Moment mal

Kein Spielzeug

Von Burkhard Budde

Menschen sind kein Spielzeug

F.A.Z. Leserbrief

Mit großem Gewinn habe ich den Bericht von Thomas Thiel „Das Schweigen über den Sexus“ (F.A.Z. vom 30. Juni) über die geplanten rechtlichen Möglichkeiten von „Geschlechtsangleichungen“ sowie das „Verhindern einer offenen Debatte“ durch das Familienministerium gelesen: Der Autor informiert sachlich und kritisch, differenziert und ausgewogen sowie mit ethischem Fingerspitzengefühl über die folgenreichen Inhalte der Transgender-Bewegung, die mit ihren Netzwerken und Seilschaften in Politik, Medien und Gesellschaft immer mehr Einfluss gewinnt.

Die Berichterstattung über dieses Thema in den Hauptnachrichtensendungen von ZDF und ARD am gleichen Tag, als der F.A.Z.-Artikel erschienen war, hat eine Sympathie für diese Minderheit deutlich gemacht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR), der das Thema allein durch die Aufnahme in die Nachrichtensendung an besonderer Stelle aufwertete, konnte seine stille Freude über die „Reform“ kaum unterdrücken, brachte relativ lange O-Töne von der Bundesfamilienministerin Lisa Paus und von Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann, als wenn „endlich“ Ritter der Menschlichkeit für mehr Gerechtigkeit und weniger Leid sorgten.

Verschwiegen wurden unabhängige und warnende Stimmen von Fachleuten und Praktikern, die man zum Glück in der F.A.Z. nachlesen kann – zum Beispiel dass unverantwortliche Experimente an Kindern ermöglicht werden, dass die Folgen von Pubertätsblockern nicht bekannt sind und dass die Geschlechtsumwandlung eine Sackgasse darstellen kann. Nur kurze kritische Anmerkungen von Sprechern der CDU-Opposition kamen zu Wort, als wenn ein Feigenblatt bei einer ansonsten wohlwollenden sowie einseitigen Berichterstattung noch gebraucht würde.

Sieht so der vom ÖRR versprochene unabhängige und kritische sowie kontrollierende Qualitätsjournalismus aus?

Spitzenpolitiker, die sich als Vertreter der politischen Mitte bezeichnen, sollten sich nicht hinter dem Motto „Es gibt wichtigere Themen“ verstecken, auch wenn sie grundsätzlich Recht haben. Aber eine populistische Gesinnungsethik sollte auch bei Minderheitenthemen nicht über eine weitsichtige Verantwortungsethik triumphieren.

Es geht um Menschen, die eine unantastbare Würde haben, die kein Spielzeug ohne ein psychisches und soziales Leben sind. Und es geht um die Entwicklung unserer offenen Gesellschaft, die keine militanten Spieler braucht, die ideologischen Druck ausüben, alle zwangsbeglücken wollen, den offenen Dialog verhindern und sich zugleich als Opfer und Retter der Menschheit aufspielen.

Burkhard Budde

Leserbrief in der F.A.Z. am 5. Juli 2022