um mich herum bebt und bewegt sich, ist verunsichert,

Menschen driften auseinander, Beziehungen verschieben sich, viele sind ratlos, hilflos und machtlos.

Gott, wo bist Du? Ich sehne mich nach Dir und Deiner Hilfe. Ich flehe Dich an. Ich rufe zu Dir. Ich suche Dich.

Bin ich nicht von Dir geschaffen worden? Hast Du mir nicht eine unverlierbare Würde geschenkt?

Schicktest Du mir nicht häufig Engel? Lass doch Deine Gemeinschaft mit mir nie enden.

Dir vertraue ich meine Zukunft an. Wenn es Dein Wille ist, dann schenk mir neues Leben. Wenn Du etwas anderes mit mir vorhast, dann lass mich Deinen Frieden verspüren.

Ich lasse Dich nicht los, auch wenn ich scheinbar ins Leere greife. Ich vertraue Dir, auch wenn ich Dich im Augenblick nicht verstehe. Ich hoffe auf Deine Weisheit, auch wenn ich zurzeit keinen Sinn entdecke. Meine Hände lege ich vertrauensvoll in Deine offene Hand.

Ich bitte Dich im Namen Jesu Christi, der Deine unendliche Liebe in der Not erfahren und neues Licht in die Finsternis gebracht hat, dass auch mein Herz erhellt und erwärmt wird“.

Und „ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir.“ (aus Psalm 23) 

Burkhard Budde

Veröffentlicht im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 16.Juli 2022 und im Wolfenbütteler Schaufenster in der Region Wolfenbüttel am 17.Juli 2022