Moment mal

Geliebte Dickschädel

Von Burkhard Budde

Viele geliebte Menschen haben Dickschädel

Geliebte Dickschädel

Jeder kennt sie. Doch kaum einer will etwas mit ihnen zu tun haben. Dickschädel leben häufig einsam und allein – gleichsam in einem Haus ohne Fenster und Türen, eingeschlossen in ihrer ideologischen Sturheit, religiösen Borniertheit oder gedanklichen Uneinsichtigkeit, gefangen in ihrem verzehrenden Neid oder in ihrer kleinkarierten Angst, zu kurz zu kommen oder das Gesicht zu verlieren.

Sie wissen alles besser. Und wollen doch nicht wahrhaben, dass sie verbohrt sind. Klar, wer von einem Zimmer mit stickiger Luft ins Nebenzimmer mit verstauben Möbeln geht, zeigt Beweglichkeit. Auch wer mit seinem Kopf durch die Wand will, zornig mit dem Fuß auf den Boden tritt oder sich ständig im Kreis dreht, bewegt sich – aber kommt er wirklich voran im Denken, Erkennen und Erleben?

Manche Dickschädel versuchen, durch die Hintertür ihre Interessen durchzusetzen: Geschickt manipulieren sie ihre Mitmenschen, indem sie zu ihnen „lieb und nett“ sind, weil sie sie „brauchen“. Oder sie (er-)ziehen ihre Fans, die gerne aus Denkfaulheit oder Bewunderung brave „Follower“ werden. Oder sie klagen ganz dreist ihre Mitmenschen wegen ihrer Kopf- und Herzlosigkeit an, obwohl sie selbst kopf- und herzlos sind.

Ist ihr Verhalten in Stein gemeißelt? Bringt es etwas, mit Engelstimmen an verschlossene Türen zu klopfen, um Einlass in ihre Gefühls- und Gedankenwelt zu erhalten? Oder kann die Hitze eines Gefechtes mit Klartext und harter Kante etwas bewirken, weil manche wohl im und am Konflikt „aufwärmen“ und dazulernen können?

Oder existiert so etwas wie ein Feuerofen der Liebe, indem alles Destruktive eingeschmolzen und neu geprägt wird – aus Selbstgerechtigkeit Selbstkritik wird, aus Boshaftigkeit Fairness, aus Angst Vertrauen, aus einem Minderwertigkeitsgefühl ein gesundes Selbstwertgefühl? Wie bei dem Mann, der unbeweglich war, aber durch liebende Annahme und Zuneigung seiner Frau beweglich im Denken und Verhalten wurde. Oder wie bei Personen, bei denen es während einer lebensnahen Predigt, der Lektüre einer brisanten biblischen Botschaft oder der Begegnung mit einem glaubwürdigen Christen „Klick“ gemacht hat, weil sie plötzlich die menschenfreundliche Stimme Gottes hörten: Du musst Dich nicht ändern, um geliebt zu werden. Du kannst dich vielmehr ändern, weil Du bedingungslos geliebt bist. Diese Menschen haben ihre Eigenverantwortung im Geist der Vernunft und Liebe entdeckt – den Schlüssel, mit dem neue Horizonte der Menschlichkeit und Gemeinschaft erschlossen werden können.

Burkhard Budde

Veröffentlicht auch im Westfalen-Blatt in Ostwestfalen und Lippe am 8.5.2021

in der Kolumne „Moment mal“