Moment mal

Was dient nachhaltig?

Von Burkhard Budde

Familie bleibt beliebt

Was dient nachhaltig? 

Ich danke sehr für den Kommentar „Wider das Leben“ von Reinhard Müller (F.A.Z. vom 3. Januar), der zugleich und unausgesprochen eine rationale Ermutigung ist, eine profilierte Alternative zur Politik der Ampelkoalition zu entwickeln. Die CDU, die sich auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes immer auch als eine Partei der Familie verstanden hat, kann bei diesem Thema Vertrauen (zurück-) gewinnen.

Die Volkspartei der Mitte hat schmerzhaft erfahren, dass sie beim Wettlauf um die Gunst des sich ständig wandelnden Zeitgeistes nicht gewinnen kann: Anpassung um den Preis inhaltlicher Leere schreckt ab. Grundüberzeugungen wie das klassische Leitbild von Familie als Vater, Mutter, Kind auf dem Altar einer angeblich notwendigen Modernisierung zu opfern, ist bequem, aber nicht zielführend, nämlich Menschen inhaltlich zu überzeugen, sich gemeinsam für ein Leben in Selbstbestimmung, aber auch in Bindung an Werte und Normen, in Vielfalt, aber auch im Einheitsrahmen von Recht und Gesetz auf der Grundlage des Grundgesetzes einzusetzen.

Nicht die „veränderte Lebenswirklichkeit“ kann alleinige Triebfeder der Familienpolitik der CDU sein, sondern insbesondere die Fragen „Was dient nachhaltig dem Leben, vor allem dem Schutz des ungeborenen Lebens?“  „Wie kann der Staat, der an seinem Fortbestand ein ureigenstes Interesse hat, die Familie als Lebensgrundlage besonders für Kinder sowie als Motor der Entwicklung der Gesellschaft schützen und fördern?“  „Wie können Kindeswohl und Elternwohl sowie die unterschiedlichen  Verantwortungsebenen durch die Familien- und Sozialpolitik des Staates gestärkt werden?“

Die klassische Familie ist in der Tat keine Erfindung einer ideologischen Denkschule, sondern eine historisch gewachsene Institution.

Es gab zum Beispiel die Zeit der Großfamilie (das „Haus“ oder „Vaterhaus“ zur Zeit des Alten Testaments), eine patriarchalisch- strukturierte Wohn-, Wirtschafts-, Sozial- und Kampfgemeinschaft, die sich gleichzeitig als religiöse Kultgemeinschaft verstand. Und zur Zeit des Neuen Testaments erschien der „Wille Gottes“ für Jesus wichtiger zu sein als die Einhaltung der „heiligen Ordnung“ um jeden Preis (Mk 3,31-35) – auch ein „moderner Freiheitsimpuls“, wenn „Liebe“ weder durch Gesetz noch durch Moral noch durch eine Institution „eingefangen“ werden kann.

Erst seit dem 13. Jahrhundert entwickelten sich mit dem Entstehen der Städte und des Kaufmannsstandes neue Familienformen. Und in der Zeit der Aufklärung wurde der Mensch immer häufiger als „Individuum“ und nicht länger ausschließlich von seinem „Stand“ her betrachtet. Im Zuge der Industrialisierung trennten sich immer mehr Wohnort Arbeitsplatz, Familie und Beruf. 

Wer kann in die Zukunft sehen? Erlebt die Gesellschaft nicht schon jetzt angesichts der Pandemie neue Bedingungen, die sich auf die Familie auswirken, die aber auch die Bedeutung der klassischen Familie neu oder anders erlebbar machen?!

Die klassische Familie ist keine „Bedrohung“ oder ein Auslaufmodell, sondern Fels in der gegenwärtigen ideologischen Brandung, ein beliebtes und anerkanntes Zukunfts- und Leitmodell für die große Mehrheit der Gesellschaft.

Burkhard Budde

Leserbrief zum Kommentar „Wider das Leben“ von Reinhard Müller (F.A.Z. vom 3.1.2021); veröffentlicht in der F.A.Z. am 10.1.2022