Moment mal
Sylt aktuell
Von Burkhard Budde

Miteinander und Füreinander in einem Boot
Klassenkampf auf Sylt?
Aufruf zu „Chaostagen“
Ist Sylt wirklich nur eine Trauminsel für Reiche und Erfolgreiche, Schöne und Schönste? Kennt das beliebte Urlaubsparadies mit langen weißen Stränden und unberührter Dünenlandschaft nur eine Zielgruppe? Hat die Insel nur ein Gesicht? Und auf Dauer keine Zukunft für Personen mit kleinem Geldbeutel und einem „normalen Leben“?
Wer kann es sich als Normalverdienender leisten, dauerhaft auf der Insel zu wohnen? Wer findet noch eine Mietwohnung mit Erstwohnsitz? Werden Einheimische zu Fremden ihrer eigenen Insel? Und aufs Festland verdrängt, zu Pendlern? Stirbt außerhalb der Sommersaison langsam das Zivil-, Sozial- und Gemeindeleben?
Die Fragen, auch wenn sie manchem übertrieben erscheinen, werden ernstgenommen. In der letzten Zeit gibt es kommunale Bemühungen, z.B. Mietwohnraum für Einheimische zu bezahlbaren Bedingungen zu schaffen oder Dauerwohnungen im Hauptort Westerland zu schützen.
Kritiker meinen, dass ein integrierendes sowie ganzheitlich ausgerichtetes Instrument wie ein baulicher Rahmenplan fehle, um die Inselentwicklung mit Westerland und den übrigen Orten effektiv steuern zu können.
Es gibt wohl viele politische „Stellschrauben“, die helfen, der Insel eine attraktive Zukunft in Freiheit, Vielfalt und Würde zu geben.
Aber was bringt ein Aufruf zum „Klassenkampf“?
Die Tageszeitung „WELT“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 16. Mai 2022 von „Chaostagen Sylt 2022“, zu denen Aktivisten im Netz aufgerufen haben. Die Überschrift des Artikels lautet; „Mit dem 9-Euro- Ticket zum Klassenkampf auf Sylt“. Autor Steffen Fründt schreibt: „Nun wird das alte Narrativ vom anarchistischen Straßenkampf gegen das Establishment wieder hervorgeholt. Die meisten Aufrufe sind satirisch gemeint. Doch Kontext und Sprachbilder sind eindeutig.“ Und eine Chaostag-Organisatorin hat wohl bereits für den 18. Juni und 19. Juni nach Sylt eingeladen.
Was bewirken Spott und Verachtung auf die „Insel der Superreichen“?
Wie beim „Klassenkampf“ überhaupt:
Neidsucht
macht blind für die ganze Wirklichkeit, die in Wahrheit komplexer, differenzierter und wandelbarer ist,
stärkt Vorurteile und Gehässigkeiten, die Entfremdungen und Spannungen erzeugen,
bremst den offenen Dialog um gemeinsame Entwicklungen,
vergiftet das Miteinander und den Zusammenhalt
und beschädigt nicht nur den Beneideten, sondern auch den Neider, die Mit- und Nachwelt.
Besser, realistischer und lebensdienlicher erscheint es, die Insel vorbehaltlos zu besuchen, sie mit offenen Augen sowie in fairer Weise im Blick auf ihr Spektrum und Facettenreichtum kennen-, vielleicht auch schätzen- und lieben zu lernen.
Burkhard Budde









